Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Silber, das, als die Banknoten 18L8 Zwangscours erhielten, großentheils
fortströmte, nach Osten geflossen ist, und nicht, was etwa von deutschem Silber
abgeführt wurde, das durch die starken Zettelemissionen in Deutschland aus
kurze Zeit überflüssig wurde.

Unser Ergebniß ist: Der Silberabfluß wird nicht in gleicher Stärke fort¬
dauern , die Unzuträglichkeiten aber, die ein Uebergang zur Goldwährung jetzt
für Deutschland bieten müßte, glauben wir erwiesen zu haben. Nur schließlich
möge die Bemerkung noch Platz finden, daß, wenn man gesagt hat, die jetzige
Geldkrists habe ihren Grund darin, daß zu wenig baares Geld vorhanden
sei, das Silber fließe ab und unsere Währungsverhältnisse hinderten das
Gold zuzuströmen, -- dies auf einer unverzeihlicher Verwechslung von Gold
und Capital beruht, nicht an Gold fehlte es uns, sondern an disponiblen Ca¬
pital, um die ungeheure Masse der begonnenen Unternehmungen weiterzuführen.




Die Ellttvicklmlg Brasiliens.

I^o jj>6sit pur LInu'Ich Ki^dann. ?"ris 1866.

Die Losreißung der Vereinigten Staaten von England wirkte magisch
auf ganz Amerika, die französische Revolution, welche derselben rasch folgte,
entzündete die Köpfe noch mehr, die Schwächung der pyrenäischen Halbinsel
durch den napoleonischen Krieg gab ihren Kolonien die Gelegenheit zum Unab¬
hängigkeitskampf. Die Kolonien entfalteten einen oft heroischen Muth und
setzten die Losreißung von Spanien durch, aber das Autoritätsprincip des
Katholicismus, unter dem die Romanen standen, war eine schlechte Schule für
republikanische Selbstregierung gewesen. Die Folgen waren unausbleiblich, eine
Reihe unglücklicher Revolutionen, permanenter Bürgerkrieg, tiefste Zerrüttung aller
Verhältnisse bilden die traurige Geschichte der Mittel- und südamerikanischen
Republiken. Wir wollen dieselbe hier nicht weiter verfolgen und nur sehen,
wie der größte der neugeschaffenen südamerikanischen Staaten, Brasilien, diesem
Loose durch ein glückliches Geschick entging, indem er sich vor blinder Nach-
ahmung Nordamerikas bewahrte und allein die Monarchie festhielt. Die
Verhältnisse waren hier schon an sich günstiger. Während der Zeit der gefähr¬
lichsten Gährung hielt die persönliche Anwesenheit des Königs Johann VI.,
der vor den Franzosen 1807 von Lissabon nach Rio Janeiro geflüchtet war,
den Ausbruch einer Revolution zurück; als derselbe -I8S-I nach Portugal zu¬
rückging und der Aufstand ausbrach, -erkannte sein Sohn, den er als Re-


Silber, das, als die Banknoten 18L8 Zwangscours erhielten, großentheils
fortströmte, nach Osten geflossen ist, und nicht, was etwa von deutschem Silber
abgeführt wurde, das durch die starken Zettelemissionen in Deutschland aus
kurze Zeit überflüssig wurde.

Unser Ergebniß ist: Der Silberabfluß wird nicht in gleicher Stärke fort¬
dauern , die Unzuträglichkeiten aber, die ein Uebergang zur Goldwährung jetzt
für Deutschland bieten müßte, glauben wir erwiesen zu haben. Nur schließlich
möge die Bemerkung noch Platz finden, daß, wenn man gesagt hat, die jetzige
Geldkrists habe ihren Grund darin, daß zu wenig baares Geld vorhanden
sei, das Silber fließe ab und unsere Währungsverhältnisse hinderten das
Gold zuzuströmen, — dies auf einer unverzeihlicher Verwechslung von Gold
und Capital beruht, nicht an Gold fehlte es uns, sondern an disponiblen Ca¬
pital, um die ungeheure Masse der begonnenen Unternehmungen weiterzuführen.




Die Ellttvicklmlg Brasiliens.

I^o jj>6sit pur LInu'Ich Ki^dann. ?»ris 1866.

Die Losreißung der Vereinigten Staaten von England wirkte magisch
auf ganz Amerika, die französische Revolution, welche derselben rasch folgte,
entzündete die Köpfe noch mehr, die Schwächung der pyrenäischen Halbinsel
durch den napoleonischen Krieg gab ihren Kolonien die Gelegenheit zum Unab¬
hängigkeitskampf. Die Kolonien entfalteten einen oft heroischen Muth und
setzten die Losreißung von Spanien durch, aber das Autoritätsprincip des
Katholicismus, unter dem die Romanen standen, war eine schlechte Schule für
republikanische Selbstregierung gewesen. Die Folgen waren unausbleiblich, eine
Reihe unglücklicher Revolutionen, permanenter Bürgerkrieg, tiefste Zerrüttung aller
Verhältnisse bilden die traurige Geschichte der Mittel- und südamerikanischen
Republiken. Wir wollen dieselbe hier nicht weiter verfolgen und nur sehen,
wie der größte der neugeschaffenen südamerikanischen Staaten, Brasilien, diesem
Loose durch ein glückliches Geschick entging, indem er sich vor blinder Nach-
ahmung Nordamerikas bewahrte und allein die Monarchie festhielt. Die
Verhältnisse waren hier schon an sich günstiger. Während der Zeit der gefähr¬
lichsten Gährung hielt die persönliche Anwesenheit des Königs Johann VI.,
der vor den Franzosen 1807 von Lissabon nach Rio Janeiro geflüchtet war,
den Ausbruch einer Revolution zurück; als derselbe -I8S-I nach Portugal zu¬
rückging und der Aufstand ausbrach, -erkannte sein Sohn, den er als Re-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103148"/>
          <p xml:id="ID_20" prev="#ID_19"> Silber, das, als die Banknoten 18L8 Zwangscours erhielten, großentheils<lb/>
fortströmte, nach Osten geflossen ist, und nicht, was etwa von deutschem Silber<lb/>
abgeführt wurde, das durch die starken Zettelemissionen in Deutschland aus<lb/>
kurze Zeit überflüssig wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_21"> Unser Ergebniß ist: Der Silberabfluß wird nicht in gleicher Stärke fort¬<lb/>
dauern , die Unzuträglichkeiten aber, die ein Uebergang zur Goldwährung jetzt<lb/>
für Deutschland bieten müßte, glauben wir erwiesen zu haben. Nur schließlich<lb/>
möge die Bemerkung noch Platz finden, daß, wenn man gesagt hat, die jetzige<lb/>
Geldkrists habe ihren Grund darin, daß zu wenig baares Geld vorhanden<lb/>
sei, das Silber fließe ab und unsere Währungsverhältnisse hinderten das<lb/>
Gold zuzuströmen, &#x2014; dies auf einer unverzeihlicher Verwechslung von Gold<lb/>
und Capital beruht, nicht an Gold fehlte es uns, sondern an disponiblen Ca¬<lb/>
pital, um die ungeheure Masse der begonnenen Unternehmungen weiterzuführen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Ellttvicklmlg Brasiliens.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_22"> I^o jj&gt;6sit pur LInu'Ich Ki^dann.  ?»ris 1866.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_23" next="#ID_24"> Die Losreißung der Vereinigten Staaten von England wirkte magisch<lb/>
auf ganz Amerika, die französische Revolution, welche derselben rasch folgte,<lb/>
entzündete die Köpfe noch mehr, die Schwächung der pyrenäischen Halbinsel<lb/>
durch den napoleonischen Krieg gab ihren Kolonien die Gelegenheit zum Unab¬<lb/>
hängigkeitskampf. Die Kolonien entfalteten einen oft heroischen Muth und<lb/>
setzten die Losreißung von Spanien durch, aber das Autoritätsprincip des<lb/>
Katholicismus, unter dem die Romanen standen, war eine schlechte Schule für<lb/>
republikanische Selbstregierung gewesen. Die Folgen waren unausbleiblich, eine<lb/>
Reihe unglücklicher Revolutionen, permanenter Bürgerkrieg, tiefste Zerrüttung aller<lb/>
Verhältnisse bilden die traurige Geschichte der Mittel- und südamerikanischen<lb/>
Republiken. Wir wollen dieselbe hier nicht weiter verfolgen und nur sehen,<lb/>
wie der größte der neugeschaffenen südamerikanischen Staaten, Brasilien, diesem<lb/>
Loose durch ein glückliches Geschick entging, indem er sich vor blinder Nach-<lb/>
ahmung Nordamerikas bewahrte und allein die Monarchie festhielt. Die<lb/>
Verhältnisse waren hier schon an sich günstiger. Während der Zeit der gefähr¬<lb/>
lichsten Gährung hielt die persönliche Anwesenheit des Königs Johann VI.,<lb/>
der vor den Franzosen 1807 von Lissabon nach Rio Janeiro geflüchtet war,<lb/>
den Ausbruch einer Revolution zurück; als derselbe -I8S-I nach Portugal zu¬<lb/>
rückging und der Aufstand ausbrach, -erkannte sein Sohn, den er als Re-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0015] Silber, das, als die Banknoten 18L8 Zwangscours erhielten, großentheils fortströmte, nach Osten geflossen ist, und nicht, was etwa von deutschem Silber abgeführt wurde, das durch die starken Zettelemissionen in Deutschland aus kurze Zeit überflüssig wurde. Unser Ergebniß ist: Der Silberabfluß wird nicht in gleicher Stärke fort¬ dauern , die Unzuträglichkeiten aber, die ein Uebergang zur Goldwährung jetzt für Deutschland bieten müßte, glauben wir erwiesen zu haben. Nur schließlich möge die Bemerkung noch Platz finden, daß, wenn man gesagt hat, die jetzige Geldkrists habe ihren Grund darin, daß zu wenig baares Geld vorhanden sei, das Silber fließe ab und unsere Währungsverhältnisse hinderten das Gold zuzuströmen, — dies auf einer unverzeihlicher Verwechslung von Gold und Capital beruht, nicht an Gold fehlte es uns, sondern an disponiblen Ca¬ pital, um die ungeheure Masse der begonnenen Unternehmungen weiterzuführen. Die Ellttvicklmlg Brasiliens. I^o jj>6sit pur LInu'Ich Ki^dann. ?»ris 1866. Die Losreißung der Vereinigten Staaten von England wirkte magisch auf ganz Amerika, die französische Revolution, welche derselben rasch folgte, entzündete die Köpfe noch mehr, die Schwächung der pyrenäischen Halbinsel durch den napoleonischen Krieg gab ihren Kolonien die Gelegenheit zum Unab¬ hängigkeitskampf. Die Kolonien entfalteten einen oft heroischen Muth und setzten die Losreißung von Spanien durch, aber das Autoritätsprincip des Katholicismus, unter dem die Romanen standen, war eine schlechte Schule für republikanische Selbstregierung gewesen. Die Folgen waren unausbleiblich, eine Reihe unglücklicher Revolutionen, permanenter Bürgerkrieg, tiefste Zerrüttung aller Verhältnisse bilden die traurige Geschichte der Mittel- und südamerikanischen Republiken. Wir wollen dieselbe hier nicht weiter verfolgen und nur sehen, wie der größte der neugeschaffenen südamerikanischen Staaten, Brasilien, diesem Loose durch ein glückliches Geschick entging, indem er sich vor blinder Nach- ahmung Nordamerikas bewahrte und allein die Monarchie festhielt. Die Verhältnisse waren hier schon an sich günstiger. Während der Zeit der gefähr¬ lichsten Gährung hielt die persönliche Anwesenheit des Königs Johann VI., der vor den Franzosen 1807 von Lissabon nach Rio Janeiro geflüchtet war, den Ausbruch einer Revolution zurück; als derselbe -I8S-I nach Portugal zu¬ rückging und der Aufstand ausbrach, -erkannte sein Sohn, den er als Re-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/15
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/15>, abgerufen am 27.04.2024.