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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Dann fordert der Maienführer in einem Verse auf, vom Leder zu ziehen
und die Fuchtel tapfer zu brauchen. Dies unterbleibt jedoch jetzt, und statt
eines Kampfes reitet man dreimal um den Brunnen, in welchem schließlich
der Psingstbutz gebadet wird, woraus man mit ihm umherzieht und unter dem
Vorgeben, er sei ein Kranker, dem die Doctoren gerathen, sich lieber in Wein
als in Wasser zu baden, von Haus zu Haus kleine Geschenke einsammelt..
Aehnliche und noch weit ausgeführter": und personenreichere kleine Dramen
wurden und werden noch jetzt an andern schwäbischen Orten aufgeführt. Sie
klingen sämmtlich verschroben und unbeholfen genug und laufen schließlich
immer auf eine Bettelei hinaus. Allein hinter der Posse und Grimasse bergen
sich allenthalben Reliquien der Urzeit, und nicht ungereimt ist es, anzunehmen,
daß es einst ein heiliges Kampfspiel war, was hier als plumper Bauernspaß
auftritt, uicht ungereimt, zu vermuthen, daß dieses Spiel in alter Zeit statt
der ungeschlachten, bisweilen auch unfläthigen Reden, welche in Vergessenheit
des Urquells, aus dem der Gebrauch floß, allmäl.eg aufkamen, von würdigeren
Worten begleitet, das symbolische daran deutlicher und reiner, die Haltung
der Mitspielenden feierlicher und gemessener war. Dann aber hätten wir in
diesen schwäbischen Psingstritten in der That die besten Reste des altgerma¬
nischen Maifestes vor Uns.




Die Kunst, dus Handwerk und der Luxus.
Das Decamervn, oder zehn Darstellungen vorzüglicher Formen und Charakter¬
verbindungen aus dem Gebiete der Landschaftsgartcnkunst, mit ausführlichen
Erklärungen von Rudolph Siebeck, Rathsgärtner zu Leipzig, Verfasser
der "bildenden Gartenkunst in ihren modernen Formen". 1. -- 3. Lieferung.
Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. --
Handbuch der höhern Kunstindustrie. Für Gewerbetreibende und Künstler,
sowie für Lehranstalten. Umfaßt in Heften die Abbildungen der hervor¬
ragendsten Werke des Kunstzweiges aus alter und "euer Zeit nach Originalen,
welche sich in Rom, in Neapel, Pompeji, Paris, London, Wien, Berlin,
München :c., außerdem in vielen Villen, Schlössern und Privatsammlungen,
(insbesondre den von Minutoli, Scheltkoff u. A.) befinden; nach eignen
Zeichnungen und den bewährtesten Kupferwerken, namentlich dem Museo
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bekannten großen Berliner Prachtwerke: "Blätter für Fabrikanten und
Handwerker :c. :c." zusammengestellt, nebst einer ausführlichen Kritik und

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Dann fordert der Maienführer in einem Verse auf, vom Leder zu ziehen
und die Fuchtel tapfer zu brauchen. Dies unterbleibt jedoch jetzt, und statt
eines Kampfes reitet man dreimal um den Brunnen, in welchem schließlich
der Psingstbutz gebadet wird, woraus man mit ihm umherzieht und unter dem
Vorgeben, er sei ein Kranker, dem die Doctoren gerathen, sich lieber in Wein
als in Wasser zu baden, von Haus zu Haus kleine Geschenke einsammelt..
Aehnliche und noch weit ausgeführter«: und personenreichere kleine Dramen
wurden und werden noch jetzt an andern schwäbischen Orten aufgeführt. Sie
klingen sämmtlich verschroben und unbeholfen genug und laufen schließlich
immer auf eine Bettelei hinaus. Allein hinter der Posse und Grimasse bergen
sich allenthalben Reliquien der Urzeit, und nicht ungereimt ist es, anzunehmen,
daß es einst ein heiliges Kampfspiel war, was hier als plumper Bauernspaß
auftritt, uicht ungereimt, zu vermuthen, daß dieses Spiel in alter Zeit statt
der ungeschlachten, bisweilen auch unfläthigen Reden, welche in Vergessenheit
des Urquells, aus dem der Gebrauch floß, allmäl.eg aufkamen, von würdigeren
Worten begleitet, das symbolische daran deutlicher und reiner, die Haltung
der Mitspielenden feierlicher und gemessener war. Dann aber hätten wir in
diesen schwäbischen Psingstritten in der That die besten Reste des altgerma¬
nischen Maifestes vor Uns.




Die Kunst, dus Handwerk und der Luxus.
Das Decamervn, oder zehn Darstellungen vorzüglicher Formen und Charakter¬
verbindungen aus dem Gebiete der Landschaftsgartcnkunst, mit ausführlichen
Erklärungen von Rudolph Siebeck, Rathsgärtner zu Leipzig, Verfasser
der „bildenden Gartenkunst in ihren modernen Formen". 1. — 3. Lieferung.
Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. —
Handbuch der höhern Kunstindustrie. Für Gewerbetreibende und Künstler,
sowie für Lehranstalten. Umfaßt in Heften die Abbildungen der hervor¬
ragendsten Werke des Kunstzweiges aus alter und »euer Zeit nach Originalen,
welche sich in Rom, in Neapel, Pompeji, Paris, London, Wien, Berlin,
München :c., außerdem in vielen Villen, Schlössern und Privatsammlungen,
(insbesondre den von Minutoli, Scheltkoff u. A.) befinden; nach eignen
Zeichnungen und den bewährtesten Kupferwerken, namentlich dem Museo
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bekannten großen Berliner Prachtwerke: „Blätter für Fabrikanten und
Handwerker :c. :c." zusammengestellt, nebst einer ausführlichen Kritik und

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[0347] Dann fordert der Maienführer in einem Verse auf, vom Leder zu ziehen und die Fuchtel tapfer zu brauchen. Dies unterbleibt jedoch jetzt, und statt eines Kampfes reitet man dreimal um den Brunnen, in welchem schließlich der Psingstbutz gebadet wird, woraus man mit ihm umherzieht und unter dem Vorgeben, er sei ein Kranker, dem die Doctoren gerathen, sich lieber in Wein als in Wasser zu baden, von Haus zu Haus kleine Geschenke einsammelt.. Aehnliche und noch weit ausgeführter«: und personenreichere kleine Dramen wurden und werden noch jetzt an andern schwäbischen Orten aufgeführt. Sie klingen sämmtlich verschroben und unbeholfen genug und laufen schließlich immer auf eine Bettelei hinaus. Allein hinter der Posse und Grimasse bergen sich allenthalben Reliquien der Urzeit, und nicht ungereimt ist es, anzunehmen, daß es einst ein heiliges Kampfspiel war, was hier als plumper Bauernspaß auftritt, uicht ungereimt, zu vermuthen, daß dieses Spiel in alter Zeit statt der ungeschlachten, bisweilen auch unfläthigen Reden, welche in Vergessenheit des Urquells, aus dem der Gebrauch floß, allmäl.eg aufkamen, von würdigeren Worten begleitet, das symbolische daran deutlicher und reiner, die Haltung der Mitspielenden feierlicher und gemessener war. Dann aber hätten wir in diesen schwäbischen Psingstritten in der That die besten Reste des altgerma¬ nischen Maifestes vor Uns. Die Kunst, dus Handwerk und der Luxus. Das Decamervn, oder zehn Darstellungen vorzüglicher Formen und Charakter¬ verbindungen aus dem Gebiete der Landschaftsgartcnkunst, mit ausführlichen Erklärungen von Rudolph Siebeck, Rathsgärtner zu Leipzig, Verfasser der „bildenden Gartenkunst in ihren modernen Formen". 1. — 3. Lieferung. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. — Handbuch der höhern Kunstindustrie. Für Gewerbetreibende und Künstler, sowie für Lehranstalten. Umfaßt in Heften die Abbildungen der hervor¬ ragendsten Werke des Kunstzweiges aus alter und »euer Zeit nach Originalen, welche sich in Rom, in Neapel, Pompeji, Paris, London, Wien, Berlin, München :c., außerdem in vielen Villen, Schlössern und Privatsammlungen, (insbesondre den von Minutoli, Scheltkoff u. A.) befinden; nach eignen Zeichnungen und den bewährtesten Kupferwerken, namentlich dem Museo ltorliouivu, sin««» I'lo-LlvmLutiaoKlusüv <j«s ^nUqu«>s, pig»Fu»r!,8 „gi-ori» llollu 8vu!l,in'it", Du !>in»in<zun'as -V»n,un: „l^es ni'is un mu^en ÄFe" , dem bekannten großen Berliner Prachtwerke: „Blätter für Fabrikanten und Handwerker :c. :c." zusammengestellt, nebst einer ausführlichen Kritik und 43 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/347>, abgerufen am 06.05.2024.