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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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Frankreich schon lange hätte darauf eingehen müssen, wen" es nur die sittliche und
rechtliche Bedeutung der Frage im Auge gehabt hätte. Es liegen indessen hier andere
Motive zu Grunde, welche einen solchen Vertrag nicht so leicht zu Stande kommen lassen.

Die Production eines Buches ist in Belgien bei Weitem billiger als in Frankreich.
Papierfabriken und Druckereien stehen auf der Stufe der höchsten technischen Vollendung;
der Unternehmungsgeist möchte in Brüssel vielleicht noch größer sein, als in Paris;
kurz, es stände zu erwarten, daß eine große Anzahl neuer Werke in Brüssel erscheinen
würden. Der Gewinn an denselben ginge zwar nicht dem Autor verloren, wol aber
würde der Französischen Industrie ein großer Theil ihrer Thätigkeit entzogen. Durch
den Nachdruck hat Belgien noch Nichts gewonnen, vielmehr wurde die Französische
Literatur auf Kosten des Belgischen Geldes in der ganzen Welt verbreitet. Die Re¬
gierung der "grimäiz nstion" konnte sich dies ruhig gefallen lassen, wenn auch ein Autor
oder ein Verleger dadurch in seinem Rechte gekränkt wurde. Deshalb glauben wir nicht,
daß ein solcher Vertrag zwischen Belgien und Frankreich so bald wird abgeschlossen werden,
trotz der "gssursnoss les plus sxmpstluyues et les plus diknvsillimtes", welche der
Präsident der Republik noch vor Kurzem einer Deputation der Pariser Verleger ge¬
geben hat. i

Das erste Land, welches einen Schutz des geistigen Eigenthums bei fremden Na¬
tionen anerkannte, war Preußen durch seinen 18i-6 mit England geschlossenen Vertrag,
dem später Sachsen, Hannover und Braunschweig beitraten. DaS Resultat ist im All¬
gemeinen für Deutschland kein so günstiges gewesen, wie man wol Anfangs erwartete,
der Hauptvortheil blieb auch diesmal auf Seite Englands. Die hervorragendsten Werke
erscheinen zwar nach wie vor bei Bernhard Tauchnitz in Leipzig; sie sind, wie der Titel
sagt: "nriFinal vcMions lor continentsl oil'oulglion", allein der Preis derselben hat sich
auf das Doppelte erhöht, da der Deutsche Verleger jetzt verpflichtet ist, dem Englischen
Autor ziemlich hohe Honorare zu zahlen. Deutsche Bücher wurden und werden so gut
wie gar nicht in England nachgedruckt, obgleich die Verbreitung Deutscher Sprache und
Literatur auch dort bedeutend zugenommen hat. Auch die Ermäßigung des Einsuhrzvlles
hat viel dazu beigetragen, den Absatz Deutscher Bücher zu befördern.

Am 1. September 1831 länft dieser Preußisch-Englische Vertrag ab; wäre der
Erfolg für uns auch noch geringer gewesen, so dürfte Preußen doch nicht von demselben
zurücktreten, denn es ist der Weg zum Schutze des geistigen Eigenthumes hierdurch ge¬
bahnt worden, ein Schutz, der hoffentlich in nicht zu langer Zeit von allen Nationen
anerkannt wird.


A. E.
Nerantw. Red. F. W. Grnnow. -- Mitredact.- G. Freytag und Julian Schmidt.
Druck von (5. (5. Elbert.


, Am 1. Juli beginnt das it. Semester des X. Jahr¬
gangs der Grenzboten, auf das alle Buchhandlungen und
Postämter Bestellungen annehmen.
Die Verlagshandlung.


Frankreich schon lange hätte darauf eingehen müssen, wen» es nur die sittliche und
rechtliche Bedeutung der Frage im Auge gehabt hätte. Es liegen indessen hier andere
Motive zu Grunde, welche einen solchen Vertrag nicht so leicht zu Stande kommen lassen.

Die Production eines Buches ist in Belgien bei Weitem billiger als in Frankreich.
Papierfabriken und Druckereien stehen auf der Stufe der höchsten technischen Vollendung;
der Unternehmungsgeist möchte in Brüssel vielleicht noch größer sein, als in Paris;
kurz, es stände zu erwarten, daß eine große Anzahl neuer Werke in Brüssel erscheinen
würden. Der Gewinn an denselben ginge zwar nicht dem Autor verloren, wol aber
würde der Französischen Industrie ein großer Theil ihrer Thätigkeit entzogen. Durch
den Nachdruck hat Belgien noch Nichts gewonnen, vielmehr wurde die Französische
Literatur auf Kosten des Belgischen Geldes in der ganzen Welt verbreitet. Die Re¬
gierung der „grimäiz nstion" konnte sich dies ruhig gefallen lassen, wenn auch ein Autor
oder ein Verleger dadurch in seinem Rechte gekränkt wurde. Deshalb glauben wir nicht,
daß ein solcher Vertrag zwischen Belgien und Frankreich so bald wird abgeschlossen werden,
trotz der „gssursnoss les plus sxmpstluyues et les plus diknvsillimtes", welche der
Präsident der Republik noch vor Kurzem einer Deputation der Pariser Verleger ge¬
geben hat. i

Das erste Land, welches einen Schutz des geistigen Eigenthums bei fremden Na¬
tionen anerkannte, war Preußen durch seinen 18i-6 mit England geschlossenen Vertrag,
dem später Sachsen, Hannover und Braunschweig beitraten. DaS Resultat ist im All¬
gemeinen für Deutschland kein so günstiges gewesen, wie man wol Anfangs erwartete,
der Hauptvortheil blieb auch diesmal auf Seite Englands. Die hervorragendsten Werke
erscheinen zwar nach wie vor bei Bernhard Tauchnitz in Leipzig; sie sind, wie der Titel
sagt: „nriFinal vcMions lor continentsl oil'oulglion", allein der Preis derselben hat sich
auf das Doppelte erhöht, da der Deutsche Verleger jetzt verpflichtet ist, dem Englischen
Autor ziemlich hohe Honorare zu zahlen. Deutsche Bücher wurden und werden so gut
wie gar nicht in England nachgedruckt, obgleich die Verbreitung Deutscher Sprache und
Literatur auch dort bedeutend zugenommen hat. Auch die Ermäßigung des Einsuhrzvlles
hat viel dazu beigetragen, den Absatz Deutscher Bücher zu befördern.

Am 1. September 1831 länft dieser Preußisch-Englische Vertrag ab; wäre der
Erfolg für uns auch noch geringer gewesen, so dürfte Preußen doch nicht von demselben
zurücktreten, denn es ist der Weg zum Schutze des geistigen Eigenthumes hierdurch ge¬
bahnt worden, ein Schutz, der hoffentlich in nicht zu langer Zeit von allen Nationen
anerkannt wird.


A. E.
Nerantw. Red. F. W. Grnnow. — Mitredact.- G. Freytag und Julian Schmidt.
Druck von (5. (5. Elbert.


, Am 1. Juli beginnt das it. Semester des X. Jahr¬
gangs der Grenzboten, auf das alle Buchhandlungen und
Postämter Bestellungen annehmen.
Die Verlagshandlung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/532>, abgerufen am 29.04.2024.