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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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Lauschen katholische Missionsprediger zu stationiren, Gotteshäuser und Schulen
einzurichten; besonders aber war man bestrebt, die Kinder katholischer, inmitten
einer überwiegend protestantischen Bevölkerung lebender Eltern, der Gefahr zu
entziehen, dem reinen Glauben und der reinen Lehre durch vorausgesetzte Ein¬
flüsse der von der Mutterkirche sich getrennt haltenden evangelischen Gemeinden
entfremdet zu werden.


Der Verein vom heiligen Karl Borromäus

hat in Bonn seinen
Hauptsttz und beschäftigt sich ausschließlich mit Der Verbreitung guter, echt¬
katholischer Schriften unter der gläubigen Christenheit. Bei der Willfährigkeit
preußischer Staatslenker in den Tagen der Gegenwart, frommen und "kirch¬
lichen" Sinn im Volke zu erwecken und zu beleben, erwarb sich der Verein
nach einer Verordnung des preußischen Ministeriums für Handel, Gewerbe
und öffentliche Arbeiten d. d. 2V. März -1832 die Portofreiheit unter dem
Nubrum: "Angelegenheit vom heiligen Karl Borromäus." Jedes Vereins¬
mitglied hat die Verpflichtung, einen Jahresbeitrag von mindestens zwei Thalern
für Beschaffung und Verbreitung guter katholischer Bücher beizusteuern. Ein
in neuerer Zeit niedergelegter Bericht über die Wirksamkeit des Vereins gibt an,
daß letzterer über mehr als vierzehn Diöcesen verbreitet sei-, über 380 Hilfs¬
vereine und mehr als 3000 zahlende ordentliche Mitglieder, nebst über -12,L00
mit geringeren und unregelmäßigeren Beiträgen betheiligter, sogenannter
"Teilnehmer" sich zuzuzählen haben. Eine einzige Jahreseinnahme betrug über
28,000 Thaler. Für 3-1,500 Thaler sind schon vom Vereine specifischkatholische
"gute" Bücher als Geschenke an Filialverbindungen abgegeben worden.


Die katholischen Gesellenvereine.

Die Begründung solcher con-
fessionellen Gesellenverbindungen hat sich vorzugsweise Ad. Kolping, Domvicar
und Präses des katholischen Gesellenvereins in Köln, Herausgeber eines
katholischen Volkskalenders, angelegen sein lassen. Ihm und seinen priesterlichen
Anhängern kam es darauf an, eine sittliche Hebung des Gesellenstandes im
Sinne der römischen Kirche herbeizuführen, die Gesellen unter dem Ein¬
flüsse des Klerus zu erhalten und verderblichen Einwirkungen, denen sie in
mannigfachster Weise ausgesetzt und zugänglich seien, unter Leitung der Geist¬
lichkeit entgegenzusteuern. Man hatte dabei die Heranbildung eines streng¬
katholischen Meisterstandes im Auge, der bereit sei, auch im Handwerkerstande
die Interessen der heiligen Mutterkirche und die Festigung im wahren Glauben
nach allen Kräften zu fördern.- Jeder Geselle, der das achtzehnte Jahr erreicht
hat und einen unbescholtenen Lebenswandel führt, kann Vereinsmitglied werden.
Die Vereinsmitglieder sind verpflichtet, einander in Nöthen beizustehen, eines
sittlichen und karholischfrommen Lebens sich zu befleißigen, das Gotteshaus
regelmäßig zu besuchen und gemeinschaftlich zum "Tische des Herrn" zu gehen.
Nach der Auslassung des Domvicars Kolping in der Generalversammlung der


Lauschen katholische Missionsprediger zu stationiren, Gotteshäuser und Schulen
einzurichten; besonders aber war man bestrebt, die Kinder katholischer, inmitten
einer überwiegend protestantischen Bevölkerung lebender Eltern, der Gefahr zu
entziehen, dem reinen Glauben und der reinen Lehre durch vorausgesetzte Ein¬
flüsse der von der Mutterkirche sich getrennt haltenden evangelischen Gemeinden
entfremdet zu werden.


Der Verein vom heiligen Karl Borromäus

hat in Bonn seinen
Hauptsttz und beschäftigt sich ausschließlich mit Der Verbreitung guter, echt¬
katholischer Schriften unter der gläubigen Christenheit. Bei der Willfährigkeit
preußischer Staatslenker in den Tagen der Gegenwart, frommen und „kirch¬
lichen" Sinn im Volke zu erwecken und zu beleben, erwarb sich der Verein
nach einer Verordnung des preußischen Ministeriums für Handel, Gewerbe
und öffentliche Arbeiten d. d. 2V. März -1832 die Portofreiheit unter dem
Nubrum: „Angelegenheit vom heiligen Karl Borromäus." Jedes Vereins¬
mitglied hat die Verpflichtung, einen Jahresbeitrag von mindestens zwei Thalern
für Beschaffung und Verbreitung guter katholischer Bücher beizusteuern. Ein
in neuerer Zeit niedergelegter Bericht über die Wirksamkeit des Vereins gibt an,
daß letzterer über mehr als vierzehn Diöcesen verbreitet sei-, über 380 Hilfs¬
vereine und mehr als 3000 zahlende ordentliche Mitglieder, nebst über -12,L00
mit geringeren und unregelmäßigeren Beiträgen betheiligter, sogenannter
„Teilnehmer" sich zuzuzählen haben. Eine einzige Jahreseinnahme betrug über
28,000 Thaler. Für 3-1,500 Thaler sind schon vom Vereine specifischkatholische
„gute" Bücher als Geschenke an Filialverbindungen abgegeben worden.


Die katholischen Gesellenvereine.

Die Begründung solcher con-
fessionellen Gesellenverbindungen hat sich vorzugsweise Ad. Kolping, Domvicar
und Präses des katholischen Gesellenvereins in Köln, Herausgeber eines
katholischen Volkskalenders, angelegen sein lassen. Ihm und seinen priesterlichen
Anhängern kam es darauf an, eine sittliche Hebung des Gesellenstandes im
Sinne der römischen Kirche herbeizuführen, die Gesellen unter dem Ein¬
flüsse des Klerus zu erhalten und verderblichen Einwirkungen, denen sie in
mannigfachster Weise ausgesetzt und zugänglich seien, unter Leitung der Geist¬
lichkeit entgegenzusteuern. Man hatte dabei die Heranbildung eines streng¬
katholischen Meisterstandes im Auge, der bereit sei, auch im Handwerkerstande
die Interessen der heiligen Mutterkirche und die Festigung im wahren Glauben
nach allen Kräften zu fördern.- Jeder Geselle, der das achtzehnte Jahr erreicht
hat und einen unbescholtenen Lebenswandel führt, kann Vereinsmitglied werden.
Die Vereinsmitglieder sind verpflichtet, einander in Nöthen beizustehen, eines
sittlichen und karholischfrommen Lebens sich zu befleißigen, das Gotteshaus
regelmäßig zu besuchen und gemeinschaftlich zum „Tische des Herrn" zu gehen.
Nach der Auslassung des Domvicars Kolping in der Generalversammlung der


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[0310] Lauschen katholische Missionsprediger zu stationiren, Gotteshäuser und Schulen einzurichten; besonders aber war man bestrebt, die Kinder katholischer, inmitten einer überwiegend protestantischen Bevölkerung lebender Eltern, der Gefahr zu entziehen, dem reinen Glauben und der reinen Lehre durch vorausgesetzte Ein¬ flüsse der von der Mutterkirche sich getrennt haltenden evangelischen Gemeinden entfremdet zu werden. Der Verein vom heiligen Karl Borromäus hat in Bonn seinen Hauptsttz und beschäftigt sich ausschließlich mit Der Verbreitung guter, echt¬ katholischer Schriften unter der gläubigen Christenheit. Bei der Willfährigkeit preußischer Staatslenker in den Tagen der Gegenwart, frommen und „kirch¬ lichen" Sinn im Volke zu erwecken und zu beleben, erwarb sich der Verein nach einer Verordnung des preußischen Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten d. d. 2V. März -1832 die Portofreiheit unter dem Nubrum: „Angelegenheit vom heiligen Karl Borromäus." Jedes Vereins¬ mitglied hat die Verpflichtung, einen Jahresbeitrag von mindestens zwei Thalern für Beschaffung und Verbreitung guter katholischer Bücher beizusteuern. Ein in neuerer Zeit niedergelegter Bericht über die Wirksamkeit des Vereins gibt an, daß letzterer über mehr als vierzehn Diöcesen verbreitet sei-, über 380 Hilfs¬ vereine und mehr als 3000 zahlende ordentliche Mitglieder, nebst über -12,L00 mit geringeren und unregelmäßigeren Beiträgen betheiligter, sogenannter „Teilnehmer" sich zuzuzählen haben. Eine einzige Jahreseinnahme betrug über 28,000 Thaler. Für 3-1,500 Thaler sind schon vom Vereine specifischkatholische „gute" Bücher als Geschenke an Filialverbindungen abgegeben worden. Die katholischen Gesellenvereine. Die Begründung solcher con- fessionellen Gesellenverbindungen hat sich vorzugsweise Ad. Kolping, Domvicar und Präses des katholischen Gesellenvereins in Köln, Herausgeber eines katholischen Volkskalenders, angelegen sein lassen. Ihm und seinen priesterlichen Anhängern kam es darauf an, eine sittliche Hebung des Gesellenstandes im Sinne der römischen Kirche herbeizuführen, die Gesellen unter dem Ein¬ flüsse des Klerus zu erhalten und verderblichen Einwirkungen, denen sie in mannigfachster Weise ausgesetzt und zugänglich seien, unter Leitung der Geist¬ lichkeit entgegenzusteuern. Man hatte dabei die Heranbildung eines streng¬ katholischen Meisterstandes im Auge, der bereit sei, auch im Handwerkerstande die Interessen der heiligen Mutterkirche und die Festigung im wahren Glauben nach allen Kräften zu fördern.- Jeder Geselle, der das achtzehnte Jahr erreicht hat und einen unbescholtenen Lebenswandel führt, kann Vereinsmitglied werden. Die Vereinsmitglieder sind verpflichtet, einander in Nöthen beizustehen, eines sittlichen und karholischfrommen Lebens sich zu befleißigen, das Gotteshaus regelmäßig zu besuchen und gemeinschaftlich zum „Tische des Herrn" zu gehen. Nach der Auslassung des Domvicars Kolping in der Generalversammlung der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/310>, abgerufen am 05.05.2024.