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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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thätigen Nuthen am Kampfe nahm und jetzt wieder seine zweite Heimath mit
seiner ursprünglichen vertauscht hat. Der Engländer mußte wieder nach England
flüchten. Auch er gehört gewissermaßen zur Emigration, und weder wir noch des
in London lebenden Benedictiners Prof. Nouay und des jüdische" Predigers
Schiller erwähnen, so mögen die Freunde der Verbannten daraus deu Trost
schöpfen, daß die ungarische Emigration in England deu geistliche" Beistand
heimathlicher Priester nicht zu entbehren braucht. --




Annalen der deutschen Geschichte von Heinrich Rückert.

Annalen der denk scheu Geschichte. Abriß der deutschen Entwickelungsgeschichte
in chronologischer Darstellung von H. Rückert. I. Theil bis zum Jahre 1493.
II. Theil bis zum Jahre 1740. Leipzig, T. O. Weigel. 1850.

Es sei uns erlaubt, die Empfehlung eiues vortrefflichen Werkes damit zu
beginnen, daß wir eine Stelle aus dem Anfange desselben hervorhebe"; sie wird
Haltung und Ton der populäre" Darstellung hinlänglich charakterisiren, um In¬
teresse für das Buch zu erwecken:

"Wir erblicken das deutsche Volk im Anfange seiner Geschichte zum Theil
schou dieselben Wohnsitze einnehmend, die es heutigen Tages noch behauptet, d. h.
in der Mitte Europa's, im Süden der Nord- und Ostsee und am Norden des
großen Gebirgszuges, welcher die südlichen Gliederungen von der Hauptmasse
unseres Erdtheiles trennt; im Ganzen aber ist es seit jener Zeit mehr nach
Süden und Westen vorwärts gerückt und hat im Osten weitläufige Länderstrecken
aufgegeben. Damals aber reichte es uach Westen hin -- derjenigen Seite der
Grenze, welche für die ersten Zeiträume unserer Geschichte am wichtigsten ist, weil
sich dort hauptsächlich die Berührung mit den Römern vermittelte -- nur bis zum
Laufe des Rheines, vom Bodensee an bis zu seiner Mündung, während das linke
Ufer desselben noch größtentheils von Celten, den ältesten Bewohnern des galli¬
schen Landes, des heutigen Frankreichs, eingenommen war, einem Volke, das in
verschiedenen Zweigen damals über einen großen Theil des westlichen Europa's,
nicht blos über ganz Gallien, verbreitet und von unvordenklicher Zeit an in
Nachbarschaft und friedlicher und kriegerischer Berührung mit den Deutschen war.
Wie im Westen, so saß es auch ans der ganzen damaligen Südgrenze unseres
Volkes, welche im Allgemeinen durch den Lauf der Donau von ihrer Quelle an
bis da, wo sie die Theiß aufnimmt, bezeichnet wurde. Doch hatten einzelne vor¬
geschobene Glieder des deutschen Volkes bereits diese Linie überschritten, wie das
auch mit der Nheingrenze der Fall war. Noch viel schwankender und im Ein--


thätigen Nuthen am Kampfe nahm und jetzt wieder seine zweite Heimath mit
seiner ursprünglichen vertauscht hat. Der Engländer mußte wieder nach England
flüchten. Auch er gehört gewissermaßen zur Emigration, und weder wir noch des
in London lebenden Benedictiners Prof. Nouay und des jüdische« Predigers
Schiller erwähnen, so mögen die Freunde der Verbannten daraus deu Trost
schöpfen, daß die ungarische Emigration in England deu geistliche« Beistand
heimathlicher Priester nicht zu entbehren braucht. —




Annalen der deutschen Geschichte von Heinrich Rückert.

Annalen der denk scheu Geschichte. Abriß der deutschen Entwickelungsgeschichte
in chronologischer Darstellung von H. Rückert. I. Theil bis zum Jahre 1493.
II. Theil bis zum Jahre 1740. Leipzig, T. O. Weigel. 1850.

Es sei uns erlaubt, die Empfehlung eiues vortrefflichen Werkes damit zu
beginnen, daß wir eine Stelle aus dem Anfange desselben hervorhebe»; sie wird
Haltung und Ton der populäre« Darstellung hinlänglich charakterisiren, um In¬
teresse für das Buch zu erwecken:

„Wir erblicken das deutsche Volk im Anfange seiner Geschichte zum Theil
schou dieselben Wohnsitze einnehmend, die es heutigen Tages noch behauptet, d. h.
in der Mitte Europa's, im Süden der Nord- und Ostsee und am Norden des
großen Gebirgszuges, welcher die südlichen Gliederungen von der Hauptmasse
unseres Erdtheiles trennt; im Ganzen aber ist es seit jener Zeit mehr nach
Süden und Westen vorwärts gerückt und hat im Osten weitläufige Länderstrecken
aufgegeben. Damals aber reichte es uach Westen hin — derjenigen Seite der
Grenze, welche für die ersten Zeiträume unserer Geschichte am wichtigsten ist, weil
sich dort hauptsächlich die Berührung mit den Römern vermittelte — nur bis zum
Laufe des Rheines, vom Bodensee an bis zu seiner Mündung, während das linke
Ufer desselben noch größtentheils von Celten, den ältesten Bewohnern des galli¬
schen Landes, des heutigen Frankreichs, eingenommen war, einem Volke, das in
verschiedenen Zweigen damals über einen großen Theil des westlichen Europa's,
nicht blos über ganz Gallien, verbreitet und von unvordenklicher Zeit an in
Nachbarschaft und friedlicher und kriegerischer Berührung mit den Deutschen war.
Wie im Westen, so saß es auch ans der ganzen damaligen Südgrenze unseres
Volkes, welche im Allgemeinen durch den Lauf der Donau von ihrer Quelle an
bis da, wo sie die Theiß aufnimmt, bezeichnet wurde. Doch hatten einzelne vor¬
geschobene Glieder des deutschen Volkes bereits diese Linie überschritten, wie das
auch mit der Nheingrenze der Fall war. Noch viel schwankender und im Ein--


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/399>, abgerufen am 04.05.2024.