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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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lister vor, in und nach der Geschichte", hat einen sehr guten humoristischen Vor¬
wurf, und enthält auch in der Ausführung einige gelungene Stellen, aber der
Dichter verfällt zu rasch in pathologischen Eifer und hebt dadurch den komischen
Eindruck auf. Dagegen ist das Schlußlied, in welchem er seinen Glanben an
die Ewigkeit der Poesie und seinen Trotz gegen die Philister ausspricht, sehr gut. --
Die "Geschichte des ersten Bärenhäuters" ist eine anmuthige, wenn auch etwas
zu tolle Humoreske, die einen noch viel reinern Eindruck machen würde, wenn
der Dichter sich der leidigen literarischen Anspielungen hätte enthalten können.




Homburg, das Bad der Spieler.

Seitdem in Frankreich die Spielhöllen geschlossen, und die Bankhalter mit
ihrem Gesuch um Zulassung in der Schweiz abgewiesen worden sind, haben'sich
diese schlechtesten aller Glücksritter nach Dentschland gewandt, und in zahlreichen
deutschen Bädern die günstigste Aufnahme gesunden. Nirgends aber ist die Un-
sittlichkeit dieser Verhältnisse großer und glänzender überfirnißt, als in der Residenz
Homburg, für welche durch die Spielbank eine neue Aera begann. Die Gebrüder
Blanc stellten dem Fürsten sehr lockende Bedingungen, mietheten zuerst ein
Privathaus, und richteten es für ihre Zwecke ein, fanden aber durch die Leiden¬
schaft der spielenden Gimpel, die sie von allen Seiten heranzuziehen wußten, so
glänzend ihre Rechnung, daß sie seit -184.0 ein großes Cur-Gebäude mit Marmor¬
säulen n. s. w. errichteten, und dasselbe jetzt durch den Anbau zweier Flügel noch
vergrößern. Sehr industriös wird für die Heranziehung der Fremden gesorgt,
und auf den Eisenbahnstationen Belgiens und des östlichen Frankreichs werden
mit liebenswürdiger Freundlichkeit Prospecte mit Lithographien von Homburg
und seiner Umgebung den Reisenden in die Hände gedrückt.

Die Herren Blanc haben diesen Punkt für ihre Zwecke sehr glücklich gewählt.
Zwar sind die Badequellen Homburgs nur von geringer medicinischer Wirksam¬
keit, so daß man sie durch Zusatz von Nauheimer Mutterlauge zu würzen sucht.
Aber die reizende Lage der Stadt am Fuße des Taunus, die herrlichen Prome¬
naden, die Nähe Frankfurts, die leichte Erreichbarkeit des Orts durch Dampf¬
schiffahrt und Eiselchahn brachten ein Zusammenströmen reicher Fremden und
vornehmer Ganner hervor, die hier nicht sowol Wiederherstellung der Gesundheit,
als Vergnügen und Gewinn suchte". Dies weckte den Speculationsgeist und die
Baulust der Homburger und ihrer Nachbarn. Es entstand seit -1836 eine neue
lange und breite Straße von Palästen -- die Louisenstraße, -- großartige
Hotels, brillante Läden; für die Stadt öffneten sich eine Menge neuer Erwerbs¬
quellen, zumal da die spiellustigen Fremdlinge, gefesselt durch die Zauberkünste


lister vor, in und nach der Geschichte", hat einen sehr guten humoristischen Vor¬
wurf, und enthält auch in der Ausführung einige gelungene Stellen, aber der
Dichter verfällt zu rasch in pathologischen Eifer und hebt dadurch den komischen
Eindruck auf. Dagegen ist das Schlußlied, in welchem er seinen Glanben an
die Ewigkeit der Poesie und seinen Trotz gegen die Philister ausspricht, sehr gut. —
Die „Geschichte des ersten Bärenhäuters" ist eine anmuthige, wenn auch etwas
zu tolle Humoreske, die einen noch viel reinern Eindruck machen würde, wenn
der Dichter sich der leidigen literarischen Anspielungen hätte enthalten können.




Homburg, das Bad der Spieler.

Seitdem in Frankreich die Spielhöllen geschlossen, und die Bankhalter mit
ihrem Gesuch um Zulassung in der Schweiz abgewiesen worden sind, haben'sich
diese schlechtesten aller Glücksritter nach Dentschland gewandt, und in zahlreichen
deutschen Bädern die günstigste Aufnahme gesunden. Nirgends aber ist die Un-
sittlichkeit dieser Verhältnisse großer und glänzender überfirnißt, als in der Residenz
Homburg, für welche durch die Spielbank eine neue Aera begann. Die Gebrüder
Blanc stellten dem Fürsten sehr lockende Bedingungen, mietheten zuerst ein
Privathaus, und richteten es für ihre Zwecke ein, fanden aber durch die Leiden¬
schaft der spielenden Gimpel, die sie von allen Seiten heranzuziehen wußten, so
glänzend ihre Rechnung, daß sie seit -184.0 ein großes Cur-Gebäude mit Marmor¬
säulen n. s. w. errichteten, und dasselbe jetzt durch den Anbau zweier Flügel noch
vergrößern. Sehr industriös wird für die Heranziehung der Fremden gesorgt,
und auf den Eisenbahnstationen Belgiens und des östlichen Frankreichs werden
mit liebenswürdiger Freundlichkeit Prospecte mit Lithographien von Homburg
und seiner Umgebung den Reisenden in die Hände gedrückt.

Die Herren Blanc haben diesen Punkt für ihre Zwecke sehr glücklich gewählt.
Zwar sind die Badequellen Homburgs nur von geringer medicinischer Wirksam¬
keit, so daß man sie durch Zusatz von Nauheimer Mutterlauge zu würzen sucht.
Aber die reizende Lage der Stadt am Fuße des Taunus, die herrlichen Prome¬
naden, die Nähe Frankfurts, die leichte Erreichbarkeit des Orts durch Dampf¬
schiffahrt und Eiselchahn brachten ein Zusammenströmen reicher Fremden und
vornehmer Ganner hervor, die hier nicht sowol Wiederherstellung der Gesundheit,
als Vergnügen und Gewinn suchte». Dies weckte den Speculationsgeist und die
Baulust der Homburger und ihrer Nachbarn. Es entstand seit -1836 eine neue
lange und breite Straße von Palästen — die Louisenstraße, — großartige
Hotels, brillante Läden; für die Stadt öffneten sich eine Menge neuer Erwerbs¬
quellen, zumal da die spiellustigen Fremdlinge, gefesselt durch die Zauberkünste


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/507>, abgerufen am 26.04.2024.