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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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Englische Novellisten.
3.
Edward Lytton Bulwer.")

Bulwer löste in Deutschland Walter Scott in seiner Popularität ab. Bei
den Engländern hat er nie so viel gegolten, weil er ihnen zu wenig praktisch war;
er hat sein ganzes Leben hindurch mit übelgesinnten Kritikern zu kämpfen gehabt,
was ihn bei seiner großen Reizbarkeit und Empfindlichkeit bestimmte, bei jedem
neuen Werk zu erklären, das wäre uun entschieden sein letztes, und er wolle das
Publicum nicht weiter ennuyiren; aber er hat es doch nicht lassen können, auf den
letzten Roman ist immer ein allerletzter gefolgt, und der Kampf mit der Kritik
der er durch die verschiedenste" Wendungen theils Trotz zu bieten, theils zu gefallen
suchte, hat sich immer wieder erneuert. Diese äußerliche Stellung entspricht dem
Verhältniß seines Gemüths und seiner Dichtung zu Walter Scott. Während sich
dieser mit großer Unbefangenheit in seinen Gegenstand versenkt, drängt Bulwer



*) Geboren 1803, aus einer reichen und angesehenen Commoncrfamilie; der Vater war
General, der Bruder seit I8SS Mitglied des Unterhauses, politischer Schriftsteller und der
Reihe nach Diplomat in allen größern Hauptstädten von Europa. Die Reihenfolge seiner
Werke ist folgende: Eine Sammlung von Gedichten mit dem Titel: Unkraut und wilde Blu¬
men (18?6); dann die Novellen 0' "seil der Rebell, und Falklaud, Pelham oder die
Abenteuer eines Gentleman (1828); der Enterbte, und Dcvercux (1823); Paul Clifford
(1830); Eugen Aram (1831) ; England und die Engländer (1832); der Gelehrte (183?);
die Pilger am Rhein (1833); die letzten Tage von Pompeji (1834); Rienzi, der letzte
Tribun (1835); Athens Erhebung und Fall (1836); MaltroverS mit seiner Fortsetzung
Alice (1837); dann: Leila oder die Eroberung von Granada; Zanoni, Godolfin, der letzte
der Barone, Nacht und Morgen (1843); Lucrezia oder die Kinder der Nacht (1847); die
Cartons (1848), und einige kleinere; dann zwei epische Gedichte: König Arthur, und Harold
der Sachsenkönig (1848); die Dramen: die Herzogin von La Balliere, das Mädchen von
Lyon, Richelieu, die Erbschaft (in"""?)/ "cbst einigen nnauögcfnhrten Versuchen. Ferner:
Gedichte, eine Uebersetzung von Schiller'S Gedichten u. f. w. -- Von seiner Gemahlin ist
er geschieden worden, und sie hat gegen ihn einen sehr gemeinen satvrischcn Roman gerichtet:
Chcvclcv oder der Mann von Ehre, auch sich noch in einige" andern Romanen versucht. Bor
einigen Jahren ist er zum Baronet erhoben worden.
Grenzboten. II. 18S1. 16
Englische Novellisten.
3.
Edward Lytton Bulwer.")

Bulwer löste in Deutschland Walter Scott in seiner Popularität ab. Bei
den Engländern hat er nie so viel gegolten, weil er ihnen zu wenig praktisch war;
er hat sein ganzes Leben hindurch mit übelgesinnten Kritikern zu kämpfen gehabt,
was ihn bei seiner großen Reizbarkeit und Empfindlichkeit bestimmte, bei jedem
neuen Werk zu erklären, das wäre uun entschieden sein letztes, und er wolle das
Publicum nicht weiter ennuyiren; aber er hat es doch nicht lassen können, auf den
letzten Roman ist immer ein allerletzter gefolgt, und der Kampf mit der Kritik
der er durch die verschiedenste» Wendungen theils Trotz zu bieten, theils zu gefallen
suchte, hat sich immer wieder erneuert. Diese äußerliche Stellung entspricht dem
Verhältniß seines Gemüths und seiner Dichtung zu Walter Scott. Während sich
dieser mit großer Unbefangenheit in seinen Gegenstand versenkt, drängt Bulwer



*) Geboren 1803, aus einer reichen und angesehenen Commoncrfamilie; der Vater war
General, der Bruder seit I8SS Mitglied des Unterhauses, politischer Schriftsteller und der
Reihe nach Diplomat in allen größern Hauptstädten von Europa. Die Reihenfolge seiner
Werke ist folgende: Eine Sammlung von Gedichten mit dem Titel: Unkraut und wilde Blu¬
men (18?6); dann die Novellen 0' «seil der Rebell, und Falklaud, Pelham oder die
Abenteuer eines Gentleman (1828); der Enterbte, und Dcvercux (1823); Paul Clifford
(1830); Eugen Aram (1831) ; England und die Engländer (1832); der Gelehrte (183?);
die Pilger am Rhein (1833); die letzten Tage von Pompeji (1834); Rienzi, der letzte
Tribun (1835); Athens Erhebung und Fall (1836); MaltroverS mit seiner Fortsetzung
Alice (1837); dann: Leila oder die Eroberung von Granada; Zanoni, Godolfin, der letzte
der Barone, Nacht und Morgen (1843); Lucrezia oder die Kinder der Nacht (1847); die
Cartons (1848), und einige kleinere; dann zwei epische Gedichte: König Arthur, und Harold
der Sachsenkönig (1848); die Dramen: die Herzogin von La Balliere, das Mädchen von
Lyon, Richelieu, die Erbschaft (in»»«?)/ »cbst einigen nnauögcfnhrten Versuchen. Ferner:
Gedichte, eine Uebersetzung von Schiller'S Gedichten u. f. w. — Von seiner Gemahlin ist
er geschieden worden, und sie hat gegen ihn einen sehr gemeinen satvrischcn Roman gerichtet:
Chcvclcv oder der Mann von Ehre, auch sich noch in einige» andern Romanen versucht. Bor
einigen Jahren ist er zum Baronet erhoben worden.
Grenzboten. II. 18S1. 16
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[0133] Englische Novellisten. 3. Edward Lytton Bulwer.") Bulwer löste in Deutschland Walter Scott in seiner Popularität ab. Bei den Engländern hat er nie so viel gegolten, weil er ihnen zu wenig praktisch war; er hat sein ganzes Leben hindurch mit übelgesinnten Kritikern zu kämpfen gehabt, was ihn bei seiner großen Reizbarkeit und Empfindlichkeit bestimmte, bei jedem neuen Werk zu erklären, das wäre uun entschieden sein letztes, und er wolle das Publicum nicht weiter ennuyiren; aber er hat es doch nicht lassen können, auf den letzten Roman ist immer ein allerletzter gefolgt, und der Kampf mit der Kritik der er durch die verschiedenste» Wendungen theils Trotz zu bieten, theils zu gefallen suchte, hat sich immer wieder erneuert. Diese äußerliche Stellung entspricht dem Verhältniß seines Gemüths und seiner Dichtung zu Walter Scott. Während sich dieser mit großer Unbefangenheit in seinen Gegenstand versenkt, drängt Bulwer *) Geboren 1803, aus einer reichen und angesehenen Commoncrfamilie; der Vater war General, der Bruder seit I8SS Mitglied des Unterhauses, politischer Schriftsteller und der Reihe nach Diplomat in allen größern Hauptstädten von Europa. Die Reihenfolge seiner Werke ist folgende: Eine Sammlung von Gedichten mit dem Titel: Unkraut und wilde Blu¬ men (18?6); dann die Novellen 0' «seil der Rebell, und Falklaud, Pelham oder die Abenteuer eines Gentleman (1828); der Enterbte, und Dcvercux (1823); Paul Clifford (1830); Eugen Aram (1831) ; England und die Engländer (1832); der Gelehrte (183?); die Pilger am Rhein (1833); die letzten Tage von Pompeji (1834); Rienzi, der letzte Tribun (1835); Athens Erhebung und Fall (1836); MaltroverS mit seiner Fortsetzung Alice (1837); dann: Leila oder die Eroberung von Granada; Zanoni, Godolfin, der letzte der Barone, Nacht und Morgen (1843); Lucrezia oder die Kinder der Nacht (1847); die Cartons (1848), und einige kleinere; dann zwei epische Gedichte: König Arthur, und Harold der Sachsenkönig (1848); die Dramen: die Herzogin von La Balliere, das Mädchen von Lyon, Richelieu, die Erbschaft (in»»«?)/ »cbst einigen nnauögcfnhrten Versuchen. Ferner: Gedichte, eine Uebersetzung von Schiller'S Gedichten u. f. w. — Von seiner Gemahlin ist er geschieden worden, und sie hat gegen ihn einen sehr gemeinen satvrischcn Roman gerichtet: Chcvclcv oder der Mann von Ehre, auch sich noch in einige» andern Romanen versucht. Bor einigen Jahren ist er zum Baronet erhoben worden. Grenzboten. II. 18S1. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/133>, abgerufen am 28.04.2024.