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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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haßtheit können wir ebenfalls nur als übel gewählte Werkzeuge der propagandisti¬
schen Bestrebungen betrachten, zumal eine Personalstatistik dieser Vereine, ihrer
Leiter und Mitglieder wie ihres innersten Wesens in gleich hohem Grade beruhigen
muß. wie die Statistik des Leserkreises, welcher die speciell kirchliche Journalistik
ärmlich befruchtet. Die Mittel, deren diese Journalistik sich bedient, ihren Leser¬
kreis zu erweitern, eignen sich, die volle Seelenruhe zu rechtfertigen, mit welcher
wir diesen Bestrebungen zusehen. H. P. Brnnners Journal zu Wien kämpft gei¬
fernd gegen die materielle Richtung der Zeit, gegen die Eisenbahnen, welche sich
unterfangen, ihre Locomotive auch des Sonntages brausen zu lassen; dennoch
bringt H. P. Brunner in jeder Nummer seinen gläubigen Lesern das Coürsblatt
und genauesten Börscbericht, um in dieser Beziehung den frivolen Journalen Concur-
renz zu machen.

Ein Rückblick aus die josephiuische Zeit mag Uebcrängstliche beruhigen; waren
doch viele jener tüchtigen Männer der Reform, welche Joseph umstanden, durchaus
Schüler jesuitischer Schulen, und heute solle" die-Schulen, sür welche das Concor-
dat nicht etwa ausschließend Jesuiten, sondern blos Lehrer katholischen Bekennt¬
nisses bedingt, nur Finsterlinge dem Staate erziehen? So fürchten wir in Oestreich
das Concordat nicht so sehr, als man in Deutschland wol meint; wir betrachten es,
da es einmal gegeben, als Sauerteig sür unsere Indolenz und Gemüthlichkeit und
M. als den Anfang der Erfüllung -- für Rom selbst.




Literatur.

Handbuch der ho Herr Kunstindustrie. Fu r Gew erber eib en de und
Künstler, sowie sür Lehranstalten- Umfaßt in Heften die Abbildungen der
hervorragendsten Werke dieses Kunstzweiges aus alter und neuer Zeit. Der Text
enthält: die Erklärung und Kritik der Werke und die daraus abgeleitete Theorie,
"ebst Anleitung zu eignem Schaffe" von I. H. Wolff, Professor der kurfürstlichen
Akademie der bildenden Künste zu Cassel. Vierte Lieferung. Göttingen, G. H.
Wigand. -- Wir haben uns über die Tendenz dieses trefflichen Unternehmens bei
Gelegenheit der frühern Lieferungen bereits so ausführlich ausgesprochen, daß wir
uns begnügen können, darauf hinzuweisen. Der Versasser hat mit so viel Einsicht
und Liebe zur Sache in seinem Text wie in seinen Illustrationen darauf hinge¬
wirkt, den Begriff der Kunst auch in die Industrie einzuführen und dem Nützlichen
die Form des Schönen zu geben, daß man nur wünschen muß, das Publicum
möge ihm mit mehr Theilnahme entgegenkommen, als bis jetzt der Fall gewesen
zu sein scheint. -- Die vierte Lieferung enthält außer einige" Friessragmenten
Sessel, Dreisüße, Wasserbecken, Candelaber, Kronleuchter, Girandvlen und Thür-
klopfer.




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julia" Schmidt.
Als verantwottl, Redacteur legitimirt: F, W. Grunow, -- Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig,
Druck von C, E. Clbert in Leipzig,

haßtheit können wir ebenfalls nur als übel gewählte Werkzeuge der propagandisti¬
schen Bestrebungen betrachten, zumal eine Personalstatistik dieser Vereine, ihrer
Leiter und Mitglieder wie ihres innersten Wesens in gleich hohem Grade beruhigen
muß. wie die Statistik des Leserkreises, welcher die speciell kirchliche Journalistik
ärmlich befruchtet. Die Mittel, deren diese Journalistik sich bedient, ihren Leser¬
kreis zu erweitern, eignen sich, die volle Seelenruhe zu rechtfertigen, mit welcher
wir diesen Bestrebungen zusehen. H. P. Brnnners Journal zu Wien kämpft gei¬
fernd gegen die materielle Richtung der Zeit, gegen die Eisenbahnen, welche sich
unterfangen, ihre Locomotive auch des Sonntages brausen zu lassen; dennoch
bringt H. P. Brunner in jeder Nummer seinen gläubigen Lesern das Coürsblatt
und genauesten Börscbericht, um in dieser Beziehung den frivolen Journalen Concur-
renz zu machen.

Ein Rückblick aus die josephiuische Zeit mag Uebcrängstliche beruhigen; waren
doch viele jener tüchtigen Männer der Reform, welche Joseph umstanden, durchaus
Schüler jesuitischer Schulen, und heute solle» die-Schulen, sür welche das Concor-
dat nicht etwa ausschließend Jesuiten, sondern blos Lehrer katholischen Bekennt¬
nisses bedingt, nur Finsterlinge dem Staate erziehen? So fürchten wir in Oestreich
das Concordat nicht so sehr, als man in Deutschland wol meint; wir betrachten es,
da es einmal gegeben, als Sauerteig sür unsere Indolenz und Gemüthlichkeit und
M. als den Anfang der Erfüllung — für Rom selbst.




Literatur.

Handbuch der ho Herr Kunstindustrie. Fu r Gew erber eib en de und
Künstler, sowie sür Lehranstalten- Umfaßt in Heften die Abbildungen der
hervorragendsten Werke dieses Kunstzweiges aus alter und neuer Zeit. Der Text
enthält: die Erklärung und Kritik der Werke und die daraus abgeleitete Theorie,
»ebst Anleitung zu eignem Schaffe» von I. H. Wolff, Professor der kurfürstlichen
Akademie der bildenden Künste zu Cassel. Vierte Lieferung. Göttingen, G. H.
Wigand. — Wir haben uns über die Tendenz dieses trefflichen Unternehmens bei
Gelegenheit der frühern Lieferungen bereits so ausführlich ausgesprochen, daß wir
uns begnügen können, darauf hinzuweisen. Der Versasser hat mit so viel Einsicht
und Liebe zur Sache in seinem Text wie in seinen Illustrationen darauf hinge¬
wirkt, den Begriff der Kunst auch in die Industrie einzuführen und dem Nützlichen
die Form des Schönen zu geben, daß man nur wünschen muß, das Publicum
möge ihm mit mehr Theilnahme entgegenkommen, als bis jetzt der Fall gewesen
zu sein scheint. — Die vierte Lieferung enthält außer einige» Friessragmenten
Sessel, Dreisüße, Wasserbecken, Candelaber, Kronleuchter, Girandvlen und Thür-
klopfer.




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julia» Schmidt.
Als verantwottl, Redacteur legitimirt: F, W. Grunow, — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig,
Druck von C, E. Clbert in Leipzig,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/448>, abgerufen am 27.04.2024.