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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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Gingaben an den Panflavenreichstag zu Prag.



i.
Petition um Herstellung einer westslavischen Flotte.

Weshalb ist der czechische Löwe eingeschlafen? Warum kam die Nation Li-
bnssas unter das furchtbare Joch des Njemetz? Befragt die sibyllinischen Bücher
der Geschichte und sie werden euch antworten: Weil Böhmen keine Seeküste hat;
weil ihm durch die Hinterlist des Fremden der jedem freien Volke gebührende
Antheil an der heiligen Salzfluth geraubt ward. Böhmen war groß und mächtig
unter Ottokar, als seine Gauen sich bis an die Ostsee und das adriatische Meer
ausdehnten. Die Chronik schweigt von den czechischen Segeln, die in jener Zeit
den Stürmen trotzten, weil die besten czechischen Chroniken im Jahr 1K21 ver¬
brannt würden, die deutschen aber verbergen heimtückisch unseren Ruhm. Noch
glücklicher war Böhmen, als die Ufer der Elbe bis an die Nordsee von gebildeten
Slaven bewohnt waren. Seitdem hat die Unbill der Zeit und Menschen einen
Strom, der wie jedes Kind weiß, der czechischen Erde entspringt, hinterlistig
aus dem slavischen Gebiete wcggeschmuggelt und in ein deutsches Meer hineingc-
leitet. Wir liefern das Wasser und die Njemtzi lassen es für sich robothen, sie
treiben ihre Mühlen damit und die habsüchtigen Hamburger belasten es mit ihren
plumpen Handelsschiffen, ohne uns dasür Zoll oder Steuer zu zahlen. Und doch
ist die alte Hansa, ans welche diese groben Krämer so stolz sind, reinczechischen
Ursprungs, denn das Wort, richtig ausgesprochen, lautet Häuft, d. h. Honso,
d. h. böhmischer Hans, d. h. Johannes von Nepomuk, bekanntlich der Schuiz-
patrvu aller Handels- und Kriegsschtfffahrt, weshalb sein Bild anch verdientermaßen
über den kleinsten böhmischen Bächlein auf eigens dazu gebauten Brücken steht.

Mit derselben Anmaßung will man uns das ausschließliche Recht auf jenen
Strom entwenden, der, theils aus den slavischen Karpathen, theils ans den süd¬
wendischen Gebirgen entspringend, von Belgrad aus durch lauter slavisches Land
sich bis in das schwarze Meer wälzt, indem man behauptet, dieser Strom sei
die Donau aus Schwaben. Bekanntlich aber ist die Donan andern Ursprungs,
sie ist weiter Nichts als die Vereinigung der Theiß, Drave und save; das


49*
Gingaben an den Panflavenreichstag zu Prag.



i.
Petition um Herstellung einer westslavischen Flotte.

Weshalb ist der czechische Löwe eingeschlafen? Warum kam die Nation Li-
bnssas unter das furchtbare Joch des Njemetz? Befragt die sibyllinischen Bücher
der Geschichte und sie werden euch antworten: Weil Böhmen keine Seeküste hat;
weil ihm durch die Hinterlist des Fremden der jedem freien Volke gebührende
Antheil an der heiligen Salzfluth geraubt ward. Böhmen war groß und mächtig
unter Ottokar, als seine Gauen sich bis an die Ostsee und das adriatische Meer
ausdehnten. Die Chronik schweigt von den czechischen Segeln, die in jener Zeit
den Stürmen trotzten, weil die besten czechischen Chroniken im Jahr 1K21 ver¬
brannt würden, die deutschen aber verbergen heimtückisch unseren Ruhm. Noch
glücklicher war Böhmen, als die Ufer der Elbe bis an die Nordsee von gebildeten
Slaven bewohnt waren. Seitdem hat die Unbill der Zeit und Menschen einen
Strom, der wie jedes Kind weiß, der czechischen Erde entspringt, hinterlistig
aus dem slavischen Gebiete wcggeschmuggelt und in ein deutsches Meer hineingc-
leitet. Wir liefern das Wasser und die Njemtzi lassen es für sich robothen, sie
treiben ihre Mühlen damit und die habsüchtigen Hamburger belasten es mit ihren
plumpen Handelsschiffen, ohne uns dasür Zoll oder Steuer zu zahlen. Und doch
ist die alte Hansa, ans welche diese groben Krämer so stolz sind, reinczechischen
Ursprungs, denn das Wort, richtig ausgesprochen, lautet Häuft, d. h. Honso,
d. h. böhmischer Hans, d. h. Johannes von Nepomuk, bekanntlich der Schuiz-
patrvu aller Handels- und Kriegsschtfffahrt, weshalb sein Bild anch verdientermaßen
über den kleinsten böhmischen Bächlein auf eigens dazu gebauten Brücken steht.

Mit derselben Anmaßung will man uns das ausschließliche Recht auf jenen
Strom entwenden, der, theils aus den slavischen Karpathen, theils ans den süd¬
wendischen Gebirgen entspringend, von Belgrad aus durch lauter slavisches Land
sich bis in das schwarze Meer wälzt, indem man behauptet, dieser Strom sei
die Donau aus Schwaben. Bekanntlich aber ist die Donan andern Ursprungs,
sie ist weiter Nichts als die Vereinigung der Theiß, Drave und save; das


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[0389] Gingaben an den Panflavenreichstag zu Prag. i. Petition um Herstellung einer westslavischen Flotte. Weshalb ist der czechische Löwe eingeschlafen? Warum kam die Nation Li- bnssas unter das furchtbare Joch des Njemetz? Befragt die sibyllinischen Bücher der Geschichte und sie werden euch antworten: Weil Böhmen keine Seeküste hat; weil ihm durch die Hinterlist des Fremden der jedem freien Volke gebührende Antheil an der heiligen Salzfluth geraubt ward. Böhmen war groß und mächtig unter Ottokar, als seine Gauen sich bis an die Ostsee und das adriatische Meer ausdehnten. Die Chronik schweigt von den czechischen Segeln, die in jener Zeit den Stürmen trotzten, weil die besten czechischen Chroniken im Jahr 1K21 ver¬ brannt würden, die deutschen aber verbergen heimtückisch unseren Ruhm. Noch glücklicher war Böhmen, als die Ufer der Elbe bis an die Nordsee von gebildeten Slaven bewohnt waren. Seitdem hat die Unbill der Zeit und Menschen einen Strom, der wie jedes Kind weiß, der czechischen Erde entspringt, hinterlistig aus dem slavischen Gebiete wcggeschmuggelt und in ein deutsches Meer hineingc- leitet. Wir liefern das Wasser und die Njemtzi lassen es für sich robothen, sie treiben ihre Mühlen damit und die habsüchtigen Hamburger belasten es mit ihren plumpen Handelsschiffen, ohne uns dasür Zoll oder Steuer zu zahlen. Und doch ist die alte Hansa, ans welche diese groben Krämer so stolz sind, reinczechischen Ursprungs, denn das Wort, richtig ausgesprochen, lautet Häuft, d. h. Honso, d. h. böhmischer Hans, d. h. Johannes von Nepomuk, bekanntlich der Schuiz- patrvu aller Handels- und Kriegsschtfffahrt, weshalb sein Bild anch verdientermaßen über den kleinsten böhmischen Bächlein auf eigens dazu gebauten Brücken steht. Mit derselben Anmaßung will man uns das ausschließliche Recht auf jenen Strom entwenden, der, theils aus den slavischen Karpathen, theils ans den süd¬ wendischen Gebirgen entspringend, von Belgrad aus durch lauter slavisches Land sich bis in das schwarze Meer wälzt, indem man behauptet, dieser Strom sei die Donau aus Schwaben. Bekanntlich aber ist die Donan andern Ursprungs, sie ist weiter Nichts als die Vereinigung der Theiß, Drave und save; das 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/389>, abgerufen am 06.05.2024.