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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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von Kiel in jeder andern Hand als in der Preußens für die Entwicklung
Deutschlands ein völlig unnützer sein.

Die Türkei und Dänemark, die zu beeinträchtigen von Seiten der West¬
mächte jetzt kein Grund ist, können, wenn man einen glücklichen Krieg gegen
Rußland fuhrt, entschädigt werden. Es liegt aber im Interesse der West¬
mächte, daß Rußland im schwarzen Meere wie in der Ostsee eine selbstständige
Macht entgegengestellt werde, und das kann weder die Türkei noch Dänemark
leisten.

Wenn also heute noch Oestreich und Preußen ihre alte unfruchtbare
Eifersucht beseitigen und frei von allen romantischen Sympathien und Anti¬
pathien den Westmächten jene Bedingungen stellen, so ist die Möglichkeit vor¬
handen, sie zu erreichen. Denn wenn sie auf ernstliche, bleibende Erfolge
gegen Rußland denken, so können sie die Mitwirkung Deutschlands nicht ent¬
behren; und im gegenwärtigen Augenblick ist wol der Enthusiasmus der gan¬
zen Nation so groß geworden, daß die Regierungen an eine friedliche Bei¬
legung nicht denken können.

Indeß allzulange dürfte die Situation doch nicht dauern, und namentlich
wenn die Allianz der Westmächte mit Schweden früher abgeschlossen wird, als
die mit Preußen, so dürfte an eine solche Bedingung nicht mehr gedacht werden.
Möchte man daher doch bald zu der Einsicht kommen, daß es in kriegerischen
Zeiten die unklugste Politik ist, zu klug sein zu wollen. --




Wochenbericht.
Bildende Kunfi

Im Verlage von Hermann Geibel in Pesth erscheint
nächstens ein'Werk, auf welches wir unsre Leser von vornherein aufmerksam machen
wollen: Skizzen ans dem Volksleben in Ungarn. Pracht-Album in Folio mit
fünfundzwanzig Aquarellbildcrn., -- Der Zweck desselben ist, die Gebräuche und
Eigenthümlichkeiten im Volksleben Ungarns, die bei der immer größeren Erleichterung
der Communicationsmittel vielleicht sehr bald der nivellirenden Cultur weichen
müssen, in anschaulichen Bildern der Nachwelt aufzubewahren. Der Inhalt der
Bilder ist folgender: eine Bauernhochzeit; malerische Trachten der Hauptnationali¬
täten Ungars; die Haide im Mondlicht; die frühere Dorfgerichtsbarkeit; der Erntc-
zug; die Tretplätze Unterungarns; das Winzerfest zu Ofen; die Spinnstube; der
Roßhirt im Einsangen wilder Pferde; der Nindviehhirt mit Herde und Hunden;
der Büffelhirt; der Schafhirt; der Schweinhirt im Bakonywalde; der Gänsehändler;
die Theißfischerei; die Trappenjagd zu Wagen; die Hasenhetze; der Pcsthcr Mc-
lonenmarkt; die Garküche an der Donau; der Wassermann zu Pesth; der Oclbauer
Obernngarns; der Drahtbinder aus einer Schneelandschaft; walachische Fuhrleute,
und eine wandernde Zigeunerfamilie. -- Das Werk wird auf das glänzendste aus-


von Kiel in jeder andern Hand als in der Preußens für die Entwicklung
Deutschlands ein völlig unnützer sein.

Die Türkei und Dänemark, die zu beeinträchtigen von Seiten der West¬
mächte jetzt kein Grund ist, können, wenn man einen glücklichen Krieg gegen
Rußland fuhrt, entschädigt werden. Es liegt aber im Interesse der West¬
mächte, daß Rußland im schwarzen Meere wie in der Ostsee eine selbstständige
Macht entgegengestellt werde, und das kann weder die Türkei noch Dänemark
leisten.

Wenn also heute noch Oestreich und Preußen ihre alte unfruchtbare
Eifersucht beseitigen und frei von allen romantischen Sympathien und Anti¬
pathien den Westmächten jene Bedingungen stellen, so ist die Möglichkeit vor¬
handen, sie zu erreichen. Denn wenn sie auf ernstliche, bleibende Erfolge
gegen Rußland denken, so können sie die Mitwirkung Deutschlands nicht ent¬
behren; und im gegenwärtigen Augenblick ist wol der Enthusiasmus der gan¬
zen Nation so groß geworden, daß die Regierungen an eine friedliche Bei¬
legung nicht denken können.

Indeß allzulange dürfte die Situation doch nicht dauern, und namentlich
wenn die Allianz der Westmächte mit Schweden früher abgeschlossen wird, als
die mit Preußen, so dürfte an eine solche Bedingung nicht mehr gedacht werden.
Möchte man daher doch bald zu der Einsicht kommen, daß es in kriegerischen
Zeiten die unklugste Politik ist, zu klug sein zu wollen. —




Wochenbericht.
Bildende Kunfi

Im Verlage von Hermann Geibel in Pesth erscheint
nächstens ein'Werk, auf welches wir unsre Leser von vornherein aufmerksam machen
wollen: Skizzen ans dem Volksleben in Ungarn. Pracht-Album in Folio mit
fünfundzwanzig Aquarellbildcrn., — Der Zweck desselben ist, die Gebräuche und
Eigenthümlichkeiten im Volksleben Ungarns, die bei der immer größeren Erleichterung
der Communicationsmittel vielleicht sehr bald der nivellirenden Cultur weichen
müssen, in anschaulichen Bildern der Nachwelt aufzubewahren. Der Inhalt der
Bilder ist folgender: eine Bauernhochzeit; malerische Trachten der Hauptnationali¬
täten Ungars; die Haide im Mondlicht; die frühere Dorfgerichtsbarkeit; der Erntc-
zug; die Tretplätze Unterungarns; das Winzerfest zu Ofen; die Spinnstube; der
Roßhirt im Einsangen wilder Pferde; der Nindviehhirt mit Herde und Hunden;
der Büffelhirt; der Schafhirt; der Schweinhirt im Bakonywalde; der Gänsehändler;
die Theißfischerei; die Trappenjagd zu Wagen; die Hasenhetze; der Pcsthcr Mc-
lonenmarkt; die Garküche an der Donau; der Wassermann zu Pesth; der Oclbauer
Obernngarns; der Drahtbinder aus einer Schneelandschaft; walachische Fuhrleute,
und eine wandernde Zigeunerfamilie. — Das Werk wird auf das glänzendste aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/80>, abgerufen am 06.05.2024.