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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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aristokratie ihren Einfluß durch Beibehaltung ihrer geschlossenen Wahlflecken be¬
hielt, und Lord I. Russell's neueste Reformbill zeichnete sich dnrch dasselbe
Streben aus, neue Interessen, welche das aristokratische Uebergervicht zu stören
drohten, nicht zur Vertretung kommen zu lassen. Auch ihre Handelspolitik ist
nicht so originell und kühn, wie die von Huskisson und Peel, die sich Tones
nannten, weil sie, viel exclustver als die Tones, fast noch mehr als diese das
Emporkommen der industriellen Interessen fürchten.


II. Die Tor,)-Protcctionist-n.

Der Name Tory hat in seiner Bedeutuug nicht weniger Wandelungen erfah¬
ren, als der Name Whig. Die Partei, welche jetzt diesen Namen führt, verdankt
ihre Entstehung Georg III., der großen Starrsinn und Neigung zum Despotismus
mit bedeutender Schlauheit verband. ' Von Anfang seiner Negierung an war er
bemüht, sich eine Partei zu schaffen, welche seinem despotischen Willen dienstbar
war, und dies gelang ihm nach mehreren vorbereitenden und einigen fehlgeschla¬
genen Versuchen mit Hilfe des jüngern Pitt und unterstützt von dem Abscheu und
den Schrecken, welche die Ausschweifungen der ersten französischen Revolution in
England erregten. Die ausschließliche, auf Herstellung einer Parteioligarchie
hinsteuernde Politik der großen Whigsamilien hatte den König bei Manchen popu-
lair gemacht, die durchaus nicht tvryistisch gesinnt waren. Der Kern seiner Partei
bestand allerdings aus sogenannten Königsfreunden (Kind's krisnäg), aber sie erhielt
von Zeit zu Zeit Zuwachs aus den Reihen der Whigs, und selbst aus denen der
unabhängige" und vorgeschrittenen Liberalen. Viele traten ihr schon 1763 bei, um
das drückende Joch der Whigoligarchie Rockingham abzuschütteln, und die Desertionen
vermehrten sich noch, als Fox durch sein Jndiabill den Versuch machte, diese Oli¬
garchie zur dauernden und unerschütterlichen Herrschaft zu bringen. Als nun
vollends die Whigs, um sich die Herrschaft zu sichern, mit Preisgebung ihrer so
lange mit so großem Stolze gepredigten Grundsätze, die berüchtigte Coalition mit
Lord North schlössen, kamen sie trotz der glänzenden Gaben ihrer Führer um allen
Credit, und ermöglichten die Bildung einer compacten Pittpartei, welche nun ganz
an die Stelle der Tones trat.

Aber weder der jüngere Pitt, noch seine Anhänger waren von Anfange an
Tories. Er selbst war im Beginn seiner politischen Laufbahn ein Vertheidiger der
Parlamentsreform, und widersetzte sich ihr später nur, weil.er den gewählten Zeitpunkt
für gefährlich hielt. Ju der Handelspolitik befolgte er viel freisinnigere Grundsätze
als Fox, und im Princip war er den Ansprüchen der irischen Katholiken günstig --
nur daß er nicht wagte dem bigotten Eigensinn des Königs mit Entschiedenheit
entgegenzutreten. 1794 sah er sich durch den Uebertritt des aristokratischen
Theils der Whigs, der Portlandö, Fitzwilliams, und anderer alten Whigsfamilien
verstärkt. Selbst Dundas, eine Zeit laug Pitts einziger Unterstützer auf der Minister-


aristokratie ihren Einfluß durch Beibehaltung ihrer geschlossenen Wahlflecken be¬
hielt, und Lord I. Russell's neueste Reformbill zeichnete sich dnrch dasselbe
Streben aus, neue Interessen, welche das aristokratische Uebergervicht zu stören
drohten, nicht zur Vertretung kommen zu lassen. Auch ihre Handelspolitik ist
nicht so originell und kühn, wie die von Huskisson und Peel, die sich Tones
nannten, weil sie, viel exclustver als die Tones, fast noch mehr als diese das
Emporkommen der industriellen Interessen fürchten.


II. Die Tor,)-Protcctionist-n.

Der Name Tory hat in seiner Bedeutuug nicht weniger Wandelungen erfah¬
ren, als der Name Whig. Die Partei, welche jetzt diesen Namen führt, verdankt
ihre Entstehung Georg III., der großen Starrsinn und Neigung zum Despotismus
mit bedeutender Schlauheit verband. ' Von Anfang seiner Negierung an war er
bemüht, sich eine Partei zu schaffen, welche seinem despotischen Willen dienstbar
war, und dies gelang ihm nach mehreren vorbereitenden und einigen fehlgeschla¬
genen Versuchen mit Hilfe des jüngern Pitt und unterstützt von dem Abscheu und
den Schrecken, welche die Ausschweifungen der ersten französischen Revolution in
England erregten. Die ausschließliche, auf Herstellung einer Parteioligarchie
hinsteuernde Politik der großen Whigsamilien hatte den König bei Manchen popu-
lair gemacht, die durchaus nicht tvryistisch gesinnt waren. Der Kern seiner Partei
bestand allerdings aus sogenannten Königsfreunden (Kind's krisnäg), aber sie erhielt
von Zeit zu Zeit Zuwachs aus den Reihen der Whigs, und selbst aus denen der
unabhängige» und vorgeschrittenen Liberalen. Viele traten ihr schon 1763 bei, um
das drückende Joch der Whigoligarchie Rockingham abzuschütteln, und die Desertionen
vermehrten sich noch, als Fox durch sein Jndiabill den Versuch machte, diese Oli¬
garchie zur dauernden und unerschütterlichen Herrschaft zu bringen. Als nun
vollends die Whigs, um sich die Herrschaft zu sichern, mit Preisgebung ihrer so
lange mit so großem Stolze gepredigten Grundsätze, die berüchtigte Coalition mit
Lord North schlössen, kamen sie trotz der glänzenden Gaben ihrer Führer um allen
Credit, und ermöglichten die Bildung einer compacten Pittpartei, welche nun ganz
an die Stelle der Tones trat.

Aber weder der jüngere Pitt, noch seine Anhänger waren von Anfange an
Tories. Er selbst war im Beginn seiner politischen Laufbahn ein Vertheidiger der
Parlamentsreform, und widersetzte sich ihr später nur, weil.er den gewählten Zeitpunkt
für gefährlich hielt. Ju der Handelspolitik befolgte er viel freisinnigere Grundsätze
als Fox, und im Princip war er den Ansprüchen der irischen Katholiken günstig —
nur daß er nicht wagte dem bigotten Eigensinn des Königs mit Entschiedenheit
entgegenzutreten. 1794 sah er sich durch den Uebertritt des aristokratischen
Theils der Whigs, der Portlandö, Fitzwilliams, und anderer alten Whigsfamilien
verstärkt. Selbst Dundas, eine Zeit laug Pitts einziger Unterstützer auf der Minister-


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[0516] aristokratie ihren Einfluß durch Beibehaltung ihrer geschlossenen Wahlflecken be¬ hielt, und Lord I. Russell's neueste Reformbill zeichnete sich dnrch dasselbe Streben aus, neue Interessen, welche das aristokratische Uebergervicht zu stören drohten, nicht zur Vertretung kommen zu lassen. Auch ihre Handelspolitik ist nicht so originell und kühn, wie die von Huskisson und Peel, die sich Tones nannten, weil sie, viel exclustver als die Tones, fast noch mehr als diese das Emporkommen der industriellen Interessen fürchten. II. Die Tor,)-Protcctionist-n. Der Name Tory hat in seiner Bedeutuug nicht weniger Wandelungen erfah¬ ren, als der Name Whig. Die Partei, welche jetzt diesen Namen führt, verdankt ihre Entstehung Georg III., der großen Starrsinn und Neigung zum Despotismus mit bedeutender Schlauheit verband. ' Von Anfang seiner Negierung an war er bemüht, sich eine Partei zu schaffen, welche seinem despotischen Willen dienstbar war, und dies gelang ihm nach mehreren vorbereitenden und einigen fehlgeschla¬ genen Versuchen mit Hilfe des jüngern Pitt und unterstützt von dem Abscheu und den Schrecken, welche die Ausschweifungen der ersten französischen Revolution in England erregten. Die ausschließliche, auf Herstellung einer Parteioligarchie hinsteuernde Politik der großen Whigsamilien hatte den König bei Manchen popu- lair gemacht, die durchaus nicht tvryistisch gesinnt waren. Der Kern seiner Partei bestand allerdings aus sogenannten Königsfreunden (Kind's krisnäg), aber sie erhielt von Zeit zu Zeit Zuwachs aus den Reihen der Whigs, und selbst aus denen der unabhängige» und vorgeschrittenen Liberalen. Viele traten ihr schon 1763 bei, um das drückende Joch der Whigoligarchie Rockingham abzuschütteln, und die Desertionen vermehrten sich noch, als Fox durch sein Jndiabill den Versuch machte, diese Oli¬ garchie zur dauernden und unerschütterlichen Herrschaft zu bringen. Als nun vollends die Whigs, um sich die Herrschaft zu sichern, mit Preisgebung ihrer so lange mit so großem Stolze gepredigten Grundsätze, die berüchtigte Coalition mit Lord North schlössen, kamen sie trotz der glänzenden Gaben ihrer Führer um allen Credit, und ermöglichten die Bildung einer compacten Pittpartei, welche nun ganz an die Stelle der Tones trat. Aber weder der jüngere Pitt, noch seine Anhänger waren von Anfange an Tories. Er selbst war im Beginn seiner politischen Laufbahn ein Vertheidiger der Parlamentsreform, und widersetzte sich ihr später nur, weil.er den gewählten Zeitpunkt für gefährlich hielt. Ju der Handelspolitik befolgte er viel freisinnigere Grundsätze als Fox, und im Princip war er den Ansprüchen der irischen Katholiken günstig — nur daß er nicht wagte dem bigotten Eigensinn des Königs mit Entschiedenheit entgegenzutreten. 1794 sah er sich durch den Uebertritt des aristokratischen Theils der Whigs, der Portlandö, Fitzwilliams, und anderer alten Whigsfamilien verstärkt. Selbst Dundas, eine Zeit laug Pitts einziger Unterstützer auf der Minister-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/516>, abgerufen am 28.04.2024.