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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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ging er auf Dieselben zu, faßte sie mit seiner riesigen ^rast im Nacken, und stieß
sie mit den Köpfen so heftig zusammen, daß Jeder eine dicke brann und blaue
Brausche auf der Stirn bekam. "Heft jie dummen Jnngs mir dat Muni schwart
nackt, so will ick jures dee Kop schwart macken," hat er dabei ausgerufen. Von
da an hat kein Freiwilliger wieder gewagt den Hanns-Peter zu necken.

Zuletzt sah ich meinen Freund bei Missunde. Wie seine Batterie gegen die
Dänen vorgegangen war, hatte er seinen Hauptmann gebeten, ob sie nicht gleich
lieber der Dänischen Batterie auf hundert Schritte näher rücken wollten, diese
würde doch bald sich mehr zurückziehen und so gebe es nur neues Auf- und Ab¬
protzen. Sonst war er bei Missunde ungewöhnlich guter Laune, und sprach sogar
mehr, wie er gerade dringend nöthig hatte. Zu einem jungen Freiwilligen, der
an diesem Tage zum ersten Male in's Feuer kam, hatte er gesagt, wie Dieser
sich etwas zu tief beim erste" Sausen der feindlichen Kanonenkugel bückte: "Stab
man grad, mien Jung, Dn moost den Hahnemann keenen Demer macken" (Dn
mußt den Dänen keinen Diener machen).

Der blutige Sturm auf Friedrichstadt endete anch die irdische Laufbahn
von Hans-Peter. Wie immer, hatte er ruhig und fest im heftigsten feindlichen
Feuer gearbeitet, und namentlich noch seine Bärenkrast beim Abprotzen der
Geschütze gezeigt, dabei hatte ihn die unglückliche Schleswig-Holsteinische Stadt,
die er selbst jetzt mit in Brand schießen mußte, ungemein gedauert, und er noch
gesagt, "dee schöne Stadt, nee dee schöne Stadt, so meng Punt Taback hab ick
mie dor kost, un nu mock ick see in Brand scheelen, wie dnurt mie dat." In
einer Pause des Feuerns, während seine Batterie neue Munition faßte, hatte er
sich wieder wie gewöhnlich ein Butterbrod geschmiert, und dabei einem Kamme¬
raden wehmüthig seine leere Butterdose mit deu Worten gezeigt, "Nu ist mien
Bodder all, und dit dat letzte Bodderbrod wat ick mir schmeeren kann." Wenige
Augenblicke daraus kam eine Dänische Stückkngcl und traf ihn in die Seite, so
daß er in seinem Blute niederstürzte. Seine Kameraden wollten ihn forttragen.
"Lat mie man ruhig liecken, mit Schleswig-Holstein is et ut, un mit mie oval.
Adjees". Mit diesen Worten drehte Hans-Peter sich noch im letzten Todeskampf
um, und war verschieden.




Wochenschau.
Der Proceß Boearme.

-- In Belgien bereitet sich jetzt ein Crimiiml-
proceß vor, der durch die hohe gesellschaftliche Stellung der dabei betheiligten Personen
lebhaft an den Proceß Prasum erinnert. Binnen Kurzem werden nämlich der Graf
und die Gräfin Bocarmi, angeklagt der Ermordung ihres Schwagers, vor den Assisen
stehen.


ging er auf Dieselben zu, faßte sie mit seiner riesigen ^rast im Nacken, und stieß
sie mit den Köpfen so heftig zusammen, daß Jeder eine dicke brann und blaue
Brausche auf der Stirn bekam. „Heft jie dummen Jnngs mir dat Muni schwart
nackt, so will ick jures dee Kop schwart macken," hat er dabei ausgerufen. Von
da an hat kein Freiwilliger wieder gewagt den Hanns-Peter zu necken.

Zuletzt sah ich meinen Freund bei Missunde. Wie seine Batterie gegen die
Dänen vorgegangen war, hatte er seinen Hauptmann gebeten, ob sie nicht gleich
lieber der Dänischen Batterie auf hundert Schritte näher rücken wollten, diese
würde doch bald sich mehr zurückziehen und so gebe es nur neues Auf- und Ab¬
protzen. Sonst war er bei Missunde ungewöhnlich guter Laune, und sprach sogar
mehr, wie er gerade dringend nöthig hatte. Zu einem jungen Freiwilligen, der
an diesem Tage zum ersten Male in's Feuer kam, hatte er gesagt, wie Dieser
sich etwas zu tief beim erste» Sausen der feindlichen Kanonenkugel bückte: „Stab
man grad, mien Jung, Dn moost den Hahnemann keenen Demer macken" (Dn
mußt den Dänen keinen Diener machen).

Der blutige Sturm auf Friedrichstadt endete anch die irdische Laufbahn
von Hans-Peter. Wie immer, hatte er ruhig und fest im heftigsten feindlichen
Feuer gearbeitet, und namentlich noch seine Bärenkrast beim Abprotzen der
Geschütze gezeigt, dabei hatte ihn die unglückliche Schleswig-Holsteinische Stadt,
die er selbst jetzt mit in Brand schießen mußte, ungemein gedauert, und er noch
gesagt, „dee schöne Stadt, nee dee schöne Stadt, so meng Punt Taback hab ick
mie dor kost, un nu mock ick see in Brand scheelen, wie dnurt mie dat." In
einer Pause des Feuerns, während seine Batterie neue Munition faßte, hatte er
sich wieder wie gewöhnlich ein Butterbrod geschmiert, und dabei einem Kamme¬
raden wehmüthig seine leere Butterdose mit deu Worten gezeigt, „Nu ist mien
Bodder all, und dit dat letzte Bodderbrod wat ick mir schmeeren kann." Wenige
Augenblicke daraus kam eine Dänische Stückkngcl und traf ihn in die Seite, so
daß er in seinem Blute niederstürzte. Seine Kameraden wollten ihn forttragen.
„Lat mie man ruhig liecken, mit Schleswig-Holstein is et ut, un mit mie oval.
Adjees". Mit diesen Worten drehte Hans-Peter sich noch im letzten Todeskampf
um, und war verschieden.




Wochenschau.
Der Proceß Boearme.

— In Belgien bereitet sich jetzt ein Crimiiml-
proceß vor, der durch die hohe gesellschaftliche Stellung der dabei betheiligten Personen
lebhaft an den Proceß Prasum erinnert. Binnen Kurzem werden nämlich der Graf
und die Gräfin Bocarmi, angeklagt der Ermordung ihres Schwagers, vor den Assisen
stehen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/243>, abgerufen am 28.04.2024.