Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

für manche Gewerke Vereinigungen zu gemeinsamen Einkäufen und wol auch
Verkäufen Magazine vortheilhaft sind, obgleich die wohlhabenden Meister sich
gewöhnlich nicht dabei betheiligen. Aus eine noch höhere Stufe müssen wir
die Vereinigung zu gegenseitiger (Geld- oder Arbeits-) Unterstützung für Alter,
Krankheit, Tod und Wittwe stellen, obgleich sie nicht leicht auszuführen und
nur Präservativ ist. Das höchste und beste ist aber und bleibt das vielfache
und doch einfache Mittel von Geschicklichkeit, Solidität, Fleiß und Sparsamkeit.

Wird schließlich gefragt, wer denn eigentlich der Handwerker sei, wer der
dem bevorstehenden, um sich greifenden fabrikmäßigen Betriebe als solcher
allenfalls übrigbleibe, so brauchen wir uns zunächst blos an das Wort zu
halten. Der Handwerker ist der, welcher vermöge der Hand wirkt, d. h. seine
physische Kraft selbst oder persönlich wesentlich auf die Fertigung der Gegen¬
stände verwendet, deshalb der physische Hauptarbeiter der Werkstelle und dabei
insofern selbstständig ist, als er unmittelbar frei an die Konsumenten verkauft.
Wer dagegen durch Capital und auf Grund desselben mehr geistig als physisch
wirkt, also durch Anordnung, Vertheilung der Arbeit u. s. w., der ist der
Fabrikant, selbst wenn er ein Handwerker heißt. Ist auf der einen Seite
wesentlich die Hand -- allerdings nicht ohne den Kopf -- wirksam, so ist es
auf der andern Seite wesentlich der Kopf, aber nur mit Hilfe des Capitals,
wenn auch oft nicht ohne die Hand.




Neue Literatur.
Berühmte Schriftsteller der Deutschen. Schilderungen nach Selbstan¬
schauung, theils auch berühmter Zeitgenossen aus dem Leben von Goethe,
Schiller u. s. w. 2 Bde. Berlin, Vereinsbuchhanolung. --

Der Herr Herausgeber setzt auf dem Titel, wie in der Vorrede hinzu, daß
die Schilderungen bisher in keiner Sammlung vorkommen. Er hätte die Art
und Weise der Entstehung angeben sollen; soviel wir übersehen können, sind
sie sämmtlich aus dem Gesellschafter entnommen; vielleicht sind sie dann aus
dieser Quelle auch in andre Sammlungen übergegangen, und so ist denn jene
Versicherung des Herausgebers nur mit Einschränkungen zu verstehen. -- Die
Schilderungen über Goethe enthalten 126 Seiten, allein in diesen ist sehr wenig
Neues. Die Darstellung von dem Versuch Kotzebues, durch eine feierliche Krö¬
nung Schillers Goethe zu ärgern, ist bereits in Falk, ferner in der kleinen
Schmähschrift gegen Goethe, die nach des Dichters Tode in Weimar erschien,
sehr ausführlich enthalten; in der letzteren, soviel wir uns erinnern, in wört¬
licher Uebereinstimmung mit dem Vorliegenden. Der Brief von Goethes Eltern


für manche Gewerke Vereinigungen zu gemeinsamen Einkäufen und wol auch
Verkäufen Magazine vortheilhaft sind, obgleich die wohlhabenden Meister sich
gewöhnlich nicht dabei betheiligen. Aus eine noch höhere Stufe müssen wir
die Vereinigung zu gegenseitiger (Geld- oder Arbeits-) Unterstützung für Alter,
Krankheit, Tod und Wittwe stellen, obgleich sie nicht leicht auszuführen und
nur Präservativ ist. Das höchste und beste ist aber und bleibt das vielfache
und doch einfache Mittel von Geschicklichkeit, Solidität, Fleiß und Sparsamkeit.

Wird schließlich gefragt, wer denn eigentlich der Handwerker sei, wer der
dem bevorstehenden, um sich greifenden fabrikmäßigen Betriebe als solcher
allenfalls übrigbleibe, so brauchen wir uns zunächst blos an das Wort zu
halten. Der Handwerker ist der, welcher vermöge der Hand wirkt, d. h. seine
physische Kraft selbst oder persönlich wesentlich auf die Fertigung der Gegen¬
stände verwendet, deshalb der physische Hauptarbeiter der Werkstelle und dabei
insofern selbstständig ist, als er unmittelbar frei an die Konsumenten verkauft.
Wer dagegen durch Capital und auf Grund desselben mehr geistig als physisch
wirkt, also durch Anordnung, Vertheilung der Arbeit u. s. w., der ist der
Fabrikant, selbst wenn er ein Handwerker heißt. Ist auf der einen Seite
wesentlich die Hand — allerdings nicht ohne den Kopf — wirksam, so ist es
auf der andern Seite wesentlich der Kopf, aber nur mit Hilfe des Capitals,
wenn auch oft nicht ohne die Hand.




Neue Literatur.
Berühmte Schriftsteller der Deutschen. Schilderungen nach Selbstan¬
schauung, theils auch berühmter Zeitgenossen aus dem Leben von Goethe,
Schiller u. s. w. 2 Bde. Berlin, Vereinsbuchhanolung. —

Der Herr Herausgeber setzt auf dem Titel, wie in der Vorrede hinzu, daß
die Schilderungen bisher in keiner Sammlung vorkommen. Er hätte die Art
und Weise der Entstehung angeben sollen; soviel wir übersehen können, sind
sie sämmtlich aus dem Gesellschafter entnommen; vielleicht sind sie dann aus
dieser Quelle auch in andre Sammlungen übergegangen, und so ist denn jene
Versicherung des Herausgebers nur mit Einschränkungen zu verstehen. — Die
Schilderungen über Goethe enthalten 126 Seiten, allein in diesen ist sehr wenig
Neues. Die Darstellung von dem Versuch Kotzebues, durch eine feierliche Krö¬
nung Schillers Goethe zu ärgern, ist bereits in Falk, ferner in der kleinen
Schmähschrift gegen Goethe, die nach des Dichters Tode in Weimar erschien,
sehr ausführlich enthalten; in der letzteren, soviel wir uns erinnern, in wört¬
licher Uebereinstimmung mit dem Vorliegenden. Der Brief von Goethes Eltern


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99193"/>
          <p xml:id="ID_1170" prev="#ID_1169"> für manche Gewerke Vereinigungen zu gemeinsamen Einkäufen und wol auch<lb/>
Verkäufen Magazine vortheilhaft sind, obgleich die wohlhabenden Meister sich<lb/>
gewöhnlich nicht dabei betheiligen. Aus eine noch höhere Stufe müssen wir<lb/>
die Vereinigung zu gegenseitiger (Geld- oder Arbeits-) Unterstützung für Alter,<lb/>
Krankheit, Tod und Wittwe stellen, obgleich sie nicht leicht auszuführen und<lb/>
nur Präservativ ist. Das höchste und beste ist aber und bleibt das vielfache<lb/>
und doch einfache Mittel von Geschicklichkeit, Solidität, Fleiß und Sparsamkeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1171"> Wird schließlich gefragt, wer denn eigentlich der Handwerker sei, wer der<lb/>
dem bevorstehenden, um sich greifenden fabrikmäßigen Betriebe als solcher<lb/>
allenfalls übrigbleibe, so brauchen wir uns zunächst blos an das Wort zu<lb/>
halten. Der Handwerker ist der, welcher vermöge der Hand wirkt, d. h. seine<lb/>
physische Kraft selbst oder persönlich wesentlich auf die Fertigung der Gegen¬<lb/>
stände verwendet, deshalb der physische Hauptarbeiter der Werkstelle und dabei<lb/>
insofern selbstständig ist, als er unmittelbar frei an die Konsumenten verkauft.<lb/>
Wer dagegen durch Capital und auf Grund desselben mehr geistig als physisch<lb/>
wirkt, also durch Anordnung, Vertheilung der Arbeit u. s. w., der ist der<lb/>
Fabrikant, selbst wenn er ein Handwerker heißt. Ist auf der einen Seite<lb/>
wesentlich die Hand &#x2014; allerdings nicht ohne den Kopf &#x2014; wirksam, so ist es<lb/>
auf der andern Seite wesentlich der Kopf, aber nur mit Hilfe des Capitals,<lb/>
wenn auch oft nicht ohne die Hand.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Neue Literatur.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Berühmte Schriftsteller der Deutschen. Schilderungen nach Selbstan¬<lb/>
schauung, theils auch berühmter Zeitgenossen aus dem Leben von Goethe,<lb/>
Schiller u. s. w.  2 Bde.  Berlin, Vereinsbuchhanolung. &#x2014;</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1172" next="#ID_1173"> Der Herr Herausgeber setzt auf dem Titel, wie in der Vorrede hinzu, daß<lb/>
die Schilderungen bisher in keiner Sammlung vorkommen. Er hätte die Art<lb/>
und Weise der Entstehung angeben sollen; soviel wir übersehen können, sind<lb/>
sie sämmtlich aus dem Gesellschafter entnommen; vielleicht sind sie dann aus<lb/>
dieser Quelle auch in andre Sammlungen übergegangen, und so ist denn jene<lb/>
Versicherung des Herausgebers nur mit Einschränkungen zu verstehen. &#x2014; Die<lb/>
Schilderungen über Goethe enthalten 126 Seiten, allein in diesen ist sehr wenig<lb/>
Neues. Die Darstellung von dem Versuch Kotzebues, durch eine feierliche Krö¬<lb/>
nung Schillers Goethe zu ärgern, ist bereits in Falk, ferner in der kleinen<lb/>
Schmähschrift gegen Goethe, die nach des Dichters Tode in Weimar erschien,<lb/>
sehr ausführlich enthalten; in der letzteren, soviel wir uns erinnern, in wört¬<lb/>
licher Uebereinstimmung mit dem Vorliegenden. Der Brief von Goethes Eltern</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0341] für manche Gewerke Vereinigungen zu gemeinsamen Einkäufen und wol auch Verkäufen Magazine vortheilhaft sind, obgleich die wohlhabenden Meister sich gewöhnlich nicht dabei betheiligen. Aus eine noch höhere Stufe müssen wir die Vereinigung zu gegenseitiger (Geld- oder Arbeits-) Unterstützung für Alter, Krankheit, Tod und Wittwe stellen, obgleich sie nicht leicht auszuführen und nur Präservativ ist. Das höchste und beste ist aber und bleibt das vielfache und doch einfache Mittel von Geschicklichkeit, Solidität, Fleiß und Sparsamkeit. Wird schließlich gefragt, wer denn eigentlich der Handwerker sei, wer der dem bevorstehenden, um sich greifenden fabrikmäßigen Betriebe als solcher allenfalls übrigbleibe, so brauchen wir uns zunächst blos an das Wort zu halten. Der Handwerker ist der, welcher vermöge der Hand wirkt, d. h. seine physische Kraft selbst oder persönlich wesentlich auf die Fertigung der Gegen¬ stände verwendet, deshalb der physische Hauptarbeiter der Werkstelle und dabei insofern selbstständig ist, als er unmittelbar frei an die Konsumenten verkauft. Wer dagegen durch Capital und auf Grund desselben mehr geistig als physisch wirkt, also durch Anordnung, Vertheilung der Arbeit u. s. w., der ist der Fabrikant, selbst wenn er ein Handwerker heißt. Ist auf der einen Seite wesentlich die Hand — allerdings nicht ohne den Kopf — wirksam, so ist es auf der andern Seite wesentlich der Kopf, aber nur mit Hilfe des Capitals, wenn auch oft nicht ohne die Hand. Neue Literatur. Berühmte Schriftsteller der Deutschen. Schilderungen nach Selbstan¬ schauung, theils auch berühmter Zeitgenossen aus dem Leben von Goethe, Schiller u. s. w. 2 Bde. Berlin, Vereinsbuchhanolung. — Der Herr Herausgeber setzt auf dem Titel, wie in der Vorrede hinzu, daß die Schilderungen bisher in keiner Sammlung vorkommen. Er hätte die Art und Weise der Entstehung angeben sollen; soviel wir übersehen können, sind sie sämmtlich aus dem Gesellschafter entnommen; vielleicht sind sie dann aus dieser Quelle auch in andre Sammlungen übergegangen, und so ist denn jene Versicherung des Herausgebers nur mit Einschränkungen zu verstehen. — Die Schilderungen über Goethe enthalten 126 Seiten, allein in diesen ist sehr wenig Neues. Die Darstellung von dem Versuch Kotzebues, durch eine feierliche Krö¬ nung Schillers Goethe zu ärgern, ist bereits in Falk, ferner in der kleinen Schmähschrift gegen Goethe, die nach des Dichters Tode in Weimar erschien, sehr ausführlich enthalten; in der letzteren, soviel wir uns erinnern, in wört¬ licher Uebereinstimmung mit dem Vorliegenden. Der Brief von Goethes Eltern

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/341
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/341>, abgerufen am 06.05.2024.