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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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demselben herleitet und darauf wieder zurückbezicht, so wird dadurch ein Stück
deutschen Lebens hergestellt, welches das Verständniß unsrer eignen Zustände
nur fördern kann. -- Vollendet ist ein anderes Werk: "Mythe, Sage, Mähre
und Fabel im Leben und Bewußtsein des deutschen Volks;" 3 Bände, von
Ludwig Bechstein. Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, den poetischen
Inhalt, den das Volk gewissermaßen selbst producirt, in seinem innern Zu¬
sammenhang zu entwickeln. Er sucht zunächst das Gebiet der Sage als ur¬
sprüngliche Form des religiösen Bewußtseins festzustellen, geht dann auf den
Einfluß ein, den schriftliche Auffassungen aus die Vorstellungen des Volks
ausübten, und verfolgt diesen Einfluß bis in die neueste Zeit, wo die Märchen¬
dichtung nicht mehr naturwüchsig, sondern mit einer gewissen Reflexion aus¬
geübt wird; dann sucht er die Sagen geographisch zu ordnen, an die Besonder¬
heiten der deutschen Volksstämme und ihre sittliche Bestimmtheit anzuknüpfen;
zuletzt gibt er eine literarhistorische Uebersicht über die gelehrten und poetischen
Arbeiten, die in sein Fach einschlagen. -- Das Studium des germanischen
Alterthums, so außerordentlich bedeutende Arbeiten es auch bereits hervorgebracht
hat, ist doch immer noch erst in der Periode des Werdens, und die Gelehrten,
denen die kritische Sonderung des Echten und Unechten obliegt, können durch
frühzeitige Popularisirung ihrer Forschungen nicht grade erbaut werden. Auf
der andern Seite hat aber auch das Volk das Recht, eine vorläufige Einsicht
in dieses ihm so naheliegende Feld zu verlangen, und so werden dergleichen
Arbeiten, so unfertig sie auch sein mögen, immer mit Dank aufgenommen wer¬
den. Wir hätten nur gewünscht, daß der Verfasser den belletristischen Schrift¬
steller weniger hervortreten ließe, als es geschehen ist.--


Lss ni ki is lorique sur los I'novi ut lauf ol l' iII 6ö pv n ,l s "<z e <l v 1" 8öl'l"it!
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I^el^ig, uro^KIiiius. --

Ein höchst werthvolles und nach gewissenhaften Studien ausgearbeitetes
Werk, welches umsomehr als eine Quelle für die serbische Geschichte angesehen
werden kann, da der Verfasser bei seinem langjährigen Aufenthalte in jenen
Gegenden sich eine lebendige Anschauung der wirklichen Zustände erworben
hat. Daß er das Land, welches ihm werth geworden ist, in seiner allgemein
historischen Bedeutung überschätzt, darf man ihm nicht verargen, da dieses
Urtheil auf seine Darstellung keinen Einfluß ausübt. So groß oder so ge¬
ring der innere Werth jener Zustände sein mag, in ihnen liegt eines von bete
am schwersten zu lösenden Räthseln der europäischen Zukunft verborgen. So
günstig auch im gegenwärtigen Augenblick die öffentliche Meinung für die
Türken gestimmt ist, weniger aus innerer Sympathie, als aus Haß gegen


demselben herleitet und darauf wieder zurückbezicht, so wird dadurch ein Stück
deutschen Lebens hergestellt, welches das Verständniß unsrer eignen Zustände
nur fördern kann. — Vollendet ist ein anderes Werk: „Mythe, Sage, Mähre
und Fabel im Leben und Bewußtsein des deutschen Volks;" 3 Bände, von
Ludwig Bechstein. Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, den poetischen
Inhalt, den das Volk gewissermaßen selbst producirt, in seinem innern Zu¬
sammenhang zu entwickeln. Er sucht zunächst das Gebiet der Sage als ur¬
sprüngliche Form des religiösen Bewußtseins festzustellen, geht dann auf den
Einfluß ein, den schriftliche Auffassungen aus die Vorstellungen des Volks
ausübten, und verfolgt diesen Einfluß bis in die neueste Zeit, wo die Märchen¬
dichtung nicht mehr naturwüchsig, sondern mit einer gewissen Reflexion aus¬
geübt wird; dann sucht er die Sagen geographisch zu ordnen, an die Besonder¬
heiten der deutschen Volksstämme und ihre sittliche Bestimmtheit anzuknüpfen;
zuletzt gibt er eine literarhistorische Uebersicht über die gelehrten und poetischen
Arbeiten, die in sein Fach einschlagen. — Das Studium des germanischen
Alterthums, so außerordentlich bedeutende Arbeiten es auch bereits hervorgebracht
hat, ist doch immer noch erst in der Periode des Werdens, und die Gelehrten,
denen die kritische Sonderung des Echten und Unechten obliegt, können durch
frühzeitige Popularisirung ihrer Forschungen nicht grade erbaut werden. Auf
der andern Seite hat aber auch das Volk das Recht, eine vorläufige Einsicht
in dieses ihm so naheliegende Feld zu verlangen, und so werden dergleichen
Arbeiten, so unfertig sie auch sein mögen, immer mit Dank aufgenommen wer¬
den. Wir hätten nur gewünscht, daß der Verfasser den belletristischen Schrift¬
steller weniger hervortreten ließe, als es geschehen ist.—


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Ein höchst werthvolles und nach gewissenhaften Studien ausgearbeitetes
Werk, welches umsomehr als eine Quelle für die serbische Geschichte angesehen
werden kann, da der Verfasser bei seinem langjährigen Aufenthalte in jenen
Gegenden sich eine lebendige Anschauung der wirklichen Zustände erworben
hat. Daß er das Land, welches ihm werth geworden ist, in seiner allgemein
historischen Bedeutung überschätzt, darf man ihm nicht verargen, da dieses
Urtheil auf seine Darstellung keinen Einfluß ausübt. So groß oder so ge¬
ring der innere Werth jener Zustände sein mag, in ihnen liegt eines von bete
am schwersten zu lösenden Räthseln der europäischen Zukunft verborgen. So
günstig auch im gegenwärtigen Augenblick die öffentliche Meinung für die
Türken gestimmt ist, weniger aus innerer Sympathie, als aus Haß gegen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/212>, abgerufen am 16.05.2024.