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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Neue historische Schriften.
Das deutsche Volk, dargestellt in Bergan gerben und Ge genwart, zur
Begründung der Zukunft. Leipzig, T. O. Weigel. -I8SL. --

Diese von uns schon mehrfach angeführte schätzenswerthe Sammlung ist
durch mehre neue Beiträge bereichert worden. Der bedeutendste darunter ist
eine Monographie über den General Pappenheim von Johann Eduard Heß,
ein sehr fleißig und sorgfältig ausgearbeitetes Werk, fast ausschließlich nach
Urkunden bearbeitet, die Frucht jahrelanger Studien über den dreißigjährigen
Krieg und ein höchst "richtiger Beitrag zum Verständniß jener merkwürdigen
Zeit. Wir wünschten lebhaft, daß in ähnlichen Monographien auf das De¬
tail der Geschichte näher eingegangen würde, da wir an allgemeinen Ueber¬
sichten keinen Mangel haben, und da es jetzt vorzugsweise darauf ankommt,
uns mit den kleinen Zuständen und Entwicklungen vertraut zu machen, die
der gewöhnliche Geschichtschreiber in seinem eiligen Lauf übersieht. -- Die Ge¬
schichte des deutschen Kriegswesens von Barthold ist noch nicht weiter ge¬
führt worden. Wir behalten uns vor, nach dem Erscheinen der beiden folgen--
den Bände darauf zurückzukommen -- Ebenso können wir über die Geschichte
der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts von I. W. Schäfer nur einige
vorläufige Bemerkungen machen. Schäfer hat sich durch seine Biographie
Goethes, obgleich dieselbe vielleicht etwas trockener ist, als zu wünschen wäre,
das große Verdienst erworben, in einer leicht faßlichen und doch im Ganzen
vollständigen Uebersicht die innere Geschichte des Dichters dem deutsche" Publi-
cum näher zu bringen. Wenn wir den Plan des gegenwärtigen Werks rich¬
tig verstehen, so will der Verfasser vorzugsweise auf diejenigen Beziehungen
eingehen, die in einer allgemeinern Literaturgeschichte nothwendig zurücktreten,
nämlich auf die besondern Verhältnisse, unter denen die geistige Thätigkeit
auch der minder bedeutenden Schriftsteller gedieh und sich geltend machte, das
stillere Wirken ihres Einflusses in den engern Kreisen u. s. w. In der Vor¬
rede bemerkt der Verfasser, daß das Verfahren vor allem in der Literatur des
vorigen Jahrhunderts seine Berechtigung hat, in welchem der Persönlichkeit
der Autoren ein weiterer Spielraum vergönnt war, und die geistige Richtung
der Nation weit mehr durch die Schriftsteller bestimmt und geleitet ward, als
diese zu sich heranzog und beherrschte. Wir können diese Methode für den
Zweck des gegenwärtigen Werks nur billigen, denn eine eigentlich kritische
Geschichte der Literatur, der es mehr darauf ankommt, die bleibenden
Leistungen zu constatiren und die Spreu vom Weizen zu sondern, ist für
ein unbefangenes Lesebuch keine angemessene Aufgabe. Wenn man dagegen
aus die Beziehungen der Schriftsteller zum wirklichen Leben eingeht, sie aus


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Neue historische Schriften.
Das deutsche Volk, dargestellt in Bergan gerben und Ge genwart, zur
Begründung der Zukunft. Leipzig, T. O. Weigel. -I8SL. —

Diese von uns schon mehrfach angeführte schätzenswerthe Sammlung ist
durch mehre neue Beiträge bereichert worden. Der bedeutendste darunter ist
eine Monographie über den General Pappenheim von Johann Eduard Heß,
ein sehr fleißig und sorgfältig ausgearbeitetes Werk, fast ausschließlich nach
Urkunden bearbeitet, die Frucht jahrelanger Studien über den dreißigjährigen
Krieg und ein höchst »richtiger Beitrag zum Verständniß jener merkwürdigen
Zeit. Wir wünschten lebhaft, daß in ähnlichen Monographien auf das De¬
tail der Geschichte näher eingegangen würde, da wir an allgemeinen Ueber¬
sichten keinen Mangel haben, und da es jetzt vorzugsweise darauf ankommt,
uns mit den kleinen Zuständen und Entwicklungen vertraut zu machen, die
der gewöhnliche Geschichtschreiber in seinem eiligen Lauf übersieht. — Die Ge¬
schichte des deutschen Kriegswesens von Barthold ist noch nicht weiter ge¬
führt worden. Wir behalten uns vor, nach dem Erscheinen der beiden folgen--
den Bände darauf zurückzukommen — Ebenso können wir über die Geschichte
der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts von I. W. Schäfer nur einige
vorläufige Bemerkungen machen. Schäfer hat sich durch seine Biographie
Goethes, obgleich dieselbe vielleicht etwas trockener ist, als zu wünschen wäre,
das große Verdienst erworben, in einer leicht faßlichen und doch im Ganzen
vollständigen Uebersicht die innere Geschichte des Dichters dem deutsche» Publi-
cum näher zu bringen. Wenn wir den Plan des gegenwärtigen Werks rich¬
tig verstehen, so will der Verfasser vorzugsweise auf diejenigen Beziehungen
eingehen, die in einer allgemeinern Literaturgeschichte nothwendig zurücktreten,
nämlich auf die besondern Verhältnisse, unter denen die geistige Thätigkeit
auch der minder bedeutenden Schriftsteller gedieh und sich geltend machte, das
stillere Wirken ihres Einflusses in den engern Kreisen u. s. w. In der Vor¬
rede bemerkt der Verfasser, daß das Verfahren vor allem in der Literatur des
vorigen Jahrhunderts seine Berechtigung hat, in welchem der Persönlichkeit
der Autoren ein weiterer Spielraum vergönnt war, und die geistige Richtung
der Nation weit mehr durch die Schriftsteller bestimmt und geleitet ward, als
diese zu sich heranzog und beherrschte. Wir können diese Methode für den
Zweck des gegenwärtigen Werks nur billigen, denn eine eigentlich kritische
Geschichte der Literatur, der es mehr darauf ankommt, die bleibenden
Leistungen zu constatiren und die Spreu vom Weizen zu sondern, ist für
ein unbefangenes Lesebuch keine angemessene Aufgabe. Wenn man dagegen
aus die Beziehungen der Schriftsteller zum wirklichen Leben eingeht, sie aus


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[0211] Neue historische Schriften. Das deutsche Volk, dargestellt in Bergan gerben und Ge genwart, zur Begründung der Zukunft. Leipzig, T. O. Weigel. -I8SL. — Diese von uns schon mehrfach angeführte schätzenswerthe Sammlung ist durch mehre neue Beiträge bereichert worden. Der bedeutendste darunter ist eine Monographie über den General Pappenheim von Johann Eduard Heß, ein sehr fleißig und sorgfältig ausgearbeitetes Werk, fast ausschließlich nach Urkunden bearbeitet, die Frucht jahrelanger Studien über den dreißigjährigen Krieg und ein höchst »richtiger Beitrag zum Verständniß jener merkwürdigen Zeit. Wir wünschten lebhaft, daß in ähnlichen Monographien auf das De¬ tail der Geschichte näher eingegangen würde, da wir an allgemeinen Ueber¬ sichten keinen Mangel haben, und da es jetzt vorzugsweise darauf ankommt, uns mit den kleinen Zuständen und Entwicklungen vertraut zu machen, die der gewöhnliche Geschichtschreiber in seinem eiligen Lauf übersieht. — Die Ge¬ schichte des deutschen Kriegswesens von Barthold ist noch nicht weiter ge¬ führt worden. Wir behalten uns vor, nach dem Erscheinen der beiden folgen-- den Bände darauf zurückzukommen — Ebenso können wir über die Geschichte der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts von I. W. Schäfer nur einige vorläufige Bemerkungen machen. Schäfer hat sich durch seine Biographie Goethes, obgleich dieselbe vielleicht etwas trockener ist, als zu wünschen wäre, das große Verdienst erworben, in einer leicht faßlichen und doch im Ganzen vollständigen Uebersicht die innere Geschichte des Dichters dem deutsche» Publi- cum näher zu bringen. Wenn wir den Plan des gegenwärtigen Werks rich¬ tig verstehen, so will der Verfasser vorzugsweise auf diejenigen Beziehungen eingehen, die in einer allgemeinern Literaturgeschichte nothwendig zurücktreten, nämlich auf die besondern Verhältnisse, unter denen die geistige Thätigkeit auch der minder bedeutenden Schriftsteller gedieh und sich geltend machte, das stillere Wirken ihres Einflusses in den engern Kreisen u. s. w. In der Vor¬ rede bemerkt der Verfasser, daß das Verfahren vor allem in der Literatur des vorigen Jahrhunderts seine Berechtigung hat, in welchem der Persönlichkeit der Autoren ein weiterer Spielraum vergönnt war, und die geistige Richtung der Nation weit mehr durch die Schriftsteller bestimmt und geleitet ward, als diese zu sich heranzog und beherrschte. Wir können diese Methode für den Zweck des gegenwärtigen Werks nur billigen, denn eine eigentlich kritische Geschichte der Literatur, der es mehr darauf ankommt, die bleibenden Leistungen zu constatiren und die Spreu vom Weizen zu sondern, ist für ein unbefangenes Lesebuch keine angemessene Aufgabe. Wenn man dagegen aus die Beziehungen der Schriftsteller zum wirklichen Leben eingeht, sie aus 26*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/211>, abgerufen am 01.05.2024.