Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Umständen vermöge ihrer Percussivnskraft eine gleiche Anzahl von Menschen
außer Gefecht zu setzen vermag, wie eine gleichschwere, ja nach anderen wie
eine doppelt so schwere eiserne Kartätsche. Hieraus erhellt die Möglichkeit, den
Kartätschschuß seiner ganzen Ausdehnung nach schon jetzt durch Kleingewehr¬
feuer zu ersetzen; wenn noch ein Unterschied zwischen beioen statisinver, wird er
zumeist auf den moralischen FHctor fallen, der im Wirkungsrcsultat des Ge¬
schützes ein größerer ist, wie in dem der Handfeuerwaffe.

Die Action der Artillerie in den Schlachten des ersten Napoleon läßt sich
auf ihre Verwendung bei Einleitung des Gefechts, bei der Vorbereitung der
Entscheidung und bei dieser letzteren selbst zurückführen. Friedrich U., im Gegen¬
satz zu jenem, beschränkte sich darauf, vie Treffen durch eine Kanonade einzu¬
leiten und hinzuhalten; die Entscheidung dagegen war er gewohnt durch den
Stoß seiner Reitermassen zu geben; wo dieses letztlich nicht gelang, räumte er
das Feld. In dieser Hinsicht hat Napoleon I. die Artillerietakuk erweitert unb
sie auf ihren höchsten Standpunkt hinaufgeführt. Was die Entfernungen be¬
trifft, in denen er die Geschützwaffe wirken ließ, so ist klar, daß sie bei Ein¬
leitung der Schlacht unter Umständen die größtmögliche war; daß er die Vor¬
bereitung der Entscheidung aus einer Distance bewirken mußte, welche noch
außerhalb dem Bereich der feindlichen Tirailleurlinie lag, also hier ebenfalls
nur Gelegenheit zur Verwendung des Kugelschusses blieb, und daß endlich der
Augenblick, wo das Kartälschfeuer in Anwendung kam, erst nahete, wenn die
Entscheidung reif war. In diesem Moment beanspruchte die Artillerie aus dem
Schlachtfelde die volle Breite des Terrains, die sür ihre Entwicklung nöthig
war; bis ihr eiserner Hagel Ausschlag gebend gesallen trat die Infanterie mit
ihrer Thätigkeit hinter die Batterien zurück, uno sie vollendete durch Besitznahme
der Position, um die es sich Handelte, nur das, worüber die Feuerschlünde oaS
Wort der Entscheidung gesprochen.

Im Gegensatz dazu will es scheinen, als ob die moderne Taktik andre
Wege wandeln und zunächst bei der Vorbereitung der Entscheidung dem Fetter
des kleinen Gewehrs einen größeren Raum als seither gewähren, letztlich
aber im Besonderen die Arbeit des Ausschlags zwischen ihm und dem Geschütz
theilen wollte. Es ist dies der Standpunkt, von dem aus bei der Vermin-
vernng der Artillerie der französischen Armeen gehandelt zu sein scheint. Ein
letztes Urtheil über die Maßregel kann aber süglich erst die Erfahrung abgeben.




Correspolldenzen.
Pariser'Brief.

-- Man muß der französischen Regierung die Gerechtigkeit
widerfahren lasse", sie hat in jüngster Zeit das Pri'klenn nicht mit Mittheilungen
über die orientalische Expedition belästigt. Mau ijt zur Einsicht gekommen, daß


Umständen vermöge ihrer Percussivnskraft eine gleiche Anzahl von Menschen
außer Gefecht zu setzen vermag, wie eine gleichschwere, ja nach anderen wie
eine doppelt so schwere eiserne Kartätsche. Hieraus erhellt die Möglichkeit, den
Kartätschschuß seiner ganzen Ausdehnung nach schon jetzt durch Kleingewehr¬
feuer zu ersetzen; wenn noch ein Unterschied zwischen beioen statisinver, wird er
zumeist auf den moralischen FHctor fallen, der im Wirkungsrcsultat des Ge¬
schützes ein größerer ist, wie in dem der Handfeuerwaffe.

Die Action der Artillerie in den Schlachten des ersten Napoleon läßt sich
auf ihre Verwendung bei Einleitung des Gefechts, bei der Vorbereitung der
Entscheidung und bei dieser letzteren selbst zurückführen. Friedrich U., im Gegen¬
satz zu jenem, beschränkte sich darauf, vie Treffen durch eine Kanonade einzu¬
leiten und hinzuhalten; die Entscheidung dagegen war er gewohnt durch den
Stoß seiner Reitermassen zu geben; wo dieses letztlich nicht gelang, räumte er
das Feld. In dieser Hinsicht hat Napoleon I. die Artillerietakuk erweitert unb
sie auf ihren höchsten Standpunkt hinaufgeführt. Was die Entfernungen be¬
trifft, in denen er die Geschützwaffe wirken ließ, so ist klar, daß sie bei Ein¬
leitung der Schlacht unter Umständen die größtmögliche war; daß er die Vor¬
bereitung der Entscheidung aus einer Distance bewirken mußte, welche noch
außerhalb dem Bereich der feindlichen Tirailleurlinie lag, also hier ebenfalls
nur Gelegenheit zur Verwendung des Kugelschusses blieb, und daß endlich der
Augenblick, wo das Kartälschfeuer in Anwendung kam, erst nahete, wenn die
Entscheidung reif war. In diesem Moment beanspruchte die Artillerie aus dem
Schlachtfelde die volle Breite des Terrains, die sür ihre Entwicklung nöthig
war; bis ihr eiserner Hagel Ausschlag gebend gesallen trat die Infanterie mit
ihrer Thätigkeit hinter die Batterien zurück, uno sie vollendete durch Besitznahme
der Position, um die es sich Handelte, nur das, worüber die Feuerschlünde oaS
Wort der Entscheidung gesprochen.

Im Gegensatz dazu will es scheinen, als ob die moderne Taktik andre
Wege wandeln und zunächst bei der Vorbereitung der Entscheidung dem Fetter
des kleinen Gewehrs einen größeren Raum als seither gewähren, letztlich
aber im Besonderen die Arbeit des Ausschlags zwischen ihm und dem Geschütz
theilen wollte. Es ist dies der Standpunkt, von dem aus bei der Vermin-
vernng der Artillerie der französischen Armeen gehandelt zu sein scheint. Ein
letztes Urtheil über die Maßregel kann aber süglich erst die Erfahrung abgeben.




Correspolldenzen.
Pariser'Brief.

— Man muß der französischen Regierung die Gerechtigkeit
widerfahren lasse», sie hat in jüngster Zeit das Pri'klenn nicht mit Mittheilungen
über die orientalische Expedition belästigt. Mau ijt zur Einsicht gekommen, daß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99546"/>
            <p xml:id="ID_543" prev="#ID_542"> Umständen vermöge ihrer Percussivnskraft eine gleiche Anzahl von Menschen<lb/>
außer Gefecht zu setzen vermag, wie eine gleichschwere, ja nach anderen wie<lb/>
eine doppelt so schwere eiserne Kartätsche. Hieraus erhellt die Möglichkeit, den<lb/>
Kartätschschuß seiner ganzen Ausdehnung nach schon jetzt durch Kleingewehr¬<lb/>
feuer zu ersetzen; wenn noch ein Unterschied zwischen beioen statisinver, wird er<lb/>
zumeist auf den moralischen FHctor fallen, der im Wirkungsrcsultat des Ge¬<lb/>
schützes ein größerer ist, wie in dem der Handfeuerwaffe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_544"> Die Action der Artillerie in den Schlachten des ersten Napoleon läßt sich<lb/>
auf ihre Verwendung bei Einleitung des Gefechts, bei der Vorbereitung der<lb/>
Entscheidung und bei dieser letzteren selbst zurückführen. Friedrich U., im Gegen¬<lb/>
satz zu jenem, beschränkte sich darauf, vie Treffen durch eine Kanonade einzu¬<lb/>
leiten und hinzuhalten; die Entscheidung dagegen war er gewohnt durch den<lb/>
Stoß seiner Reitermassen zu geben; wo dieses letztlich nicht gelang, räumte er<lb/>
das Feld. In dieser Hinsicht hat Napoleon I. die Artillerietakuk erweitert unb<lb/>
sie auf ihren höchsten Standpunkt hinaufgeführt. Was die Entfernungen be¬<lb/>
trifft, in denen er die Geschützwaffe wirken ließ, so ist klar, daß sie bei Ein¬<lb/>
leitung der Schlacht unter Umständen die größtmögliche war; daß er die Vor¬<lb/>
bereitung der Entscheidung aus einer Distance bewirken mußte, welche noch<lb/>
außerhalb dem Bereich der feindlichen Tirailleurlinie lag, also hier ebenfalls<lb/>
nur Gelegenheit zur Verwendung des Kugelschusses blieb, und daß endlich der<lb/>
Augenblick, wo das Kartälschfeuer in Anwendung kam, erst nahete, wenn die<lb/>
Entscheidung reif war. In diesem Moment beanspruchte die Artillerie aus dem<lb/>
Schlachtfelde die volle Breite des Terrains, die sür ihre Entwicklung nöthig<lb/>
war; bis ihr eiserner Hagel Ausschlag gebend gesallen trat die Infanterie mit<lb/>
ihrer Thätigkeit hinter die Batterien zurück, uno sie vollendete durch Besitznahme<lb/>
der Position, um die es sich Handelte, nur das, worüber die Feuerschlünde oaS<lb/>
Wort der Entscheidung gesprochen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_545"> Im Gegensatz dazu will es scheinen, als ob die moderne Taktik andre<lb/>
Wege wandeln und zunächst bei der Vorbereitung der Entscheidung dem Fetter<lb/>
des kleinen Gewehrs einen größeren Raum als seither gewähren, letztlich<lb/>
aber im Besonderen die Arbeit des Ausschlags zwischen ihm und dem Geschütz<lb/>
theilen wollte. Es ist dies der Standpunkt, von dem aus bei der Vermin-<lb/>
vernng der Artillerie der französischen Armeen gehandelt zu sein scheint. Ein<lb/>
letztes Urtheil über die Maßregel kann aber süglich erst die Erfahrung abgeben.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Correspolldenzen.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Pariser'Brief.</head>
            <p xml:id="ID_546" next="#ID_547"> &#x2014; Man muß der französischen Regierung die Gerechtigkeit<lb/>
widerfahren lasse», sie hat in jüngster Zeit das Pri'klenn nicht mit Mittheilungen<lb/>
über die orientalische Expedition belästigt.  Mau ijt zur Einsicht gekommen, daß</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0160] Umständen vermöge ihrer Percussivnskraft eine gleiche Anzahl von Menschen außer Gefecht zu setzen vermag, wie eine gleichschwere, ja nach anderen wie eine doppelt so schwere eiserne Kartätsche. Hieraus erhellt die Möglichkeit, den Kartätschschuß seiner ganzen Ausdehnung nach schon jetzt durch Kleingewehr¬ feuer zu ersetzen; wenn noch ein Unterschied zwischen beioen statisinver, wird er zumeist auf den moralischen FHctor fallen, der im Wirkungsrcsultat des Ge¬ schützes ein größerer ist, wie in dem der Handfeuerwaffe. Die Action der Artillerie in den Schlachten des ersten Napoleon läßt sich auf ihre Verwendung bei Einleitung des Gefechts, bei der Vorbereitung der Entscheidung und bei dieser letzteren selbst zurückführen. Friedrich U., im Gegen¬ satz zu jenem, beschränkte sich darauf, vie Treffen durch eine Kanonade einzu¬ leiten und hinzuhalten; die Entscheidung dagegen war er gewohnt durch den Stoß seiner Reitermassen zu geben; wo dieses letztlich nicht gelang, räumte er das Feld. In dieser Hinsicht hat Napoleon I. die Artillerietakuk erweitert unb sie auf ihren höchsten Standpunkt hinaufgeführt. Was die Entfernungen be¬ trifft, in denen er die Geschützwaffe wirken ließ, so ist klar, daß sie bei Ein¬ leitung der Schlacht unter Umständen die größtmögliche war; daß er die Vor¬ bereitung der Entscheidung aus einer Distance bewirken mußte, welche noch außerhalb dem Bereich der feindlichen Tirailleurlinie lag, also hier ebenfalls nur Gelegenheit zur Verwendung des Kugelschusses blieb, und daß endlich der Augenblick, wo das Kartälschfeuer in Anwendung kam, erst nahete, wenn die Entscheidung reif war. In diesem Moment beanspruchte die Artillerie aus dem Schlachtfelde die volle Breite des Terrains, die sür ihre Entwicklung nöthig war; bis ihr eiserner Hagel Ausschlag gebend gesallen trat die Infanterie mit ihrer Thätigkeit hinter die Batterien zurück, uno sie vollendete durch Besitznahme der Position, um die es sich Handelte, nur das, worüber die Feuerschlünde oaS Wort der Entscheidung gesprochen. Im Gegensatz dazu will es scheinen, als ob die moderne Taktik andre Wege wandeln und zunächst bei der Vorbereitung der Entscheidung dem Fetter des kleinen Gewehrs einen größeren Raum als seither gewähren, letztlich aber im Besonderen die Arbeit des Ausschlags zwischen ihm und dem Geschütz theilen wollte. Es ist dies der Standpunkt, von dem aus bei der Vermin- vernng der Artillerie der französischen Armeen gehandelt zu sein scheint. Ein letztes Urtheil über die Maßregel kann aber süglich erst die Erfahrung abgeben. Correspolldenzen. Pariser'Brief. — Man muß der französischen Regierung die Gerechtigkeit widerfahren lasse», sie hat in jüngster Zeit das Pri'klenn nicht mit Mittheilungen über die orientalische Expedition belästigt. Mau ijt zur Einsicht gekommen, daß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/160
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/160>, abgerufen am 05.05.2024.