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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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mein von Jagdhunden. Wie jener Grieche, der nnter schlechten Leuten lebte, gut
wurde, weil er immer das Gegentheil von dem that, was er sah, so wurde Sue
reich und berühmt dadurch, daß er immer das Gegentheil von dem schilderte,
was er sah und lebte. In den ausgesuchtesten Genüssen schwelgend, beschreibt
er das Elend verhungernder Proletarier; bei den ausschweifendsten aristokratischen
Gewohnheiten macht er sich zum Kämpen des Socialismus.

In Paris besuchte er, so lauge man ihn dort duldete, fast ausschließlich das
^anboui-g- 8t. elln'man; aber seiue. eleganten ttebcrschwenglichkeiten wurden selbst
den Aristokraten der alten Schule zu überschwenglich, und uach und uach drehte
man ihm überall den Rücken zu. Ein paarmal war Eugen Sue dem Ruin
nahe, trotz der ungeheuern Honorare, welche er immer für seine leicht fabricirten
Bücher bezog. In den letztem Jahren hat die Familie Caillard (bekannt durch
die gleichbcuannten Pvsthaltereien) die Leitung und nutzbringende Verwendung ver
Capitale übernommen, welche den socialistischen Feuilletons entfließen, und seitdem
ist der Svixnour äos voräv" -- Kio'iuis "ans l.tuon" rmixes ---- wie ihn die
Pariser nennen, wieder zu einem ansehnlichen Besitzthum gekommen. . .

Dies als ein kleiner Beitrag zur Kenntniß des Privatlebens des fruchtbaren
Romanschriftstellers, dessen unheilvolle literarische Bedeutung die Grenzboten in
frühern Nummern bereits hinlänglich gewürdigt haben, um mich jedes weitern
Eingehens darauf zu überheben.




Juden und Zigeuner.



So schön die Ostküsten Jütlands sind, wo das Meer in unzähligen Buchten
seine klaren Gewässer zwischen üppig grünende Wiesen, fruchtbare Kornfelder'
und mannigfaltig geformte Hügel und Thäler, die oft mit den prächtigsten Buchen-^
Wäldern bedeckt sind, eindringen läßt, so düster und einförmig ist die Mitte des
Landes. Lauge Strecken, mit dunkeln Haidekraut bewachsen, ermüden das Auge,
das sich vergeblich uach einem Baum oder hohem Gebüsch, an dem es einen
Nuhepttutt finden könnte, sehnt. Wo die Haide aushört, find oft große, sich
Meilen weit erstreckende Moore, deren dürftige Vegetation die Monotonie der Ge¬
gend nicht mildert. Menschliche Wohnungen sieht man selten, oft fährt man
mehrere Stunden, bis spärlich bebaute Felder, denen dann bald ein schlechtes
Dorf folgt, die Anwesenheit thätiger Wesen verkünden. Und wie elend, schmutzig
und vou Innen und Außen verwahrlost, sieht dann gewöhnlich ein solches jüt-
läudisches Haidedorf aus! So sehr mau sich auf dem einsamen Wege gesehnt
hatte, wieder eine menschliche Wohnung zu erblicken, so sehr trachtet man wieder,
ein solches Dorf zu verlassen. Die kleinen, niederen Hänser desselben liegen,


mein von Jagdhunden. Wie jener Grieche, der nnter schlechten Leuten lebte, gut
wurde, weil er immer das Gegentheil von dem that, was er sah, so wurde Sue
reich und berühmt dadurch, daß er immer das Gegentheil von dem schilderte,
was er sah und lebte. In den ausgesuchtesten Genüssen schwelgend, beschreibt
er das Elend verhungernder Proletarier; bei den ausschweifendsten aristokratischen
Gewohnheiten macht er sich zum Kämpen des Socialismus.

In Paris besuchte er, so lauge man ihn dort duldete, fast ausschließlich das
^anboui-g- 8t. elln'man; aber seiue. eleganten ttebcrschwenglichkeiten wurden selbst
den Aristokraten der alten Schule zu überschwenglich, und uach und uach drehte
man ihm überall den Rücken zu. Ein paarmal war Eugen Sue dem Ruin
nahe, trotz der ungeheuern Honorare, welche er immer für seine leicht fabricirten
Bücher bezog. In den letztem Jahren hat die Familie Caillard (bekannt durch
die gleichbcuannten Pvsthaltereien) die Leitung und nutzbringende Verwendung ver
Capitale übernommen, welche den socialistischen Feuilletons entfließen, und seitdem
ist der Svixnour äos voräv« — Kio'iuis «ans l.tuon» rmixes -—- wie ihn die
Pariser nennen, wieder zu einem ansehnlichen Besitzthum gekommen. . .

Dies als ein kleiner Beitrag zur Kenntniß des Privatlebens des fruchtbaren
Romanschriftstellers, dessen unheilvolle literarische Bedeutung die Grenzboten in
frühern Nummern bereits hinlänglich gewürdigt haben, um mich jedes weitern
Eingehens darauf zu überheben.




Juden und Zigeuner.



So schön die Ostküsten Jütlands sind, wo das Meer in unzähligen Buchten
seine klaren Gewässer zwischen üppig grünende Wiesen, fruchtbare Kornfelder'
und mannigfaltig geformte Hügel und Thäler, die oft mit den prächtigsten Buchen-^
Wäldern bedeckt sind, eindringen läßt, so düster und einförmig ist die Mitte des
Landes. Lauge Strecken, mit dunkeln Haidekraut bewachsen, ermüden das Auge,
das sich vergeblich uach einem Baum oder hohem Gebüsch, an dem es einen
Nuhepttutt finden könnte, sehnt. Wo die Haide aushört, find oft große, sich
Meilen weit erstreckende Moore, deren dürftige Vegetation die Monotonie der Ge¬
gend nicht mildert. Menschliche Wohnungen sieht man selten, oft fährt man
mehrere Stunden, bis spärlich bebaute Felder, denen dann bald ein schlechtes
Dorf folgt, die Anwesenheit thätiger Wesen verkünden. Und wie elend, schmutzig
und vou Innen und Außen verwahrlost, sieht dann gewöhnlich ein solches jüt-
läudisches Haidedorf aus! So sehr mau sich auf dem einsamen Wege gesehnt
hatte, wieder eine menschliche Wohnung zu erblicken, so sehr trachtet man wieder,
ein solches Dorf zu verlassen. Die kleinen, niederen Hänser desselben liegen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/260>, abgerufen am 06.05.2024.