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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Die Geschichte Englands von Macaulay, auf deren Fortsetzung wir leider
noch immer vergebens warten, hat in dem deutschen Publicum einen ganz un¬
gewöhnlichen Boden gefunden, und mit Recht, denn Macaulay vereinigt die beiden
wesentlichen Eigenschaften eines großen Geschichtschreibers, die Fähigkeit, correct,
deutlich und anziehend zu erzählen, und die Weisheit, die überall ein richtiges
und fruchtbares Urtheil fällt, in einem ganz ungewöhnlichen Grade. Seine Dar¬
stellungen treten uns in einer so lebendigen Gegenwart entgegen, wie man es
sonst nur von der Dichtung gewöhnt ist, und die Schärfe, die sittliche Tiefe und
Gerechtigkeit seines Urtheils bringt uns auch den fremdartigsten Stoss so nahe,
daß er unsere unmittelbare Theilnahme gewinnt; denn was er erzählt, geht nicht
wie eine gleichgiltige Geschichte spurlos an uns vorüber, sondern wir gewinnen
überall eine dauerhafte allgemeine Maxime, die wir auf unsere eigenen Zustände
anwenden können. Macaulay tadelt in einem seiner Versuche "über Haltaus kon¬
stitutionelle Geschichte von England", die bei den meisten englische" Geschicht¬
schreibern stattfindende Trennung dieser beiden Eigenschaften. Man überließ die
eigentliche Darstellung und Schilderung dem historischen Roman und beschränkte
die Aufgabe des Geschichtschreibers aus eine kritische Thätigkeit. Es wird in
der That nnr unter höchst günstigen Umständen gelingen, diese beiden so ver¬
schiedenen Gaben, die doch gleich nothwendig sind, um ein classisches Geschicht¬
werk hervorzubringen, in einer und derselben Person zu vereinigen. In wie
hohem Grade dieses aber bei Macaulay der Fall ist, davon gibt uns nicht nur
sein größeres Geschichtwerk ein unabweisbares Zeugniß, sondern auch seine
Versuche, auf die wir die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal hinlenken
möchten, weil man ihre große Bedeutung für das, was man im bessern Sinne


Grenzboten. III. -I8L3. 61
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noch immer vergebens warten, hat in dem deutschen Publicum einen ganz un¬
gewöhnlichen Boden gefunden, und mit Recht, denn Macaulay vereinigt die beiden
wesentlichen Eigenschaften eines großen Geschichtschreibers, die Fähigkeit, correct,
deutlich und anziehend zu erzählen, und die Weisheit, die überall ein richtiges
und fruchtbares Urtheil fällt, in einem ganz ungewöhnlichen Grade. Seine Dar¬
stellungen treten uns in einer so lebendigen Gegenwart entgegen, wie man es
sonst nur von der Dichtung gewöhnt ist, und die Schärfe, die sittliche Tiefe und
Gerechtigkeit seines Urtheils bringt uns auch den fremdartigsten Stoss so nahe,
daß er unsere unmittelbare Theilnahme gewinnt; denn was er erzählt, geht nicht
wie eine gleichgiltige Geschichte spurlos an uns vorüber, sondern wir gewinnen
überall eine dauerhafte allgemeine Maxime, die wir auf unsere eigenen Zustände
anwenden können. Macaulay tadelt in einem seiner Versuche „über Haltaus kon¬
stitutionelle Geschichte von England", die bei den meisten englische» Geschicht¬
schreibern stattfindende Trennung dieser beiden Eigenschaften. Man überließ die
eigentliche Darstellung und Schilderung dem historischen Roman und beschränkte
die Aufgabe des Geschichtschreibers aus eine kritische Thätigkeit. Es wird in
der That nnr unter höchst günstigen Umständen gelingen, diese beiden so ver¬
schiedenen Gaben, die doch gleich nothwendig sind, um ein classisches Geschicht¬
werk hervorzubringen, in einer und derselben Person zu vereinigen. In wie
hohem Grade dieses aber bei Macaulay der Fall ist, davon gibt uns nicht nur
sein größeres Geschichtwerk ein unabweisbares Zeugniß, sondern auch seine
Versuche, auf die wir die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal hinlenken
möchten, weil man ihre große Bedeutung für das, was man im bessern Sinne


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[0487] M a e a n l a y. 6ril.it;»! uncl bi8lorieal IZss»)'«, Laut,rIIn,l,ec! lo IZdindui'gli lievie^v. 1^ ?'>>om!>8 IZ-iIiinFl^on Nile.iula^. Vol. I—V. I^eipxiA, IZornIi. Inuelini!./. — Die Geschichte Englands von Macaulay, auf deren Fortsetzung wir leider noch immer vergebens warten, hat in dem deutschen Publicum einen ganz un¬ gewöhnlichen Boden gefunden, und mit Recht, denn Macaulay vereinigt die beiden wesentlichen Eigenschaften eines großen Geschichtschreibers, die Fähigkeit, correct, deutlich und anziehend zu erzählen, und die Weisheit, die überall ein richtiges und fruchtbares Urtheil fällt, in einem ganz ungewöhnlichen Grade. Seine Dar¬ stellungen treten uns in einer so lebendigen Gegenwart entgegen, wie man es sonst nur von der Dichtung gewöhnt ist, und die Schärfe, die sittliche Tiefe und Gerechtigkeit seines Urtheils bringt uns auch den fremdartigsten Stoss so nahe, daß er unsere unmittelbare Theilnahme gewinnt; denn was er erzählt, geht nicht wie eine gleichgiltige Geschichte spurlos an uns vorüber, sondern wir gewinnen überall eine dauerhafte allgemeine Maxime, die wir auf unsere eigenen Zustände anwenden können. Macaulay tadelt in einem seiner Versuche „über Haltaus kon¬ stitutionelle Geschichte von England", die bei den meisten englische» Geschicht¬ schreibern stattfindende Trennung dieser beiden Eigenschaften. Man überließ die eigentliche Darstellung und Schilderung dem historischen Roman und beschränkte die Aufgabe des Geschichtschreibers aus eine kritische Thätigkeit. Es wird in der That nnr unter höchst günstigen Umständen gelingen, diese beiden so ver¬ schiedenen Gaben, die doch gleich nothwendig sind, um ein classisches Geschicht¬ werk hervorzubringen, in einer und derselben Person zu vereinigen. In wie hohem Grade dieses aber bei Macaulay der Fall ist, davon gibt uns nicht nur sein größeres Geschichtwerk ein unabweisbares Zeugniß, sondern auch seine Versuche, auf die wir die Aufmerksamkeit unserer Leser noch einmal hinlenken möchten, weil man ihre große Bedeutung für das, was man im bessern Sinne Grenzboten. III. -I8L3. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/487>, abgerufen am 06.05.2024.