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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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Das neue Museum in Berlin.

Berlin ist eine werdende Stadt. Wenn die Ereignisse der neuern Zeit in
der Politik und Diplomatie, in den Bureaux wie in den Kammern nicht selten
geeignet sind, Zweifel an der Bestimmung zu erwecken, welche die Geschichte dem
preußischen Staate vorgezeichnet hat, dann fliehe man aus dem athmenden Berlin
in die stummen Kreise des Riesen von Stein, der weiter und weiter in die flache
Spree-Ebene seiue Glieder ausdehnt. Berlin ist eine Hauptstadt der Zukunft.
Das wunderbar schnelle Wachsen seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts
beschränkt sich uicht auf eiuzelue Gebäude. Ganze Stadttheile haben den Umkreis
der Mauern durchbrochen und strecken sich den benachbarten Ortschaften entgegen,
um sie nach und nach zu Liebe und Ehe an die breite Brust der Capitale zu
ziehen. Die ganze Friedrichs-Wilhelmöstadt, die anhaltische Vorstadt, die Pots¬
damer-, Links- und Lennvstraße sind so entstanden und entstehen immer noch.
Auf dem Köpnikerfelde, wo das große Krankenhaus Bethanien und in der
Alexandrinenstraße die Basilika der Jacobikirche die neueste Richtung der Berliner
Baukunst bezeichnen, werfen die ersten Ansiedelungen Anker; der Exercierplatz vor
dem Brandenburger Thore, jetzt eine mächtige Gartenanlage, kränzt sich mit hohen
und reich verzierten Wohngebäuden, und was das Element des Feuers ihm dnrch
den Brand deö Kroll'scheu Etablissements geraubt, wird bald wieder erstehen, um
das Gegenüber für die nebeneinanderliegenden Gebände der Naczinöky - Gallerie,
des Ateliers und der Wohnung von Peter Cornelius uicht entbehren zu lassen.
Und während so nach Außer zu die Stadt im dauernden Anschwellen den Drang
ihres Werdens verräth, ersteht in ihrem Innern als architektonischer Schmuck ein
Zirkel von großartigen Bauwerken mit noch großartigern Projecten.

Auf dem alten Schlosse erhebt sich in hochgeschwuugeueu Linien die neue
Schloßkuppel. Rechts davou ragt zierlich, schlau!' und frei der uoch vom Gerüst


Grenzboten. I. 1851. 36
Das neue Museum in Berlin.

Berlin ist eine werdende Stadt. Wenn die Ereignisse der neuern Zeit in
der Politik und Diplomatie, in den Bureaux wie in den Kammern nicht selten
geeignet sind, Zweifel an der Bestimmung zu erwecken, welche die Geschichte dem
preußischen Staate vorgezeichnet hat, dann fliehe man aus dem athmenden Berlin
in die stummen Kreise des Riesen von Stein, der weiter und weiter in die flache
Spree-Ebene seiue Glieder ausdehnt. Berlin ist eine Hauptstadt der Zukunft.
Das wunderbar schnelle Wachsen seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts
beschränkt sich uicht auf eiuzelue Gebäude. Ganze Stadttheile haben den Umkreis
der Mauern durchbrochen und strecken sich den benachbarten Ortschaften entgegen,
um sie nach und nach zu Liebe und Ehe an die breite Brust der Capitale zu
ziehen. Die ganze Friedrichs-Wilhelmöstadt, die anhaltische Vorstadt, die Pots¬
damer-, Links- und Lennvstraße sind so entstanden und entstehen immer noch.
Auf dem Köpnikerfelde, wo das große Krankenhaus Bethanien und in der
Alexandrinenstraße die Basilika der Jacobikirche die neueste Richtung der Berliner
Baukunst bezeichnen, werfen die ersten Ansiedelungen Anker; der Exercierplatz vor
dem Brandenburger Thore, jetzt eine mächtige Gartenanlage, kränzt sich mit hohen
und reich verzierten Wohngebäuden, und was das Element des Feuers ihm dnrch
den Brand deö Kroll'scheu Etablissements geraubt, wird bald wieder erstehen, um
das Gegenüber für die nebeneinanderliegenden Gebände der Naczinöky - Gallerie,
des Ateliers und der Wohnung von Peter Cornelius uicht entbehren zu lassen.
Und während so nach Außer zu die Stadt im dauernden Anschwellen den Drang
ihres Werdens verräth, ersteht in ihrem Innern als architektonischer Schmuck ein
Zirkel von großartigen Bauwerken mit noch großartigern Projecten.

Auf dem alten Schlosse erhebt sich in hochgeschwuugeueu Linien die neue
Schloßkuppel. Rechts davou ragt zierlich, schlau!' und frei der uoch vom Gerüst


Grenzboten. I. 1851. 36
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[0293] Das neue Museum in Berlin. Berlin ist eine werdende Stadt. Wenn die Ereignisse der neuern Zeit in der Politik und Diplomatie, in den Bureaux wie in den Kammern nicht selten geeignet sind, Zweifel an der Bestimmung zu erwecken, welche die Geschichte dem preußischen Staate vorgezeichnet hat, dann fliehe man aus dem athmenden Berlin in die stummen Kreise des Riesen von Stein, der weiter und weiter in die flache Spree-Ebene seiue Glieder ausdehnt. Berlin ist eine Hauptstadt der Zukunft. Das wunderbar schnelle Wachsen seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts beschränkt sich uicht auf eiuzelue Gebäude. Ganze Stadttheile haben den Umkreis der Mauern durchbrochen und strecken sich den benachbarten Ortschaften entgegen, um sie nach und nach zu Liebe und Ehe an die breite Brust der Capitale zu ziehen. Die ganze Friedrichs-Wilhelmöstadt, die anhaltische Vorstadt, die Pots¬ damer-, Links- und Lennvstraße sind so entstanden und entstehen immer noch. Auf dem Köpnikerfelde, wo das große Krankenhaus Bethanien und in der Alexandrinenstraße die Basilika der Jacobikirche die neueste Richtung der Berliner Baukunst bezeichnen, werfen die ersten Ansiedelungen Anker; der Exercierplatz vor dem Brandenburger Thore, jetzt eine mächtige Gartenanlage, kränzt sich mit hohen und reich verzierten Wohngebäuden, und was das Element des Feuers ihm dnrch den Brand deö Kroll'scheu Etablissements geraubt, wird bald wieder erstehen, um das Gegenüber für die nebeneinanderliegenden Gebände der Naczinöky - Gallerie, des Ateliers und der Wohnung von Peter Cornelius uicht entbehren zu lassen. Und während so nach Außer zu die Stadt im dauernden Anschwellen den Drang ihres Werdens verräth, ersteht in ihrem Innern als architektonischer Schmuck ein Zirkel von großartigen Bauwerken mit noch großartigern Projecten. Auf dem alten Schlosse erhebt sich in hochgeschwuugeueu Linien die neue Schloßkuppel. Rechts davou ragt zierlich, schlau!' und frei der uoch vom Gerüst Grenzboten. I. 1851. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/293>, abgerufen am 04.05.2024.