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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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überspringt, welche die Demokratie vorläufig zusammenbringen soll, um die gute
Presse zu subventivniren. Die Polizei hat gar nicht schlau gehandelt, als sie
diese Papiere veröffentlichte, denn eine so unnatürlich lächerliche Vogelscheuche
wird anch nicht den kleinsten Sperling mehr vertreiben. Daß sich außerdem
unter diesen Emigranten ein Separa'tclnb nach dem andern bildet, und daß ein
Führer den andern regelmäßig als Schwachkopf oder Reactionair bezeichnet, giebt
der ganzen Geschichte vollständig die angemessene Fassung.

Ernsthafter, als diese demokratischen Possen, ist die an Consistenz, Ord¬
nung und Energie immermehr zunehmende Agitation in der katholischen Kirche.
Die Beschwerdeschrift der katholischen Geistlichkeit von Schlesien, die den Fürsten
den Protestantismus als erste Quelle der Empörung und Anarchie denuncirt, ist
ein Symptom davon, die Anrufung der Rheinbuudsacte zu Gunsten der meck¬
lenburger Neukatholiken ein anderes. Wir werden fortfahren, ans diese Bewe¬
gung ein wachsames Auge zu richten.




Wochenbericht.
Eine norwegische Landschaft

-- Während ich mich ankleidete, be¬
obachtete ich von dem Fenster meines Zimmers aus die Abwechselungen von Licht und
Schatten, die über die breite Seite des Gousta-Fjcld dahin zogen. Er war noch im¬
mer von Wolken umgeben, als ich aber aus die kleine Ane hinab ging, konnte ich den
Gipfel sehen, der von diesem Punkte aus das Ansehn eines abgestutzten Kegels hatte.
Er war von einer Abdachung steiler Klippen umgeben, deren Furchen mit Schnee ange¬
füllt waren, während die zwischen den weißen Streifen scheinbar in regelmäßigen Zwischen¬
räumen hervorragenden nackten Felsenrücken eine gewundene Krone bildeten, wie sie
dem riesenhaften Monarchen, der über ein ungeheures Gebiet des umliegenden Landes
hoch emporragte, mit Recht zukam. Norwegens Gebirge sind nicht in Vergleich zu
bringen mit jenen ausgedehnten Gebirgsketten von scharf begrenzten Umrissen und von
hohen Gipfeln überragt, welche, aus der Ferne gesehen, anderen Alpenlandschaften se
großartige und erhabene Züge verleihen. Gousta-Fjeld, obgleich bis zu einer Höhe von
Fuß ansteigend, ist vielleicht der vereinzeltste Berg der norwegischen Gebirge.
Vom Fuße der Klippen, die seinen Gipfel krönen, steigen seine Abhänge in steilen
Schwingungen bis zu der Thalebene des Maar herab, und sein unterer Theil ist mit
Wald bekleidet. Das Auge umfaßte die schönen Verhältnisse dieses Riesen mit einem
einzigen Blicke.

So vergingen einige Stunden des Morgens. Der Rest des Tages wurde in einem
glücklichen Zustande ruhigen Behagens, welchem die überstandenen Mühen und die Aus-



*) Wir geben diese Schilderung als Probe aus dem im vorigen Heft angeführten vor¬
trefflichen Werk: Norwegen und sein Volk, von Thomas Forester. Ans dem Eng¬
lischen von Lindau. (Dresden, Kuntze.)

überspringt, welche die Demokratie vorläufig zusammenbringen soll, um die gute
Presse zu subventivniren. Die Polizei hat gar nicht schlau gehandelt, als sie
diese Papiere veröffentlichte, denn eine so unnatürlich lächerliche Vogelscheuche
wird anch nicht den kleinsten Sperling mehr vertreiben. Daß sich außerdem
unter diesen Emigranten ein Separa'tclnb nach dem andern bildet, und daß ein
Führer den andern regelmäßig als Schwachkopf oder Reactionair bezeichnet, giebt
der ganzen Geschichte vollständig die angemessene Fassung.

Ernsthafter, als diese demokratischen Possen, ist die an Consistenz, Ord¬
nung und Energie immermehr zunehmende Agitation in der katholischen Kirche.
Die Beschwerdeschrift der katholischen Geistlichkeit von Schlesien, die den Fürsten
den Protestantismus als erste Quelle der Empörung und Anarchie denuncirt, ist
ein Symptom davon, die Anrufung der Rheinbuudsacte zu Gunsten der meck¬
lenburger Neukatholiken ein anderes. Wir werden fortfahren, ans diese Bewe¬
gung ein wachsames Auge zu richten.




Wochenbericht.
Eine norwegische Landschaft

— Während ich mich ankleidete, be¬
obachtete ich von dem Fenster meines Zimmers aus die Abwechselungen von Licht und
Schatten, die über die breite Seite des Gousta-Fjcld dahin zogen. Er war noch im¬
mer von Wolken umgeben, als ich aber aus die kleine Ane hinab ging, konnte ich den
Gipfel sehen, der von diesem Punkte aus das Ansehn eines abgestutzten Kegels hatte.
Er war von einer Abdachung steiler Klippen umgeben, deren Furchen mit Schnee ange¬
füllt waren, während die zwischen den weißen Streifen scheinbar in regelmäßigen Zwischen¬
räumen hervorragenden nackten Felsenrücken eine gewundene Krone bildeten, wie sie
dem riesenhaften Monarchen, der über ein ungeheures Gebiet des umliegenden Landes
hoch emporragte, mit Recht zukam. Norwegens Gebirge sind nicht in Vergleich zu
bringen mit jenen ausgedehnten Gebirgsketten von scharf begrenzten Umrissen und von
hohen Gipfeln überragt, welche, aus der Ferne gesehen, anderen Alpenlandschaften se
großartige und erhabene Züge verleihen. Gousta-Fjeld, obgleich bis zu einer Höhe von
Fuß ansteigend, ist vielleicht der vereinzeltste Berg der norwegischen Gebirge.
Vom Fuße der Klippen, die seinen Gipfel krönen, steigen seine Abhänge in steilen
Schwingungen bis zu der Thalebene des Maar herab, und sein unterer Theil ist mit
Wald bekleidet. Das Auge umfaßte die schönen Verhältnisse dieses Riesen mit einem
einzigen Blicke.

So vergingen einige Stunden des Morgens. Der Rest des Tages wurde in einem
glücklichen Zustande ruhigen Behagens, welchem die überstandenen Mühen und die Aus-



*) Wir geben diese Schilderung als Probe aus dem im vorigen Heft angeführten vor¬
trefflichen Werk: Norwegen und sein Volk, von Thomas Forester. Ans dem Eng¬
lischen von Lindau. (Dresden, Kuntze.)
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/522>, abgerufen am 07.05.2024.