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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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freundlich drein sieht, wenn man ihm Hörner aufsetzt. Damit mag denn auch
das vorbei sein.

Leißrings Rolle im Vorspiel müssen wir Cordemann geben. Die Reime
sind nicht schwer zu lernen, und er wird ja wohl diese Rolle noch zu der
andern liefern. Ich schicke das Vorspiel, in dem Einiges verändert ist, viel¬
leicht heute noch mit.

Haben Sie die Güte, alles vorzubereiten, vom 10ten an soll alsdann
alles rasch hintereinander gehen.

Zu Detouches Annahme wünsche ich Glück, unter die Punctation habe
ich meinen Beifall geschrieben. Wir müssen nun zusehen, daß wir bald wich¬
tige Opern zusammenschaffen, um ihn zu beschäftigen, als "Iphigenia", "Arur"
u. s. w. Unser künftiger Winter muß brillanter anfangen, als der ver¬
gangene.

Da meine Arbeiten hier gut gegangen sind und ich in den nächsten acht
Tagen noch etwas vor mich bringen kann, so werde ich mit Vergnügen wieder
in Weimar sein und an den dortigen Geschäften und Beschäftigungen wieder
Theil nehmen, wo ich Sie denn recht wohl und vergnügt anzutreffen hoffe.


G."

Jena am 2. April 1799.




Literaturgeschichte.
Goethes Leben und Schriften. Von G. H. Lewes. Uebersetzt von Vr.
Julius Frese. Erster Band. Berlin, Franz Duncker. --

Es ist nicht seit heute oder gestern, daß sich die Engländer mit dem
Studium der deutschen Literatur beschäftigen. Sie sind ihr fast von der Zeit
ihrer ersten Blüte an mit ernster Aufmerksamkeit gefolgt, und es ist namentlich
Goethes imposante Erscheinung, die ihnen seit dem Anfang deö Jahrhunderts
Ehrfurcht und Bewunderung abgezwungen hat. Der Dichter, an den sich die
Wiedergeburt der englischen Poesie knüpft, W. Scott , trat zuerst mit Ueber¬
setzungen aus Goethe auf. Der genialste unter den jüngern Dichtern, Lord
Byron, nannte den großen Deutschen seinen Meister, und die Schule Shelleys
und Carlyles, die von unbedeutenden Anfängen ausgehend immer schneller an
Ansetzn und Popularität gewachsen ist, bewegt sich fast ausschließlich im Kreise
faustischer Probleme. Aber wie sehr es ihnen gelungen ist, in das Leben
und Schaffen dieses so vielfach verkannten großen Dichters einzudringen, das
haben wir zuerst aus dem vorliegenden Buch, und zwar mit einiger Über¬
raschung erfahren. Ja, es erregt ein gewisses Gefühl des Neides, daß man
es für nöthig gehalten hat, es ins Deutsche zu übersetzen. Seit einem


freundlich drein sieht, wenn man ihm Hörner aufsetzt. Damit mag denn auch
das vorbei sein.

Leißrings Rolle im Vorspiel müssen wir Cordemann geben. Die Reime
sind nicht schwer zu lernen, und er wird ja wohl diese Rolle noch zu der
andern liefern. Ich schicke das Vorspiel, in dem Einiges verändert ist, viel¬
leicht heute noch mit.

Haben Sie die Güte, alles vorzubereiten, vom 10ten an soll alsdann
alles rasch hintereinander gehen.

Zu Detouches Annahme wünsche ich Glück, unter die Punctation habe
ich meinen Beifall geschrieben. Wir müssen nun zusehen, daß wir bald wich¬
tige Opern zusammenschaffen, um ihn zu beschäftigen, als „Iphigenia", „Arur"
u. s. w. Unser künftiger Winter muß brillanter anfangen, als der ver¬
gangene.

Da meine Arbeiten hier gut gegangen sind und ich in den nächsten acht
Tagen noch etwas vor mich bringen kann, so werde ich mit Vergnügen wieder
in Weimar sein und an den dortigen Geschäften und Beschäftigungen wieder
Theil nehmen, wo ich Sie denn recht wohl und vergnügt anzutreffen hoffe.


G."

Jena am 2. April 1799.




Literaturgeschichte.
Goethes Leben und Schriften. Von G. H. Lewes. Uebersetzt von Vr.
Julius Frese. Erster Band. Berlin, Franz Duncker. —

Es ist nicht seit heute oder gestern, daß sich die Engländer mit dem
Studium der deutschen Literatur beschäftigen. Sie sind ihr fast von der Zeit
ihrer ersten Blüte an mit ernster Aufmerksamkeit gefolgt, und es ist namentlich
Goethes imposante Erscheinung, die ihnen seit dem Anfang deö Jahrhunderts
Ehrfurcht und Bewunderung abgezwungen hat. Der Dichter, an den sich die
Wiedergeburt der englischen Poesie knüpft, W. Scott , trat zuerst mit Ueber¬
setzungen aus Goethe auf. Der genialste unter den jüngern Dichtern, Lord
Byron, nannte den großen Deutschen seinen Meister, und die Schule Shelleys
und Carlyles, die von unbedeutenden Anfängen ausgehend immer schneller an
Ansetzn und Popularität gewachsen ist, bewegt sich fast ausschließlich im Kreise
faustischer Probleme. Aber wie sehr es ihnen gelungen ist, in das Leben
und Schaffen dieses so vielfach verkannten großen Dichters einzudringen, das
haben wir zuerst aus dem vorliegenden Buch, und zwar mit einiger Über¬
raschung erfahren. Ja, es erregt ein gewisses Gefühl des Neides, daß man
es für nöthig gehalten hat, es ins Deutsche zu übersetzen. Seit einem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/270>, abgerufen am 27.04.2024.