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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Gewandung, und soll uns deu Höhepunkt des gemeinsamen Wirkens beider Dichter
plastisch verbildlichen. Dieser Gipfel erwuchs im Verkehr mit dem classischen
Alterthum, und so erhält das griechische Gewand hier eine poetisch-charakteristische
Bedeutung. Goethe ist der vollendete, im Selbstbewußtsein seiner Größe ruhende,
Schiller der begeistert strebende, nach immer höherer Vollkommenheit dem Ideal
entgegenringende Mann. Jener hat mit der Linken die Rechte des jüngern
Genossen ergriffen, als führe er ihn dem Leben, der Nation, dem Ruhme ent¬
gegen, und Goethe's rechte Hand erhebt zwischen beiden Gestalten einen Lorbeer¬
kranz, von dem der Künstler unentschieden läßt, ob er Schiller's Haupt zu krönen
oder das Symbol beiderseitigen Ruhmes vorzustellen bestimmt sei. Ich wünschte,
bald melden zu können, daß die Gruppe in Marmor ausgeführt werden solle,
um etwa in Weimar, dem Schauplätze jenes Diosknrenwirkens ohne Beispiel,
aufgestellt zu werden. Gegenwärtig arbeitet Rauch in Gemeinschaft mit seinen
Schülern an der Büste Alexander's von Humboldt und an den Statuen der Ge¬
neräle Uork und Gneisenau, Drake an der Büste des Meisters Rauch für die
Galerie berühmter Mäuner, welche der König in Sanssouci begründete. Wich¬
mann hat vor längerer Zeit seine Statue Winkelmann's vollendet, die mit dem
Schinkel vom verstorbenen Friedrich Tieck die Vorhalle des neuen Museums
schmücken soll. Eine anmuthige Arbeit ist die Marmorstatuette der .Rachel,
welche Bernhard Asinger, ein höchst talentvoller Schüler Rauch's, im Auftrage
des Königs ausgeführt. Die Gestalt ist von einer langen Tunica umflossen.
Darüber liegt in schönem Faltenwurf das Obergewand, das der linke Arm,
horinzontal über dem Gürtel ruhend, zusammenhält. Das Haar ist nach an¬
tiker Weise einfach zurückgenommen, und die freie Stirn von einem Diadem
umkränzt. Das Haupt senkt sich herab und berührt die Fingerspitzen der
wie stützend nach oben gerichteten rechten Hand. Ein tiefes Sinnen spricht sich
auf die edelste Weise in dieser Stellung wie in den Zügen des Antlitzes aus.


A. G.


Luxus und Schönheit im modernen Leben"
Die Mode in den Blumen.

Die Geschichte der Blumen zeigt eben so große Verirrungen des Geschmacks
und Uebertreibungen, als je bei anderen Kunst- und Luxusgegenständen vor¬
gekommen sind, doch ist mit Freuden zu bemerken, daß die Neuzeit sich dem
wahrhaft Schönen immer mehr zuneigt, daß wenigstens eingebildete Vorzüge nicht
mehr im Stande sind, eine Pflanze ans längere Zeit zu einem Gegenstand lei¬
denschaftlichen Begehrens zu macheu. Wenn auch einzelne Blumenliebhaber noch


Gewandung, und soll uns deu Höhepunkt des gemeinsamen Wirkens beider Dichter
plastisch verbildlichen. Dieser Gipfel erwuchs im Verkehr mit dem classischen
Alterthum, und so erhält das griechische Gewand hier eine poetisch-charakteristische
Bedeutung. Goethe ist der vollendete, im Selbstbewußtsein seiner Größe ruhende,
Schiller der begeistert strebende, nach immer höherer Vollkommenheit dem Ideal
entgegenringende Mann. Jener hat mit der Linken die Rechte des jüngern
Genossen ergriffen, als führe er ihn dem Leben, der Nation, dem Ruhme ent¬
gegen, und Goethe's rechte Hand erhebt zwischen beiden Gestalten einen Lorbeer¬
kranz, von dem der Künstler unentschieden läßt, ob er Schiller's Haupt zu krönen
oder das Symbol beiderseitigen Ruhmes vorzustellen bestimmt sei. Ich wünschte,
bald melden zu können, daß die Gruppe in Marmor ausgeführt werden solle,
um etwa in Weimar, dem Schauplätze jenes Diosknrenwirkens ohne Beispiel,
aufgestellt zu werden. Gegenwärtig arbeitet Rauch in Gemeinschaft mit seinen
Schülern an der Büste Alexander's von Humboldt und an den Statuen der Ge¬
neräle Uork und Gneisenau, Drake an der Büste des Meisters Rauch für die
Galerie berühmter Mäuner, welche der König in Sanssouci begründete. Wich¬
mann hat vor längerer Zeit seine Statue Winkelmann's vollendet, die mit dem
Schinkel vom verstorbenen Friedrich Tieck die Vorhalle des neuen Museums
schmücken soll. Eine anmuthige Arbeit ist die Marmorstatuette der .Rachel,
welche Bernhard Asinger, ein höchst talentvoller Schüler Rauch's, im Auftrage
des Königs ausgeführt. Die Gestalt ist von einer langen Tunica umflossen.
Darüber liegt in schönem Faltenwurf das Obergewand, das der linke Arm,
horinzontal über dem Gürtel ruhend, zusammenhält. Das Haar ist nach an¬
tiker Weise einfach zurückgenommen, und die freie Stirn von einem Diadem
umkränzt. Das Haupt senkt sich herab und berührt die Fingerspitzen der
wie stützend nach oben gerichteten rechten Hand. Ein tiefes Sinnen spricht sich
auf die edelste Weise in dieser Stellung wie in den Zügen des Antlitzes aus.


A. G.


Luxus und Schönheit im modernen Leben»
Die Mode in den Blumen.

Die Geschichte der Blumen zeigt eben so große Verirrungen des Geschmacks
und Uebertreibungen, als je bei anderen Kunst- und Luxusgegenständen vor¬
gekommen sind, doch ist mit Freuden zu bemerken, daß die Neuzeit sich dem
wahrhaft Schönen immer mehr zuneigt, daß wenigstens eingebildete Vorzüge nicht
mehr im Stande sind, eine Pflanze ans längere Zeit zu einem Gegenstand lei¬
denschaftlichen Begehrens zu macheu. Wenn auch einzelne Blumenliebhaber noch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/470>, abgerufen am 28.04.2024.