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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Reiseeindrücke ans Luxemburg.

Als ich in meinem Coursbnch der Eisenbahnen und Posten vergeblich nach
irgend welchen Angaben, die Luxemburg betrafen, suchte, schrieb ich diesen Mangel
einer argen Nachlässigkeit der Herausgeber zu; ich war jedoch genöthigt, im
Stillen einigermaßen diesen Vorwurf wieder abzubitten, als man mir auf dem
Postamt in Trier auf meine Frage, wann die Post nach L. abginge, zur Antwort
gab, es gäbe keine Persvnenpost nach dieser Stadt, die sich an preußische Posten
anschlösse; ans dem ,,Trierschen Hofe" fahre dagegen ein Personenwagen täglich
dorthin und hätte ich daher mich daselbst des Nähern zu erkundigen.

In dem besagten Hotel -- beiläufig gesagt, das beste in Trier und eines
der bessern in der ganzen Rheingegend -- erfuhr ich, daß in Luxemburg die
Post uicht vom Staat, sondern von Privaten besorgt werde, und daß der
Wagen, der zweimal des Tages vom Trier'schen Hof nach der Hauptstadt des
kleinen Nachbarstaates abgebe, dort seinen Rnhpunkt im Hotel de Cologne
nehme. Dieser Postdienst zwischen zwei Gasthöfen, obwol er für deren Besitzer,
denen er die Reisenden gewissermaßen in's Haus setzt, seine unbestreitbaren Vor?
theile hat, war mir in der That etwas Neues und drängte mir die Vermuthung
auf, in diesem vou den großen Bahnen des Weltverkehrs entlegenen und wenig
beachtete" Läudchc" uoch völlig altvaterische Zustände vorzufinden. Ein patriar¬
chalisches Mittelding zwischen Omnibus und Postwagen von einem so unerbittlich
maulfanlen Cvnducteur geleitet, wie ich aus meiner Erfahrung mich nicht erinnern
kann, ihn je gefunden haben, trat dann auch wirklich Nachmittags 3 Uhr seinen
Weg an, der etwa 6 deutsche Meilen beträgt und in eben so viel Stunden zurückgelegt
wird. Da ich mehrere Tage in L. bleiben wollte und nicht ganz ohne Besorg-
niß über den Gasthof war, dem ich so zu sage" ausgeliefert werden sollte, so
wagte ich einige vorsichtige Fragen an den Conducteur über diesen Punkt, aus
die ich jedoch nichts Weiteres herausbekam, als ein dumpfes, mürrisches Brum¬
men, das möglicher Weise im Landesdialekt artiknlirte Laute bedeutete, meinen


Grenzboten, I. ^8it3. S-t
Reiseeindrücke ans Luxemburg.

Als ich in meinem Coursbnch der Eisenbahnen und Posten vergeblich nach
irgend welchen Angaben, die Luxemburg betrafen, suchte, schrieb ich diesen Mangel
einer argen Nachlässigkeit der Herausgeber zu; ich war jedoch genöthigt, im
Stillen einigermaßen diesen Vorwurf wieder abzubitten, als man mir auf dem
Postamt in Trier auf meine Frage, wann die Post nach L. abginge, zur Antwort
gab, es gäbe keine Persvnenpost nach dieser Stadt, die sich an preußische Posten
anschlösse; ans dem ,,Trierschen Hofe" fahre dagegen ein Personenwagen täglich
dorthin und hätte ich daher mich daselbst des Nähern zu erkundigen.

In dem besagten Hotel — beiläufig gesagt, das beste in Trier und eines
der bessern in der ganzen Rheingegend — erfuhr ich, daß in Luxemburg die
Post uicht vom Staat, sondern von Privaten besorgt werde, und daß der
Wagen, der zweimal des Tages vom Trier'schen Hof nach der Hauptstadt des
kleinen Nachbarstaates abgebe, dort seinen Rnhpunkt im Hotel de Cologne
nehme. Dieser Postdienst zwischen zwei Gasthöfen, obwol er für deren Besitzer,
denen er die Reisenden gewissermaßen in's Haus setzt, seine unbestreitbaren Vor?
theile hat, war mir in der That etwas Neues und drängte mir die Vermuthung
auf, in diesem vou den großen Bahnen des Weltverkehrs entlegenen und wenig
beachtete» Läudchc» uoch völlig altvaterische Zustände vorzufinden. Ein patriar¬
chalisches Mittelding zwischen Omnibus und Postwagen von einem so unerbittlich
maulfanlen Cvnducteur geleitet, wie ich aus meiner Erfahrung mich nicht erinnern
kann, ihn je gefunden haben, trat dann auch wirklich Nachmittags 3 Uhr seinen
Weg an, der etwa 6 deutsche Meilen beträgt und in eben so viel Stunden zurückgelegt
wird. Da ich mehrere Tage in L. bleiben wollte und nicht ganz ohne Besorg-
niß über den Gasthof war, dem ich so zu sage» ausgeliefert werden sollte, so
wagte ich einige vorsichtige Fragen an den Conducteur über diesen Punkt, aus
die ich jedoch nichts Weiteres herausbekam, als ein dumpfes, mürrisches Brum¬
men, das möglicher Weise im Landesdialekt artiknlirte Laute bedeutete, meinen


Grenzboten, I. ^8it3. S-t
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[0409] Reiseeindrücke ans Luxemburg. Als ich in meinem Coursbnch der Eisenbahnen und Posten vergeblich nach irgend welchen Angaben, die Luxemburg betrafen, suchte, schrieb ich diesen Mangel einer argen Nachlässigkeit der Herausgeber zu; ich war jedoch genöthigt, im Stillen einigermaßen diesen Vorwurf wieder abzubitten, als man mir auf dem Postamt in Trier auf meine Frage, wann die Post nach L. abginge, zur Antwort gab, es gäbe keine Persvnenpost nach dieser Stadt, die sich an preußische Posten anschlösse; ans dem ,,Trierschen Hofe" fahre dagegen ein Personenwagen täglich dorthin und hätte ich daher mich daselbst des Nähern zu erkundigen. In dem besagten Hotel — beiläufig gesagt, das beste in Trier und eines der bessern in der ganzen Rheingegend — erfuhr ich, daß in Luxemburg die Post uicht vom Staat, sondern von Privaten besorgt werde, und daß der Wagen, der zweimal des Tages vom Trier'schen Hof nach der Hauptstadt des kleinen Nachbarstaates abgebe, dort seinen Rnhpunkt im Hotel de Cologne nehme. Dieser Postdienst zwischen zwei Gasthöfen, obwol er für deren Besitzer, denen er die Reisenden gewissermaßen in's Haus setzt, seine unbestreitbaren Vor? theile hat, war mir in der That etwas Neues und drängte mir die Vermuthung auf, in diesem vou den großen Bahnen des Weltverkehrs entlegenen und wenig beachtete» Läudchc» uoch völlig altvaterische Zustände vorzufinden. Ein patriar¬ chalisches Mittelding zwischen Omnibus und Postwagen von einem so unerbittlich maulfanlen Cvnducteur geleitet, wie ich aus meiner Erfahrung mich nicht erinnern kann, ihn je gefunden haben, trat dann auch wirklich Nachmittags 3 Uhr seinen Weg an, der etwa 6 deutsche Meilen beträgt und in eben so viel Stunden zurückgelegt wird. Da ich mehrere Tage in L. bleiben wollte und nicht ganz ohne Besorg- niß über den Gasthof war, dem ich so zu sage» ausgeliefert werden sollte, so wagte ich einige vorsichtige Fragen an den Conducteur über diesen Punkt, aus die ich jedoch nichts Weiteres herausbekam, als ein dumpfes, mürrisches Brum¬ men, das möglicher Weise im Landesdialekt artiknlirte Laute bedeutete, meinen Grenzboten, I. ^8it3. S-t

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/409>, abgerufen am 04.05.2024.