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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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deren Umrissen die Entstehung desselben und die Geschichte seines Vaters verge¬
genwärtigen. Freilich hört Derselbe nun auf, ein Geister- und Teufelsbanner zu
sein -- und die Kritik hat dadurch aufs Neue einen Sieg erfochten. Aber,
wenn es wahr ist, was Goethe sagt,

und daß es wahr ist, wird leider kaum zu bezweifeln sein -- so empfinden wir
fast Reue über unser Beginnen. Dann wollen wir der Kritik freilich und besserem
Wissen zum Trotz, der Menge wenigstens gegenüber, den Teufelsbanner Zumpt
nicht aufgeben. Vielleicht hält er uus die Ander" vom Leibe.




Der Harz und seine Bewohner
l.

Zu Anfang der Reisezeit wird es nicht unpassend sein, einmal die Aufmerksamkeit
des Lesers aus das nördlichste Deutsche Gebirge hinzulenken. Von dem großen
Eisenbahnnetz, das allmälig über unser Vaterland ausgespannt wird, führen nicht
weniger als drei Zweigbahnen zu demselben hin, die ihm Wandersleute aus Sachsen,
Preußen, Braunschweig, und ganz besonders zahlreich den reichen Handelsherrn vom
Meere zuführen, der sich im Waldesgrün erholen will. Es sind dies die Cöthen-
Bcrnburger, die Oschersleben-Halberstädter und die Wolfenbüttel-Harzeburger Bahn.
Die letztgenannte, welche zuerst augelegt wurde, hat eine nicht unbedeutende
Steigerung, wird daher eine Strecke weit von Pferden bergan gezogen, läuft
abwärts von selbst ohne Dampf- und Pferdekraft, und stößt dicht an den Fuß
des Gebirges. Sie verdankt ihr Entstehen dem Bedürfniß, die Schätze des
Oberharzes, namentlich das Bauholz, dem offenen Lande zugänglich zu machen, und
scheint sich noch immer am Besten zu rentiren, während die (bekanntlich für 100 Thlr.
erbaute) Cöthen-Bernburger Bahn oft mit einem Paar Pfunden an Gütern und
mit keinen andern Passagieren als den Schaffnern hin- und herfährt. Im Harze
selbst sind die alten Kaiserstraßcn nud hohen Straßen, die hoch oben auf dem
Scheitel des Gebirges Hinliesen und die Handelswege bildeten, aus dem Verkehr
gekommen. Neue vortreffliche Heerstraßen sind an ihre Stelle getreten, besonders
im Lande Anhalt-Bernburg, das sast ganz im Harze selbst liegt; weniger in
Preußen, dessen Verkehrswege nicht über den Harz führen, sondern mit den
Eisenbahnen an seinem Fuße zusammenfallen.


Grenzvotcn. II. 18SI. 68

deren Umrissen die Entstehung desselben und die Geschichte seines Vaters verge¬
genwärtigen. Freilich hört Derselbe nun auf, ein Geister- und Teufelsbanner zu
sein — und die Kritik hat dadurch aufs Neue einen Sieg erfochten. Aber,
wenn es wahr ist, was Goethe sagt,

und daß es wahr ist, wird leider kaum zu bezweifeln sein — so empfinden wir
fast Reue über unser Beginnen. Dann wollen wir der Kritik freilich und besserem
Wissen zum Trotz, der Menge wenigstens gegenüber, den Teufelsbanner Zumpt
nicht aufgeben. Vielleicht hält er uus die Ander» vom Leibe.




Der Harz und seine Bewohner
l.

Zu Anfang der Reisezeit wird es nicht unpassend sein, einmal die Aufmerksamkeit
des Lesers aus das nördlichste Deutsche Gebirge hinzulenken. Von dem großen
Eisenbahnnetz, das allmälig über unser Vaterland ausgespannt wird, führen nicht
weniger als drei Zweigbahnen zu demselben hin, die ihm Wandersleute aus Sachsen,
Preußen, Braunschweig, und ganz besonders zahlreich den reichen Handelsherrn vom
Meere zuführen, der sich im Waldesgrün erholen will. Es sind dies die Cöthen-
Bcrnburger, die Oschersleben-Halberstädter und die Wolfenbüttel-Harzeburger Bahn.
Die letztgenannte, welche zuerst augelegt wurde, hat eine nicht unbedeutende
Steigerung, wird daher eine Strecke weit von Pferden bergan gezogen, läuft
abwärts von selbst ohne Dampf- und Pferdekraft, und stößt dicht an den Fuß
des Gebirges. Sie verdankt ihr Entstehen dem Bedürfniß, die Schätze des
Oberharzes, namentlich das Bauholz, dem offenen Lande zugänglich zu machen, und
scheint sich noch immer am Besten zu rentiren, während die (bekanntlich für 100 Thlr.
erbaute) Cöthen-Bernburger Bahn oft mit einem Paar Pfunden an Gütern und
mit keinen andern Passagieren als den Schaffnern hin- und herfährt. Im Harze
selbst sind die alten Kaiserstraßcn nud hohen Straßen, die hoch oben auf dem
Scheitel des Gebirges Hinliesen und die Handelswege bildeten, aus dem Verkehr
gekommen. Neue vortreffliche Heerstraßen sind an ihre Stelle getreten, besonders
im Lande Anhalt-Bernburg, das sast ganz im Harze selbst liegt; weniger in
Preußen, dessen Verkehrswege nicht über den Harz führen, sondern mit den
Eisenbahnen an seinem Fuße zusammenfallen.


Grenzvotcn. II. 18SI. 68
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[0469] deren Umrissen die Entstehung desselben und die Geschichte seines Vaters verge¬ genwärtigen. Freilich hört Derselbe nun auf, ein Geister- und Teufelsbanner zu sein — und die Kritik hat dadurch aufs Neue einen Sieg erfochten. Aber, wenn es wahr ist, was Goethe sagt, und daß es wahr ist, wird leider kaum zu bezweifeln sein — so empfinden wir fast Reue über unser Beginnen. Dann wollen wir der Kritik freilich und besserem Wissen zum Trotz, der Menge wenigstens gegenüber, den Teufelsbanner Zumpt nicht aufgeben. Vielleicht hält er uus die Ander» vom Leibe. Der Harz und seine Bewohner l. Zu Anfang der Reisezeit wird es nicht unpassend sein, einmal die Aufmerksamkeit des Lesers aus das nördlichste Deutsche Gebirge hinzulenken. Von dem großen Eisenbahnnetz, das allmälig über unser Vaterland ausgespannt wird, führen nicht weniger als drei Zweigbahnen zu demselben hin, die ihm Wandersleute aus Sachsen, Preußen, Braunschweig, und ganz besonders zahlreich den reichen Handelsherrn vom Meere zuführen, der sich im Waldesgrün erholen will. Es sind dies die Cöthen- Bcrnburger, die Oschersleben-Halberstädter und die Wolfenbüttel-Harzeburger Bahn. Die letztgenannte, welche zuerst augelegt wurde, hat eine nicht unbedeutende Steigerung, wird daher eine Strecke weit von Pferden bergan gezogen, läuft abwärts von selbst ohne Dampf- und Pferdekraft, und stößt dicht an den Fuß des Gebirges. Sie verdankt ihr Entstehen dem Bedürfniß, die Schätze des Oberharzes, namentlich das Bauholz, dem offenen Lande zugänglich zu machen, und scheint sich noch immer am Besten zu rentiren, während die (bekanntlich für 100 Thlr. erbaute) Cöthen-Bernburger Bahn oft mit einem Paar Pfunden an Gütern und mit keinen andern Passagieren als den Schaffnern hin- und herfährt. Im Harze selbst sind die alten Kaiserstraßcn nud hohen Straßen, die hoch oben auf dem Scheitel des Gebirges Hinliesen und die Handelswege bildeten, aus dem Verkehr gekommen. Neue vortreffliche Heerstraßen sind an ihre Stelle getreten, besonders im Lande Anhalt-Bernburg, das sast ganz im Harze selbst liegt; weniger in Preußen, dessen Verkehrswege nicht über den Harz führen, sondern mit den Eisenbahnen an seinem Fuße zusammenfallen. Grenzvotcn. II. 18SI. 68

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/469>, abgerufen am 29.04.2024.