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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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etwas zurückstehender Bauer, auf den Spaten gestützt, die Hand auf die Schulter
des Reiters legt. Die Gruppe ist wohlgeordnet nud charakteristisch in jeder
Hinficht. Ueber den Figuren breitet eine Eiche ihre Zweige, das Pferd des
Reiters grast nebenbei, hinten erhebt sich die Sternwarte, von der aus so viele
Jahre hindurch Bessel den Nachthimmel beobachtete; die Pappelrcihe einer Chaussee,
der Schornstein eines Dampfboots, das aufgespannte Segel eines, Segelschiffes
deuten ans den wieder ungestörten lebhaften Verkehr.

Kann man nun das Postament nicht betrachten, ohne von einigen Uebel-
ständen unangenehm berührt zu werden, die zu entfernen nicht überall in der
Macht des Künstlers lag, so ist dagegen die Wirkung der vortrefflichen Neiterstainc
eine reine und nnbeeinträchtigte, um so mehr, da das Postament auch der Masse
nach untergeordnet ist, und den Blick nicht zum Nachtheil des Hauptwerkes ab¬
ziehen und auf sich lenken kann; auf ihr verweilt das Auge am liebsten, und kehrt
um liebsten zu ihr zurücke Das Pferd, ein edles, feuriges Thier, schreitet uicht,
sondern steht, aber vor Ungeduld holt eS mit dem rechten Fuß zum Scharren
aus, den Kopf etwas gegen den Hals geneigt, die Ohren gespitzt, beißt es in
die Zügel und scheint mit weit geöffneten Nüstern zu schnauben. Semen von
Kennern sehr gerühmten Bau zu würdigen, bin ich zu wenig sachverständig. Un¬
gezwungen und sicher sitzt der Reiter darauf, die Füße bequem in den Bügeln ruhend,
die Rechte leicht auf den Schenkel gestemmt, in der Linken die Zügel. Diese
sichere Ruhe deö Reiters contrastirt mit der feurigen Ungeduld des Pferdes sehr
schön, und zugleich ist die Individualität des Königs hier damit charakterisirt;
schwerlich konnte er, der "das Calmiren" vor allem liebte, glücklicher aufgefaßt,
Zugemessener dargestellt werden. Die Generalsuniform verdeckt zum Theil der auf
der linken Schulter geheftete, vom Rücken in weiten schweren Falten herabwallende
Hermelinmantel, das entblößte Haupt ist mit dem Lorbeerkranz geschmückt. In
den wohlbekannten Zügen ist das Gefühl des Sieges von einem milden Ernst
"erklärt, der Blick in die Ferne gerichtet, als gingen Vergangenheit nud Zukunft
"n seinem innern Gesicht vorüber.




Die Gartenkunst in ihrer geschichtlichen Entwickelung.
2.

Der alte italienische Styl hatte bei seiner Verpflanzung nach dem Norden
ungemein verloren. Anstatt der in Italien gebräuchlichen Kunstwerke von Marmor
oder Metall sah mau diesseits der Alpen mit wenigen Ausnahmen Zerrbilder ohne
allen Kunstwerth, oder klägliches Blendwerk von Holz oder Blech. Vieles war auch
'n Italien Sallon und angemessen, was für den Norden nicht zweckmäßig war. Mau


etwas zurückstehender Bauer, auf den Spaten gestützt, die Hand auf die Schulter
des Reiters legt. Die Gruppe ist wohlgeordnet nud charakteristisch in jeder
Hinficht. Ueber den Figuren breitet eine Eiche ihre Zweige, das Pferd des
Reiters grast nebenbei, hinten erhebt sich die Sternwarte, von der aus so viele
Jahre hindurch Bessel den Nachthimmel beobachtete; die Pappelrcihe einer Chaussee,
der Schornstein eines Dampfboots, das aufgespannte Segel eines, Segelschiffes
deuten ans den wieder ungestörten lebhaften Verkehr.

Kann man nun das Postament nicht betrachten, ohne von einigen Uebel-
ständen unangenehm berührt zu werden, die zu entfernen nicht überall in der
Macht des Künstlers lag, so ist dagegen die Wirkung der vortrefflichen Neiterstainc
eine reine und nnbeeinträchtigte, um so mehr, da das Postament auch der Masse
nach untergeordnet ist, und den Blick nicht zum Nachtheil des Hauptwerkes ab¬
ziehen und auf sich lenken kann; auf ihr verweilt das Auge am liebsten, und kehrt
um liebsten zu ihr zurücke Das Pferd, ein edles, feuriges Thier, schreitet uicht,
sondern steht, aber vor Ungeduld holt eS mit dem rechten Fuß zum Scharren
aus, den Kopf etwas gegen den Hals geneigt, die Ohren gespitzt, beißt es in
die Zügel und scheint mit weit geöffneten Nüstern zu schnauben. Semen von
Kennern sehr gerühmten Bau zu würdigen, bin ich zu wenig sachverständig. Un¬
gezwungen und sicher sitzt der Reiter darauf, die Füße bequem in den Bügeln ruhend,
die Rechte leicht auf den Schenkel gestemmt, in der Linken die Zügel. Diese
sichere Ruhe deö Reiters contrastirt mit der feurigen Ungeduld des Pferdes sehr
schön, und zugleich ist die Individualität des Königs hier damit charakterisirt;
schwerlich konnte er, der „das Calmiren" vor allem liebte, glücklicher aufgefaßt,
Zugemessener dargestellt werden. Die Generalsuniform verdeckt zum Theil der auf
der linken Schulter geheftete, vom Rücken in weiten schweren Falten herabwallende
Hermelinmantel, das entblößte Haupt ist mit dem Lorbeerkranz geschmückt. In
den wohlbekannten Zügen ist das Gefühl des Sieges von einem milden Ernst
"erklärt, der Blick in die Ferne gerichtet, als gingen Vergangenheit nud Zukunft
"n seinem innern Gesicht vorüber.




Die Gartenkunst in ihrer geschichtlichen Entwickelung.
2.

Der alte italienische Styl hatte bei seiner Verpflanzung nach dem Norden
ungemein verloren. Anstatt der in Italien gebräuchlichen Kunstwerke von Marmor
oder Metall sah mau diesseits der Alpen mit wenigen Ausnahmen Zerrbilder ohne
allen Kunstwerth, oder klägliches Blendwerk von Holz oder Blech. Vieles war auch
'n Italien Sallon und angemessen, was für den Norden nicht zweckmäßig war. Mau


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[0329] etwas zurückstehender Bauer, auf den Spaten gestützt, die Hand auf die Schulter des Reiters legt. Die Gruppe ist wohlgeordnet nud charakteristisch in jeder Hinficht. Ueber den Figuren breitet eine Eiche ihre Zweige, das Pferd des Reiters grast nebenbei, hinten erhebt sich die Sternwarte, von der aus so viele Jahre hindurch Bessel den Nachthimmel beobachtete; die Pappelrcihe einer Chaussee, der Schornstein eines Dampfboots, das aufgespannte Segel eines, Segelschiffes deuten ans den wieder ungestörten lebhaften Verkehr. Kann man nun das Postament nicht betrachten, ohne von einigen Uebel- ständen unangenehm berührt zu werden, die zu entfernen nicht überall in der Macht des Künstlers lag, so ist dagegen die Wirkung der vortrefflichen Neiterstainc eine reine und nnbeeinträchtigte, um so mehr, da das Postament auch der Masse nach untergeordnet ist, und den Blick nicht zum Nachtheil des Hauptwerkes ab¬ ziehen und auf sich lenken kann; auf ihr verweilt das Auge am liebsten, und kehrt um liebsten zu ihr zurücke Das Pferd, ein edles, feuriges Thier, schreitet uicht, sondern steht, aber vor Ungeduld holt eS mit dem rechten Fuß zum Scharren aus, den Kopf etwas gegen den Hals geneigt, die Ohren gespitzt, beißt es in die Zügel und scheint mit weit geöffneten Nüstern zu schnauben. Semen von Kennern sehr gerühmten Bau zu würdigen, bin ich zu wenig sachverständig. Un¬ gezwungen und sicher sitzt der Reiter darauf, die Füße bequem in den Bügeln ruhend, die Rechte leicht auf den Schenkel gestemmt, in der Linken die Zügel. Diese sichere Ruhe deö Reiters contrastirt mit der feurigen Ungeduld des Pferdes sehr schön, und zugleich ist die Individualität des Königs hier damit charakterisirt; schwerlich konnte er, der „das Calmiren" vor allem liebte, glücklicher aufgefaßt, Zugemessener dargestellt werden. Die Generalsuniform verdeckt zum Theil der auf der linken Schulter geheftete, vom Rücken in weiten schweren Falten herabwallende Hermelinmantel, das entblößte Haupt ist mit dem Lorbeerkranz geschmückt. In den wohlbekannten Zügen ist das Gefühl des Sieges von einem milden Ernst "erklärt, der Blick in die Ferne gerichtet, als gingen Vergangenheit nud Zukunft "n seinem innern Gesicht vorüber. Die Gartenkunst in ihrer geschichtlichen Entwickelung. 2. Der alte italienische Styl hatte bei seiner Verpflanzung nach dem Norden ungemein verloren. Anstatt der in Italien gebräuchlichen Kunstwerke von Marmor oder Metall sah mau diesseits der Alpen mit wenigen Ausnahmen Zerrbilder ohne allen Kunstwerth, oder klägliches Blendwerk von Holz oder Blech. Vieles war auch 'n Italien Sallon und angemessen, was für den Norden nicht zweckmäßig war. Mau

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/329>, abgerufen am 26.04.2024.