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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Oestreichs Devise: ^. "Z. I. "Z. Ti.

^ustriae I^si. Imperars 0rd1 Universo (Es ist Oestreichs Beruf, über den
Erdkreis zu herrschen) ist eine alte Deutung der vorstehenden östreichischen Wap¬
pendevise. Eine andere Deutung besagt: Aller Ehren Ist Oestreich Voll, und
der Satz hat Wahrheit in sich. Oestreich trägt drei Königskronen neben der eignen
Kaiserkrone, und so jung anch dieses Kaiserthum ist, so hat -es doch von dein
alten, damals verblichenen, römischen Kaiserthum einige Erbschaft gemacht, das
Kleinod der Kaiserkrone selbst, die Schutzherrlichkeit über deu päpstlichen Stuhl
(aävoeaüo seäis Komanae) und den diplomatischen Rang. An diesen Ehren hat
aber Oestreich nicht genng; es will andere haben, um die es jetzt streitet. Es
prätendirt die Ehre, die Neconstitnirnng des deutschen Bundes zu leiten; ferner
die Ehre, in der Bundesversammlung das Präsidium zu führen; außerdem die
Ehre, Deutschland überhaupt zu commandiren, und als deutscher Kaiser anerkannt
zu werden, um diese Würde jeuer Kaiserwahl der Frankfurter Nationalversammlung
entgegenzusetzen.

Es hat keinerlei rechtlichen Grund zu allen diesen Forderungen, und es ver¬
sucht vergebeus, seiue Prätensionen selbst auf die Bestimmungen des deutschen
Bundes zu stützen.

Was deu ersten Anspruch betrifft, die Neconstituirung des deutschen Bundes
einzuleiten nud zu Staude zu bringen, so würde an sich jede andere Macht in
Deutschland qualificirt sein, dazu die ersten Präpositionen zu machen, also z. B.
Preußen und Baiern ebenso gut als Oestreich. Das letztere aber ist dazu nicht
befähigt, weil es durch seiue centralisirende Konstitution vom März 1849 aus dem.
Bunde ausgeschieden ist. In der Bundesacte ist enthalten:

Art. 1. Die Fürsten und Städte Deutschlands vereinigen sich zu
einem Bunde, welche der deutsche Bund heißen soll, mit Einschluß des
Kaisers von Oestreich und der Könige von Preußen, von Dänemark und der
Niederlande, von welchen Oestreich und Preußen für ihre gesammten vor¬
mals zum deutschen Reiche gehörigen Besitzungen, Dänemark für Hol¬
stein, Niederlande für Luxemburg eintreten.
Art. 2. Der Zweck ist Erhaltung der äußern und innern Sicherheit
Deutschlands und der Unverletzbarkeit der deutschen Staaten.

In diesen mehrfachen Erklärungen ist deutlich ausgesprochen und im Einzelnen
durchgeführt, daß der deutsche Bund geographisch ans die Grenzen des ehemaligen
deutschen Reichs beschränkt ist. Wenn also Oestreich die nicht deutschen Länder,
Ungarn, Siebenbürgen, Galizien, Italien mit den deutschen Erbländer in ein


Oestreichs Devise: ^. «Z. I. «Z. Ti.

^ustriae I^si. Imperars 0rd1 Universo (Es ist Oestreichs Beruf, über den
Erdkreis zu herrschen) ist eine alte Deutung der vorstehenden östreichischen Wap¬
pendevise. Eine andere Deutung besagt: Aller Ehren Ist Oestreich Voll, und
der Satz hat Wahrheit in sich. Oestreich trägt drei Königskronen neben der eignen
Kaiserkrone, und so jung anch dieses Kaiserthum ist, so hat -es doch von dein
alten, damals verblichenen, römischen Kaiserthum einige Erbschaft gemacht, das
Kleinod der Kaiserkrone selbst, die Schutzherrlichkeit über deu päpstlichen Stuhl
(aävoeaüo seäis Komanae) und den diplomatischen Rang. An diesen Ehren hat
aber Oestreich nicht genng; es will andere haben, um die es jetzt streitet. Es
prätendirt die Ehre, die Neconstitnirnng des deutschen Bundes zu leiten; ferner
die Ehre, in der Bundesversammlung das Präsidium zu führen; außerdem die
Ehre, Deutschland überhaupt zu commandiren, und als deutscher Kaiser anerkannt
zu werden, um diese Würde jeuer Kaiserwahl der Frankfurter Nationalversammlung
entgegenzusetzen.

Es hat keinerlei rechtlichen Grund zu allen diesen Forderungen, und es ver¬
sucht vergebeus, seiue Prätensionen selbst auf die Bestimmungen des deutschen
Bundes zu stützen.

Was deu ersten Anspruch betrifft, die Neconstituirung des deutschen Bundes
einzuleiten nud zu Staude zu bringen, so würde an sich jede andere Macht in
Deutschland qualificirt sein, dazu die ersten Präpositionen zu machen, also z. B.
Preußen und Baiern ebenso gut als Oestreich. Das letztere aber ist dazu nicht
befähigt, weil es durch seiue centralisirende Konstitution vom März 1849 aus dem.
Bunde ausgeschieden ist. In der Bundesacte ist enthalten:

Art. 1. Die Fürsten und Städte Deutschlands vereinigen sich zu
einem Bunde, welche der deutsche Bund heißen soll, mit Einschluß des
Kaisers von Oestreich und der Könige von Preußen, von Dänemark und der
Niederlande, von welchen Oestreich und Preußen für ihre gesammten vor¬
mals zum deutschen Reiche gehörigen Besitzungen, Dänemark für Hol¬
stein, Niederlande für Luxemburg eintreten.
Art. 2. Der Zweck ist Erhaltung der äußern und innern Sicherheit
Deutschlands und der Unverletzbarkeit der deutschen Staaten.

In diesen mehrfachen Erklärungen ist deutlich ausgesprochen und im Einzelnen
durchgeführt, daß der deutsche Bund geographisch ans die Grenzen des ehemaligen
deutschen Reichs beschränkt ist. Wenn also Oestreich die nicht deutschen Länder,
Ungarn, Siebenbürgen, Galizien, Italien mit den deutschen Erbländer in ein


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[0344] Oestreichs Devise: ^. «Z. I. «Z. Ti. ^ustriae I^si. Imperars 0rd1 Universo (Es ist Oestreichs Beruf, über den Erdkreis zu herrschen) ist eine alte Deutung der vorstehenden östreichischen Wap¬ pendevise. Eine andere Deutung besagt: Aller Ehren Ist Oestreich Voll, und der Satz hat Wahrheit in sich. Oestreich trägt drei Königskronen neben der eignen Kaiserkrone, und so jung anch dieses Kaiserthum ist, so hat -es doch von dein alten, damals verblichenen, römischen Kaiserthum einige Erbschaft gemacht, das Kleinod der Kaiserkrone selbst, die Schutzherrlichkeit über deu päpstlichen Stuhl (aävoeaüo seäis Komanae) und den diplomatischen Rang. An diesen Ehren hat aber Oestreich nicht genng; es will andere haben, um die es jetzt streitet. Es prätendirt die Ehre, die Neconstitnirnng des deutschen Bundes zu leiten; ferner die Ehre, in der Bundesversammlung das Präsidium zu führen; außerdem die Ehre, Deutschland überhaupt zu commandiren, und als deutscher Kaiser anerkannt zu werden, um diese Würde jeuer Kaiserwahl der Frankfurter Nationalversammlung entgegenzusetzen. Es hat keinerlei rechtlichen Grund zu allen diesen Forderungen, und es ver¬ sucht vergebeus, seiue Prätensionen selbst auf die Bestimmungen des deutschen Bundes zu stützen. Was deu ersten Anspruch betrifft, die Neconstituirung des deutschen Bundes einzuleiten nud zu Staude zu bringen, so würde an sich jede andere Macht in Deutschland qualificirt sein, dazu die ersten Präpositionen zu machen, also z. B. Preußen und Baiern ebenso gut als Oestreich. Das letztere aber ist dazu nicht befähigt, weil es durch seiue centralisirende Konstitution vom März 1849 aus dem. Bunde ausgeschieden ist. In der Bundesacte ist enthalten: Art. 1. Die Fürsten und Städte Deutschlands vereinigen sich zu einem Bunde, welche der deutsche Bund heißen soll, mit Einschluß des Kaisers von Oestreich und der Könige von Preußen, von Dänemark und der Niederlande, von welchen Oestreich und Preußen für ihre gesammten vor¬ mals zum deutschen Reiche gehörigen Besitzungen, Dänemark für Hol¬ stein, Niederlande für Luxemburg eintreten. Art. 2. Der Zweck ist Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Deutschlands und der Unverletzbarkeit der deutschen Staaten. In diesen mehrfachen Erklärungen ist deutlich ausgesprochen und im Einzelnen durchgeführt, daß der deutsche Bund geographisch ans die Grenzen des ehemaligen deutschen Reichs beschränkt ist. Wenn also Oestreich die nicht deutschen Länder, Ungarn, Siebenbürgen, Galizien, Italien mit den deutschen Erbländer in ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/344>, abgerufen am 04.05.2024.