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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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Generalversammlungen von Vertretern der katholischen Vereine saßte man, wie
in Mainz, Münster und Wien, definitive Beschlüsse, die für geeignet gehalten
wurden, der römischen Kirche mehr Terrain zu gewinnen und den als Irrlehre
bezeichneten Protestantismus nach Möglichkeit zu paralvsiren. Die Begrün¬
dung katholischer Universitäten in Deutschland, sowie neuer literarischer Unter¬
nehmungen zur Machterweiterung der römischen "Mutterkirche" wurde unter
andern als besonders wichtig betrieben. -- Zur Unterstützung solcher aus¬
schließlich sogenannten "katholischen" Vereine, wie überhaupt im Interesse der
päpstlichen Kirche, wirkten außerdem für specielle Zwecke: die BonifaciuSvereine, die
Borromäus-, die katholischen Gesellenvereine, die Vereine zur heiligen Kind¬
heit Jesu, die Vereine des heiligen Vincenz von Paul, der Hedwigsverein,
der Verein der ewigen Anbetung des Altarsacraments, der Verein deS heiligen
Aloysius, der Düsseldorfer Bilderverein, der zur Besserung entlassener Straf¬
gefangenen, der akademische Dombauverein, der Jungfrauenbund, der Malberts¬
verein, die Mäßigkeitsvereine, die Preßvereine und viele andere, deren Auf¬
zählung hier zu weit führen würde. Von den Associationen, welche vorzugs¬
weise Missionszwecke verfolgten, soll später im Verlaufe dieser Darstellung die
Rede sein. Die hier aufgeführten konfessionellen Verbindungen hatten zum
größten Theile 'Verzweigungen in ganz Deutschland.

Der Se. Bonisaciusverein.

In den "katholischen" Vereinen war
es zur Sprache gekommen, daß viele in protestantischen Ländern, namentlich
in Norddeutschland, unter Evangelischen zerstreut lebende Katholiken nach dem
"Brote des Lebens" hungerten und niemanden fänden, der es ihnen breche.
In Pommern, Brandenburg, Schleswig, Holstein, Meklenburg, Braun¬
schweig u. f. w. wohnten oft hundert katholischer Christen in einer Ortschaft,
wo es ihnen an einer Kirche, an einer Schule, an einem Priester fehle;
jahrelang könnten viele von ihnen nicht zur Feier der "heiligsten Neligions-
gehcimnisse" gelangen, müßten der Gnade und Stärke der heiligen Sacramente
entbehren und beklagenswerthesterweise beim Tode ihr Auge schließen, ohne
die "heilige Wegzehrung" auf die Reise in die Ewigkeit erlangen zu können.
Die eigentliche ausgesprochene Aufgabe des Bonifaciusvereins ist es, die
"geistlichvcrlassenen Katholiken, vornehmlich Norddeutschlands, "in der Segen
spendenden Gemeinschaft der heiligen Mutterkirche zu erhalten." Diese-Aufgabe
sollte gelöst werden durch Herbeischaffung von Geldmitteln seitens der Ver^
einsmitglieder zur Begründung und Einrichtung katholischer Kirchen, Schulen
und Missionsanstalten, sowie durch Gebete und in Kpvois durch die tägliche
Abbetung eines Vaterunsers und eines Ave Marie sammt den Worten:
"Heiliger Bonifacius bitte für uns!" Von dem Papste und von Bischöfen ist
der Verein durch Zuwendung kirchlicher Beneficien reichlich unterstützt worden
und gelang es auch, soweit uns bekannt, in der Mark, in Pommern , in den


Generalversammlungen von Vertretern der katholischen Vereine saßte man, wie
in Mainz, Münster und Wien, definitive Beschlüsse, die für geeignet gehalten
wurden, der römischen Kirche mehr Terrain zu gewinnen und den als Irrlehre
bezeichneten Protestantismus nach Möglichkeit zu paralvsiren. Die Begrün¬
dung katholischer Universitäten in Deutschland, sowie neuer literarischer Unter¬
nehmungen zur Machterweiterung der römischen „Mutterkirche" wurde unter
andern als besonders wichtig betrieben. — Zur Unterstützung solcher aus¬
schließlich sogenannten „katholischen" Vereine, wie überhaupt im Interesse der
päpstlichen Kirche, wirkten außerdem für specielle Zwecke: die BonifaciuSvereine, die
Borromäus-, die katholischen Gesellenvereine, die Vereine zur heiligen Kind¬
heit Jesu, die Vereine des heiligen Vincenz von Paul, der Hedwigsverein,
der Verein der ewigen Anbetung des Altarsacraments, der Verein deS heiligen
Aloysius, der Düsseldorfer Bilderverein, der zur Besserung entlassener Straf¬
gefangenen, der akademische Dombauverein, der Jungfrauenbund, der Malberts¬
verein, die Mäßigkeitsvereine, die Preßvereine und viele andere, deren Auf¬
zählung hier zu weit führen würde. Von den Associationen, welche vorzugs¬
weise Missionszwecke verfolgten, soll später im Verlaufe dieser Darstellung die
Rede sein. Die hier aufgeführten konfessionellen Verbindungen hatten zum
größten Theile 'Verzweigungen in ganz Deutschland.

Der Se. Bonisaciusverein.

In den „katholischen" Vereinen war
es zur Sprache gekommen, daß viele in protestantischen Ländern, namentlich
in Norddeutschland, unter Evangelischen zerstreut lebende Katholiken nach dem
„Brote des Lebens" hungerten und niemanden fänden, der es ihnen breche.
In Pommern, Brandenburg, Schleswig, Holstein, Meklenburg, Braun¬
schweig u. f. w. wohnten oft hundert katholischer Christen in einer Ortschaft,
wo es ihnen an einer Kirche, an einer Schule, an einem Priester fehle;
jahrelang könnten viele von ihnen nicht zur Feier der „heiligsten Neligions-
gehcimnisse" gelangen, müßten der Gnade und Stärke der heiligen Sacramente
entbehren und beklagenswerthesterweise beim Tode ihr Auge schließen, ohne
die „heilige Wegzehrung" auf die Reise in die Ewigkeit erlangen zu können.
Die eigentliche ausgesprochene Aufgabe des Bonifaciusvereins ist es, die
„geistlichvcrlassenen Katholiken, vornehmlich Norddeutschlands, „in der Segen
spendenden Gemeinschaft der heiligen Mutterkirche zu erhalten." Diese-Aufgabe
sollte gelöst werden durch Herbeischaffung von Geldmitteln seitens der Ver^
einsmitglieder zur Begründung und Einrichtung katholischer Kirchen, Schulen
und Missionsanstalten, sowie durch Gebete und in Kpvois durch die tägliche
Abbetung eines Vaterunsers und eines Ave Marie sammt den Worten:
„Heiliger Bonifacius bitte für uns!" Von dem Papste und von Bischöfen ist
der Verein durch Zuwendung kirchlicher Beneficien reichlich unterstützt worden
und gelang es auch, soweit uns bekannt, in der Mark, in Pommern , in den


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[0309] Generalversammlungen von Vertretern der katholischen Vereine saßte man, wie in Mainz, Münster und Wien, definitive Beschlüsse, die für geeignet gehalten wurden, der römischen Kirche mehr Terrain zu gewinnen und den als Irrlehre bezeichneten Protestantismus nach Möglichkeit zu paralvsiren. Die Begrün¬ dung katholischer Universitäten in Deutschland, sowie neuer literarischer Unter¬ nehmungen zur Machterweiterung der römischen „Mutterkirche" wurde unter andern als besonders wichtig betrieben. — Zur Unterstützung solcher aus¬ schließlich sogenannten „katholischen" Vereine, wie überhaupt im Interesse der päpstlichen Kirche, wirkten außerdem für specielle Zwecke: die BonifaciuSvereine, die Borromäus-, die katholischen Gesellenvereine, die Vereine zur heiligen Kind¬ heit Jesu, die Vereine des heiligen Vincenz von Paul, der Hedwigsverein, der Verein der ewigen Anbetung des Altarsacraments, der Verein deS heiligen Aloysius, der Düsseldorfer Bilderverein, der zur Besserung entlassener Straf¬ gefangenen, der akademische Dombauverein, der Jungfrauenbund, der Malberts¬ verein, die Mäßigkeitsvereine, die Preßvereine und viele andere, deren Auf¬ zählung hier zu weit führen würde. Von den Associationen, welche vorzugs¬ weise Missionszwecke verfolgten, soll später im Verlaufe dieser Darstellung die Rede sein. Die hier aufgeführten konfessionellen Verbindungen hatten zum größten Theile 'Verzweigungen in ganz Deutschland. Der Se. Bonisaciusverein. In den „katholischen" Vereinen war es zur Sprache gekommen, daß viele in protestantischen Ländern, namentlich in Norddeutschland, unter Evangelischen zerstreut lebende Katholiken nach dem „Brote des Lebens" hungerten und niemanden fänden, der es ihnen breche. In Pommern, Brandenburg, Schleswig, Holstein, Meklenburg, Braun¬ schweig u. f. w. wohnten oft hundert katholischer Christen in einer Ortschaft, wo es ihnen an einer Kirche, an einer Schule, an einem Priester fehle; jahrelang könnten viele von ihnen nicht zur Feier der „heiligsten Neligions- gehcimnisse" gelangen, müßten der Gnade und Stärke der heiligen Sacramente entbehren und beklagenswerthesterweise beim Tode ihr Auge schließen, ohne die „heilige Wegzehrung" auf die Reise in die Ewigkeit erlangen zu können. Die eigentliche ausgesprochene Aufgabe des Bonifaciusvereins ist es, die „geistlichvcrlassenen Katholiken, vornehmlich Norddeutschlands, „in der Segen spendenden Gemeinschaft der heiligen Mutterkirche zu erhalten." Diese-Aufgabe sollte gelöst werden durch Herbeischaffung von Geldmitteln seitens der Ver^ einsmitglieder zur Begründung und Einrichtung katholischer Kirchen, Schulen und Missionsanstalten, sowie durch Gebete und in Kpvois durch die tägliche Abbetung eines Vaterunsers und eines Ave Marie sammt den Worten: „Heiliger Bonifacius bitte für uns!" Von dem Papste und von Bischöfen ist der Verein durch Zuwendung kirchlicher Beneficien reichlich unterstützt worden und gelang es auch, soweit uns bekannt, in der Mark, in Pommern , in den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/309>, abgerufen am 18.05.2024.