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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Inzwischen waren alle Anstrengungen des General Noth, Silistria zu nehmen,
vergeblich gewesen. Als nnn beschlossen war, daß die große Armee die Bulgarei
verlassen sollte, wo sie wahrend des Winters nicht snbsistiren konnte, machte er
einen letzten Versuch. Zwei Tage und zwei Nächte lang bombardirte und kauo-
nirte er die Stadt. Aber die Garnison und die Einwohner ließen sich nicht ein¬
schüchtern; sie wiesen jede Aufforderung zur Uebergabe zurück. Das sechste Corps
mußte, wie die beiden andern Corps, die Bulgarei verlassen und ging am 20.
November über die Donau, nachdem es ans dem Rückzüge wegen der schlechten
Wege viel Pferde und Gepäck verloren hatte.

Der Winter von 1828 trat frühzeitig ein und war sehr streng; er steigerte
die Entbehrungen und Krankheiten im russischen Heere und war demselben außer¬
ordentlich nachtheilig. Erwägt man diesen Umstand und die ungeheuren Opfer,
welche der Feldzug den Nüssen gekostet hat, so ist es in der That zweifelhaft, ob
sie oder die Türken denselben gewonnen haben. Vergleicht man aber die Lage
der Dinge im Jahre 1828 mit der gegenwärtigen, so ist dieselbe für die Türken
ungleich günstiger, 1 828 hatten sie kaum 100,000 Mann, die in der Befestigungs-
nnd Gcschützesknnst wenig erfahre" waren. Heute ist an der Donau eine türkische
Armee von 200,000 Manu versammelt, die anerkanntermaßen eine tüchtige Ar¬
tillerie und ausgezeichnete Ingenieure besitzt. Im Jahre 1828 beherrschte die
russische Flotte das ganze schwarze Meer, und war die türkische Seemacht durch
die Schlacht bei Navarin fast gänzlich vernichtet; gegenwärtig zählt die türkische
Flotte 7i Fahrzeuge mit 4000 Geschützen und einer Bemannung von 16,000
Manu, so daß die Nüssen nicht im Staude sein werden, die Basis ihrer Opera¬
tionen an der Westküste des schwarzen Meeres aufzuschlagen. Endlich hat die
türkische Armee an Omer-Pascha einen tüchtigen General und ist von um so grö¬
ßeren Kriegsmnthe beseelt, als sie weiß, daß der Kampf um den Bestand des
osmanischen Reiches geführt wird. Alles dies läßt erwarten, daß die Russen
noch einen weit schwierigeren Staub als im Jahre 1828 haben werden.




Sir Thomas Fowell Buxton.

Buxton, geboren den 1. April 1786, gestorben den 19. Februar 1865,
arbeitete im englischen Parlamente für die Verbesserung des Gcfäuguißweseus,
für die Umgestaltung des Strafgesetzbuches, für die Abschaffung der Verbrennung
der Wittwen in Indien, für die Befreiung der Hottentotten in Südafrika und
vor allem für die Emancipation von 800,000 Sklaven in den britischen Colonien.
Nachdem er in diesem letzter" großen Unternehmen nach zehnjährigen heißen
Kampfe an dem denkwürdigen 1. Angust 1834 den Sieg errungen, widmete er


Inzwischen waren alle Anstrengungen des General Noth, Silistria zu nehmen,
vergeblich gewesen. Als nnn beschlossen war, daß die große Armee die Bulgarei
verlassen sollte, wo sie wahrend des Winters nicht snbsistiren konnte, machte er
einen letzten Versuch. Zwei Tage und zwei Nächte lang bombardirte und kauo-
nirte er die Stadt. Aber die Garnison und die Einwohner ließen sich nicht ein¬
schüchtern; sie wiesen jede Aufforderung zur Uebergabe zurück. Das sechste Corps
mußte, wie die beiden andern Corps, die Bulgarei verlassen und ging am 20.
November über die Donau, nachdem es ans dem Rückzüge wegen der schlechten
Wege viel Pferde und Gepäck verloren hatte.

Der Winter von 1828 trat frühzeitig ein und war sehr streng; er steigerte
die Entbehrungen und Krankheiten im russischen Heere und war demselben außer¬
ordentlich nachtheilig. Erwägt man diesen Umstand und die ungeheuren Opfer,
welche der Feldzug den Nüssen gekostet hat, so ist es in der That zweifelhaft, ob
sie oder die Türken denselben gewonnen haben. Vergleicht man aber die Lage
der Dinge im Jahre 1828 mit der gegenwärtigen, so ist dieselbe für die Türken
ungleich günstiger, 1 828 hatten sie kaum 100,000 Mann, die in der Befestigungs-
nnd Gcschützesknnst wenig erfahre« waren. Heute ist an der Donau eine türkische
Armee von 200,000 Manu versammelt, die anerkanntermaßen eine tüchtige Ar¬
tillerie und ausgezeichnete Ingenieure besitzt. Im Jahre 1828 beherrschte die
russische Flotte das ganze schwarze Meer, und war die türkische Seemacht durch
die Schlacht bei Navarin fast gänzlich vernichtet; gegenwärtig zählt die türkische
Flotte 7i Fahrzeuge mit 4000 Geschützen und einer Bemannung von 16,000
Manu, so daß die Nüssen nicht im Staude sein werden, die Basis ihrer Opera¬
tionen an der Westküste des schwarzen Meeres aufzuschlagen. Endlich hat die
türkische Armee an Omer-Pascha einen tüchtigen General und ist von um so grö¬
ßeren Kriegsmnthe beseelt, als sie weiß, daß der Kampf um den Bestand des
osmanischen Reiches geführt wird. Alles dies läßt erwarten, daß die Russen
noch einen weit schwierigeren Staub als im Jahre 1828 haben werden.




Sir Thomas Fowell Buxton.

Buxton, geboren den 1. April 1786, gestorben den 19. Februar 1865,
arbeitete im englischen Parlamente für die Verbesserung des Gcfäuguißweseus,
für die Umgestaltung des Strafgesetzbuches, für die Abschaffung der Verbrennung
der Wittwen in Indien, für die Befreiung der Hottentotten in Südafrika und
vor allem für die Emancipation von 800,000 Sklaven in den britischen Colonien.
Nachdem er in diesem letzter» großen Unternehmen nach zehnjährigen heißen
Kampfe an dem denkwürdigen 1. Angust 1834 den Sieg errungen, widmete er


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[0258] Inzwischen waren alle Anstrengungen des General Noth, Silistria zu nehmen, vergeblich gewesen. Als nnn beschlossen war, daß die große Armee die Bulgarei verlassen sollte, wo sie wahrend des Winters nicht snbsistiren konnte, machte er einen letzten Versuch. Zwei Tage und zwei Nächte lang bombardirte und kauo- nirte er die Stadt. Aber die Garnison und die Einwohner ließen sich nicht ein¬ schüchtern; sie wiesen jede Aufforderung zur Uebergabe zurück. Das sechste Corps mußte, wie die beiden andern Corps, die Bulgarei verlassen und ging am 20. November über die Donau, nachdem es ans dem Rückzüge wegen der schlechten Wege viel Pferde und Gepäck verloren hatte. Der Winter von 1828 trat frühzeitig ein und war sehr streng; er steigerte die Entbehrungen und Krankheiten im russischen Heere und war demselben außer¬ ordentlich nachtheilig. Erwägt man diesen Umstand und die ungeheuren Opfer, welche der Feldzug den Nüssen gekostet hat, so ist es in der That zweifelhaft, ob sie oder die Türken denselben gewonnen haben. Vergleicht man aber die Lage der Dinge im Jahre 1828 mit der gegenwärtigen, so ist dieselbe für die Türken ungleich günstiger, 1 828 hatten sie kaum 100,000 Mann, die in der Befestigungs- nnd Gcschützesknnst wenig erfahre« waren. Heute ist an der Donau eine türkische Armee von 200,000 Manu versammelt, die anerkanntermaßen eine tüchtige Ar¬ tillerie und ausgezeichnete Ingenieure besitzt. Im Jahre 1828 beherrschte die russische Flotte das ganze schwarze Meer, und war die türkische Seemacht durch die Schlacht bei Navarin fast gänzlich vernichtet; gegenwärtig zählt die türkische Flotte 7i Fahrzeuge mit 4000 Geschützen und einer Bemannung von 16,000 Manu, so daß die Nüssen nicht im Staude sein werden, die Basis ihrer Opera¬ tionen an der Westküste des schwarzen Meeres aufzuschlagen. Endlich hat die türkische Armee an Omer-Pascha einen tüchtigen General und ist von um so grö¬ ßeren Kriegsmnthe beseelt, als sie weiß, daß der Kampf um den Bestand des osmanischen Reiches geführt wird. Alles dies läßt erwarten, daß die Russen noch einen weit schwierigeren Staub als im Jahre 1828 haben werden. Sir Thomas Fowell Buxton. Buxton, geboren den 1. April 1786, gestorben den 19. Februar 1865, arbeitete im englischen Parlamente für die Verbesserung des Gcfäuguißweseus, für die Umgestaltung des Strafgesetzbuches, für die Abschaffung der Verbrennung der Wittwen in Indien, für die Befreiung der Hottentotten in Südafrika und vor allem für die Emancipation von 800,000 Sklaven in den britischen Colonien. Nachdem er in diesem letzter» großen Unternehmen nach zehnjährigen heißen Kampfe an dem denkwürdigen 1. Angust 1834 den Sieg errungen, widmete er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/258>, abgerufen am 19.05.2024.