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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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ringer zu sein, als die im Robert und den Hugenotten, während die von allen
Musikverständigen anerkannten Fehler der Meyerbeer scheu Musik -- das Neben¬
einanderstellen gemeiner Motive neben wahrhaft ergreifenden, die Coquetterie in
deu Ueberraschttugcu n. s. w. -- sich wiederfinde". Ich meine nicht bloß den
Mangel an Melodieen, der im Vergleich mit jenen beiden Opern jedem Ohr
auffällt, sondern auch die harmonischen Gänge. -- Dennoch bleibt der Prophet
ein bedeutendes Werk, und wenn das Publikum nicht so närrisch wäre, auf den
Schlittschuh lauf, deu es doch auf dem wirklichen Eise viel bequemer haben kann,
und ähnliche Schnurrpfeifereien das Hauptgewicht zu legen, so sollte einmal eine
verständige, und in der Achtung des Publikums feststehende Direction versuchen,
durch Ausmerzung dieses überflüssige" Prunks, der die Kosten der Aufführung
in's Unendliche steigert, die Länge des Stücks, namentlich wegen der unvermeid¬
lichen Vorbereitungen in den Zwischenacten unerträglich macht, einen reinen dra¬
matischen Eindruck herzustellen, der sicher nicht geringer sein würde, als der
gemischte, den wir jetzt ans der Vorstellung davontragen.




Die verflossene Concert-Saison
in Leipzig.

In den letzten Tagen sind wir aus dem Füllhorn der tönenden Muse^ auf eine Weise
überschüttet worden, daß eine Erholung Noth that. Die heilige Woche, in wel¬
cher weder Concert noch Theater ist, mit Ausnahme des Mendelsohn'schen Paulus,
der wie ein versprengter Nachzügler deu weiten Zug unserer musikalischen Genüsse
schließt, kommt selbst den eifrigsten Musikliebhabern sehr gelegen. 21 große Or¬
chester-Concerte im Gewandhans, 6 Soireen für Kammermusik, 1 Benefiz für Frim.
Nissen, 1 für Clara Schumann; 9 Orchester-Concerte des Musilvereius Euterpe.

-- Das ist gerade so viel, als ein leidlich standhafter Hörer vertragen kann.
Es haben uus diese Concerte viel des Schollen und Reuen geboten.

Es wurden folgende Symphonien aufgeführt. Von Beethoven im Ge¬
wandhaus die Eroica, Pastorale, Laur, I''cor, ^ein>, 0moll; in der Euterpe
die Eroica und Cmoll. Von Mozart im Gcwandhans die Kscwr, in der Eu¬
terpe die große Oclur mit der Fuge. Von Haydn im G. die L^mpltoniö will-
teure, in der E. die eine in väur. -- Wenn man das mit den Concerten der
königlichen Capelle in Berlin vergleicht, so waren diese drei großen Meister ver¬
hältnißmäßig allerdings wenig vertreten. Außerdem von Franz Schubert im
G. die Cam'> in der E. eine ungedruckte in emoll, die wohl zu Schubert's
schwächer" Werken gehört; von Robert Schumann im G. die o6in und IZclur,


Gmizboten II..1850. 4

ringer zu sein, als die im Robert und den Hugenotten, während die von allen
Musikverständigen anerkannten Fehler der Meyerbeer scheu Musik — das Neben¬
einanderstellen gemeiner Motive neben wahrhaft ergreifenden, die Coquetterie in
deu Ueberraschttugcu n. s. w. — sich wiederfinde». Ich meine nicht bloß den
Mangel an Melodieen, der im Vergleich mit jenen beiden Opern jedem Ohr
auffällt, sondern auch die harmonischen Gänge. — Dennoch bleibt der Prophet
ein bedeutendes Werk, und wenn das Publikum nicht so närrisch wäre, auf den
Schlittschuh lauf, deu es doch auf dem wirklichen Eise viel bequemer haben kann,
und ähnliche Schnurrpfeifereien das Hauptgewicht zu legen, so sollte einmal eine
verständige, und in der Achtung des Publikums feststehende Direction versuchen,
durch Ausmerzung dieses überflüssige» Prunks, der die Kosten der Aufführung
in's Unendliche steigert, die Länge des Stücks, namentlich wegen der unvermeid¬
lichen Vorbereitungen in den Zwischenacten unerträglich macht, einen reinen dra¬
matischen Eindruck herzustellen, der sicher nicht geringer sein würde, als der
gemischte, den wir jetzt ans der Vorstellung davontragen.




Die verflossene Concert-Saison
in Leipzig.

In den letzten Tagen sind wir aus dem Füllhorn der tönenden Muse^ auf eine Weise
überschüttet worden, daß eine Erholung Noth that. Die heilige Woche, in wel¬
cher weder Concert noch Theater ist, mit Ausnahme des Mendelsohn'schen Paulus,
der wie ein versprengter Nachzügler deu weiten Zug unserer musikalischen Genüsse
schließt, kommt selbst den eifrigsten Musikliebhabern sehr gelegen. 21 große Or¬
chester-Concerte im Gewandhans, 6 Soireen für Kammermusik, 1 Benefiz für Frim.
Nissen, 1 für Clara Schumann; 9 Orchester-Concerte des Musilvereius Euterpe.

— Das ist gerade so viel, als ein leidlich standhafter Hörer vertragen kann.
Es haben uus diese Concerte viel des Schollen und Reuen geboten.

Es wurden folgende Symphonien aufgeführt. Von Beethoven im Ge¬
wandhaus die Eroica, Pastorale, Laur, I''cor, ^ein>, 0moll; in der Euterpe
die Eroica und Cmoll. Von Mozart im Gcwandhans die Kscwr, in der Eu¬
terpe die große Oclur mit der Fuge. Von Haydn im G. die L^mpltoniö will-
teure, in der E. die eine in väur. — Wenn man das mit den Concerten der
königlichen Capelle in Berlin vergleicht, so waren diese drei großen Meister ver¬
hältnißmäßig allerdings wenig vertreten. Außerdem von Franz Schubert im
G. die Cam'> in der E. eine ungedruckte in emoll, die wohl zu Schubert's
schwächer» Werken gehört; von Robert Schumann im G. die o6in und IZclur,


Gmizboten II..1850. 4
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[0033] ringer zu sein, als die im Robert und den Hugenotten, während die von allen Musikverständigen anerkannten Fehler der Meyerbeer scheu Musik — das Neben¬ einanderstellen gemeiner Motive neben wahrhaft ergreifenden, die Coquetterie in deu Ueberraschttugcu n. s. w. — sich wiederfinde». Ich meine nicht bloß den Mangel an Melodieen, der im Vergleich mit jenen beiden Opern jedem Ohr auffällt, sondern auch die harmonischen Gänge. — Dennoch bleibt der Prophet ein bedeutendes Werk, und wenn das Publikum nicht so närrisch wäre, auf den Schlittschuh lauf, deu es doch auf dem wirklichen Eise viel bequemer haben kann, und ähnliche Schnurrpfeifereien das Hauptgewicht zu legen, so sollte einmal eine verständige, und in der Achtung des Publikums feststehende Direction versuchen, durch Ausmerzung dieses überflüssige» Prunks, der die Kosten der Aufführung in's Unendliche steigert, die Länge des Stücks, namentlich wegen der unvermeid¬ lichen Vorbereitungen in den Zwischenacten unerträglich macht, einen reinen dra¬ matischen Eindruck herzustellen, der sicher nicht geringer sein würde, als der gemischte, den wir jetzt ans der Vorstellung davontragen. Die verflossene Concert-Saison in Leipzig. In den letzten Tagen sind wir aus dem Füllhorn der tönenden Muse^ auf eine Weise überschüttet worden, daß eine Erholung Noth that. Die heilige Woche, in wel¬ cher weder Concert noch Theater ist, mit Ausnahme des Mendelsohn'schen Paulus, der wie ein versprengter Nachzügler deu weiten Zug unserer musikalischen Genüsse schließt, kommt selbst den eifrigsten Musikliebhabern sehr gelegen. 21 große Or¬ chester-Concerte im Gewandhans, 6 Soireen für Kammermusik, 1 Benefiz für Frim. Nissen, 1 für Clara Schumann; 9 Orchester-Concerte des Musilvereius Euterpe. — Das ist gerade so viel, als ein leidlich standhafter Hörer vertragen kann. Es haben uus diese Concerte viel des Schollen und Reuen geboten. Es wurden folgende Symphonien aufgeführt. Von Beethoven im Ge¬ wandhaus die Eroica, Pastorale, Laur, I''cor, ^ein>, 0moll; in der Euterpe die Eroica und Cmoll. Von Mozart im Gcwandhans die Kscwr, in der Eu¬ terpe die große Oclur mit der Fuge. Von Haydn im G. die L^mpltoniö will- teure, in der E. die eine in väur. — Wenn man das mit den Concerten der königlichen Capelle in Berlin vergleicht, so waren diese drei großen Meister ver¬ hältnißmäßig allerdings wenig vertreten. Außerdem von Franz Schubert im G. die Cam'> in der E. eine ungedruckte in emoll, die wohl zu Schubert's schwächer» Werken gehört; von Robert Schumann im G. die o6in und IZclur, Gmizboten II..1850. 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/33>, abgerufen am 06.05.2024.