Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

edlen Sittlichkeit ist, ti> bei der Directorenwcchl entscheiden sollte, und der
gegenüber andre, z> B. ob derselbe ein bequemer Diener der Oberbehörden sein
wird, vollkommen gleichgültig sind.




Die italienische Frage.

I^I n u >, i o n !>I i >, i; i>. uliöliuii. l.vU.r(!S lin l'lulculvlpllv in SKS !>"N!j. "rllXllüi!^
I^el^/i^. KiesslinA, 8eI>>u!o Ki. Comsi. --

Der Verfasser dieser Flugschrift hat eine Frage angeregt, die voraus¬
sichtlich in den nächsten Jahren sehr bedeutend in den Gang der öffentlichen
Angelegenheiten eingreifen wird, ja die vielleicht kritischer sein wird, als selbst
der Zwiespalt zwischen den drei Großmächten, der jetzt die Welt erschüttert. Um
das deutlich zu machen, fassen wir einen Augenblick die Veränderungen ins
Auge, welche die öffentliche Meinung in Bezug auf die orientalische Frage,
durchgemacht hat.

' - Beim ersten Beginn derselben, bei der Sendung des Fürsten Mcnschikoff,
war man reich an Wünschen, aber man wagte nicht viel zu hoffen; man
nahm die neue Demüthigung der Türkei durch die Russen bereits als eine
vollendete Thatsache hin, man glaubte Rußland im vollsten Einverständnis)
mit Oestreich, vielleicht auch mit Preußen und man wagte nicht zu hoffen,
daß England und Frankreich ihre alte Eifersucht aufgeben würden, um sich in
ein weit aussehendes, sehr bedenkliches Unternehmen einzulassen, von dem sie
sich kaum einen unmittelbaren Gewinn versprechen durften. Es war nicht blos
die deutsche Presse, in der diese resignirte Haltung sich aussprach, sondern auch
die englische und französische, die Times und das Journal deS Dvbats. Man
war zwar allgemein darüber einig, daß Nußland im Unrecht sei, aber man
rieth der Türkei doch allgemein Nachgiebigkeit an, da sie einmal der Schwächere
war und da sich um ihretwillen keine Hand rühren würde. Als der Einmarsch
der Russen begann, hielt man allgemein die Lage der Türkei für hoffnungslos.

Jetzt aber begann der Umschwung. Die Türkei zeigte sich in ihren Ent¬
schlüssen fest und' energisch und entwickelte eine weit größere Widerstandsfähig¬
keit, als man erwartet hatte; Oestreich fing plötzlich an, sich der Politik der.
Westmächte zu nähern, bis es durch die Aufstellung einer großen Truppenmasse
in Galizien einen Act offenbarer Feindseligkeit gegen Rußland ausübte; die ge¬
heimen Verhandlungen des russischen Kaisers mir dem großbritannischen Gesandten
wurden veröffentlicht, aus denen sich ergab, daß England den lockendsten An¬
erbietungen widerstanden habe; endlich hatten sich die Westmächte so weit ge-


edlen Sittlichkeit ist, ti> bei der Directorenwcchl entscheiden sollte, und der
gegenüber andre, z> B. ob derselbe ein bequemer Diener der Oberbehörden sein
wird, vollkommen gleichgültig sind.




Die italienische Frage.

I^I n u >, i o n !>I i >, i; i>. uliöliuii. l.vU.r(!S lin l'lulculvlpllv in SKS !>»N!j. »rllXllüi!^
I^el^/i^. KiesslinA, 8eI>>u!o Ki. Comsi. —

Der Verfasser dieser Flugschrift hat eine Frage angeregt, die voraus¬
sichtlich in den nächsten Jahren sehr bedeutend in den Gang der öffentlichen
Angelegenheiten eingreifen wird, ja die vielleicht kritischer sein wird, als selbst
der Zwiespalt zwischen den drei Großmächten, der jetzt die Welt erschüttert. Um
das deutlich zu machen, fassen wir einen Augenblick die Veränderungen ins
Auge, welche die öffentliche Meinung in Bezug auf die orientalische Frage,
durchgemacht hat.

' - Beim ersten Beginn derselben, bei der Sendung des Fürsten Mcnschikoff,
war man reich an Wünschen, aber man wagte nicht viel zu hoffen; man
nahm die neue Demüthigung der Türkei durch die Russen bereits als eine
vollendete Thatsache hin, man glaubte Rußland im vollsten Einverständnis)
mit Oestreich, vielleicht auch mit Preußen und man wagte nicht zu hoffen,
daß England und Frankreich ihre alte Eifersucht aufgeben würden, um sich in
ein weit aussehendes, sehr bedenkliches Unternehmen einzulassen, von dem sie
sich kaum einen unmittelbaren Gewinn versprechen durften. Es war nicht blos
die deutsche Presse, in der diese resignirte Haltung sich aussprach, sondern auch
die englische und französische, die Times und das Journal deS Dvbats. Man
war zwar allgemein darüber einig, daß Nußland im Unrecht sei, aber man
rieth der Türkei doch allgemein Nachgiebigkeit an, da sie einmal der Schwächere
war und da sich um ihretwillen keine Hand rühren würde. Als der Einmarsch
der Russen begann, hielt man allgemein die Lage der Türkei für hoffnungslos.

Jetzt aber begann der Umschwung. Die Türkei zeigte sich in ihren Ent¬
schlüssen fest und' energisch und entwickelte eine weit größere Widerstandsfähig¬
keit, als man erwartet hatte; Oestreich fing plötzlich an, sich der Politik der.
Westmächte zu nähern, bis es durch die Aufstellung einer großen Truppenmasse
in Galizien einen Act offenbarer Feindseligkeit gegen Rußland ausübte; die ge¬
heimen Verhandlungen des russischen Kaisers mir dem großbritannischen Gesandten
wurden veröffentlicht, aus denen sich ergab, daß England den lockendsten An¬
erbietungen widerstanden habe; endlich hatten sich die Westmächte so weit ge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100915"/>
          <p xml:id="ID_1360" prev="#ID_1359"> edlen Sittlichkeit ist, ti&gt; bei der Directorenwcchl entscheiden sollte, und der<lb/>
gegenüber andre, z&gt; B. ob derselbe ein bequemer Diener der Oberbehörden sein<lb/>
wird, vollkommen gleichgültig sind.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die italienische Frage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1361"> I^I n u &gt;, i o n !&gt;I i &gt;, i;  i&gt;. uliöliuii.   l.vU.r(!S  lin l'lulculvlpllv  in SKS  !&gt;»N!j. »rllXllüi!^<lb/>
I^el^/i^.  KiesslinA, 8eI&gt;&gt;u!o Ki. Comsi. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1362"> Der Verfasser dieser Flugschrift hat eine Frage angeregt, die voraus¬<lb/>
sichtlich in den nächsten Jahren sehr bedeutend in den Gang der öffentlichen<lb/>
Angelegenheiten eingreifen wird, ja die vielleicht kritischer sein wird, als selbst<lb/>
der Zwiespalt zwischen den drei Großmächten, der jetzt die Welt erschüttert. Um<lb/>
das deutlich zu machen, fassen wir einen Augenblick die Veränderungen ins<lb/>
Auge, welche die öffentliche Meinung in Bezug auf die orientalische Frage,<lb/>
durchgemacht hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1363"> ' - Beim ersten Beginn derselben, bei der Sendung des Fürsten Mcnschikoff,<lb/>
war man reich an Wünschen, aber man wagte nicht viel zu hoffen; man<lb/>
nahm die neue Demüthigung der Türkei durch die Russen bereits als eine<lb/>
vollendete Thatsache hin, man glaubte Rußland im vollsten Einverständnis)<lb/>
mit Oestreich, vielleicht auch mit Preußen und man wagte nicht zu hoffen,<lb/>
daß England und Frankreich ihre alte Eifersucht aufgeben würden, um sich in<lb/>
ein weit aussehendes, sehr bedenkliches Unternehmen einzulassen, von dem sie<lb/>
sich kaum einen unmittelbaren Gewinn versprechen durften. Es war nicht blos<lb/>
die deutsche Presse, in der diese resignirte Haltung sich aussprach, sondern auch<lb/>
die englische und französische, die Times und das Journal deS Dvbats. Man<lb/>
war zwar allgemein darüber einig, daß Nußland im Unrecht sei, aber man<lb/>
rieth der Türkei doch allgemein Nachgiebigkeit an, da sie einmal der Schwächere<lb/>
war und da sich um ihretwillen keine Hand rühren würde. Als der Einmarsch<lb/>
der Russen begann, hielt man allgemein die Lage der Türkei für hoffnungslos.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1364" next="#ID_1365"> Jetzt aber begann der Umschwung. Die Türkei zeigte sich in ihren Ent¬<lb/>
schlüssen fest und' energisch und entwickelte eine weit größere Widerstandsfähig¬<lb/>
keit, als man erwartet hatte; Oestreich fing plötzlich an, sich der Politik der.<lb/>
Westmächte zu nähern, bis es durch die Aufstellung einer großen Truppenmasse<lb/>
in Galizien einen Act offenbarer Feindseligkeit gegen Rußland ausübte; die ge¬<lb/>
heimen Verhandlungen des russischen Kaisers mir dem großbritannischen Gesandten<lb/>
wurden veröffentlicht, aus denen sich ergab, daß England den lockendsten An¬<lb/>
erbietungen widerstanden habe; endlich hatten sich die Westmächte so weit ge-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0461] edlen Sittlichkeit ist, ti> bei der Directorenwcchl entscheiden sollte, und der gegenüber andre, z> B. ob derselbe ein bequemer Diener der Oberbehörden sein wird, vollkommen gleichgültig sind. Die italienische Frage. I^I n u >, i o n !>I i >, i; i>. uliöliuii. l.vU.r(!S lin l'lulculvlpllv in SKS !>»N!j. »rllXllüi!^ I^el^/i^. KiesslinA, 8eI>>u!o Ki. Comsi. — Der Verfasser dieser Flugschrift hat eine Frage angeregt, die voraus¬ sichtlich in den nächsten Jahren sehr bedeutend in den Gang der öffentlichen Angelegenheiten eingreifen wird, ja die vielleicht kritischer sein wird, als selbst der Zwiespalt zwischen den drei Großmächten, der jetzt die Welt erschüttert. Um das deutlich zu machen, fassen wir einen Augenblick die Veränderungen ins Auge, welche die öffentliche Meinung in Bezug auf die orientalische Frage, durchgemacht hat. ' - Beim ersten Beginn derselben, bei der Sendung des Fürsten Mcnschikoff, war man reich an Wünschen, aber man wagte nicht viel zu hoffen; man nahm die neue Demüthigung der Türkei durch die Russen bereits als eine vollendete Thatsache hin, man glaubte Rußland im vollsten Einverständnis) mit Oestreich, vielleicht auch mit Preußen und man wagte nicht zu hoffen, daß England und Frankreich ihre alte Eifersucht aufgeben würden, um sich in ein weit aussehendes, sehr bedenkliches Unternehmen einzulassen, von dem sie sich kaum einen unmittelbaren Gewinn versprechen durften. Es war nicht blos die deutsche Presse, in der diese resignirte Haltung sich aussprach, sondern auch die englische und französische, die Times und das Journal deS Dvbats. Man war zwar allgemein darüber einig, daß Nußland im Unrecht sei, aber man rieth der Türkei doch allgemein Nachgiebigkeit an, da sie einmal der Schwächere war und da sich um ihretwillen keine Hand rühren würde. Als der Einmarsch der Russen begann, hielt man allgemein die Lage der Türkei für hoffnungslos. Jetzt aber begann der Umschwung. Die Türkei zeigte sich in ihren Ent¬ schlüssen fest und' energisch und entwickelte eine weit größere Widerstandsfähig¬ keit, als man erwartet hatte; Oestreich fing plötzlich an, sich der Politik der. Westmächte zu nähern, bis es durch die Aufstellung einer großen Truppenmasse in Galizien einen Act offenbarer Feindseligkeit gegen Rußland ausübte; die ge¬ heimen Verhandlungen des russischen Kaisers mir dem großbritannischen Gesandten wurden veröffentlicht, aus denen sich ergab, daß England den lockendsten An¬ erbietungen widerstanden habe; endlich hatten sich die Westmächte so weit ge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/461
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/461>, abgerufen am 28.04.2024.