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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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beschäftigen, damit er so zu sagen den Feiertag einhole.


Ludwig van Beethoven. von Herzen und bin der Ihrige
No. 3.

(wahrscheinlich 1816.)

Wegen Karl später nach Hause gekommen, muß ich mich bei Ihnen mein
werther Freund entschuldigen, wir mußten jemanden erwarten und so geschah
eS, daß dieser so spät gekommen, wodurch wir dann ebenfalls ausgehalten
wurden, doch werde ich diesen Fehler wider Ihre Ordnung nicht wieder begehen.
Wegen der Mutter Karls habe ich jetzt beschlösse,,, daß hierin Ihrem Wunsche,
sie gar nicht bei Ihnen zu sehen, ganz entsprochen werde. Es ist so weit
zweckmäßiger und sicherer für unsern lieben Karl, indem mich die Erfahrung
überzeugt, daß jeder Besuch der Mutter einen bittern Nachklang in dem Gemüth
K's zurückläßt, wobei er nur verlieren, aber nicht gewinnen kann. -- Ich werde
schon sehen, die Veranstaltung bei mir zu treffen, ihn sehen zu können, auch
hat das gewiß die Folgen, daß alles, bälver mit ihr gänzlich abgebrochen wird.
-- -- Da wir ganz in unsern Ansichten über die Mutter K's einverstanden
sind, so brauchen wir im Einzelnen der Erziehung nur uns selbst. Ihr Sie
herzlich umarmender Freund


No. 4.

(wahrscheinlich 1816)


Werther Freund!

Für morgen bitte ich mir Karln aus, da's der Todestag seines Vaters
ist und wir sein Grab besuchen wollen. Vielleicht komme ich gegen 12 oder
1 Uhr ihn abholen. -- Ich wünschte zu wissen, welche Wirkung mein Ver¬
fahren mit Karl nach ihren neulichen Klagen hervorgebracht hat. Unterdessen
hat es mich sehr gerührt ihn so empfindlich für Ehre zu finden, schon bei
Ihnen machte ich Anspielungen auf seinen geringen Fleiß, ernster als sonst
gingen wir miteinander, furchtbar drückte er mir die Hand, allein dies fand
keine Erwiederung. Bei Tische aß er beinahe gar nichts, und sagte, daß er
sehr traurig sei, die Ursache warum konnte ich noch nicht von ihm erfahren,
endlich beim Spaziergehen erklärte er, daß er so traurig sei, weil er
nicht so fleißig habe sein können als sonst; ich that nun das meinige
hierbei und zwar freundlicher als zuvor, Zartgefühl zeigt sich gewiß hieraus
und eben diese Züge lassen mich alles Gute hoffen. -- Komme ich morgen
nicht selbst zu Ihnen, so bitte ich Sie nur schriftlich um einige Zeilen von
dem Erfolg meines Zusammenseins mit Karl -- ich bitte Sie noch einmal
um die fällige Rechnung vom vergangenen Vierteljahr, ich dachte es wohl, daß
Sie meinen Brief mißverstanden und vielleicht blieb es dabei nicht einmal. --


Ich lege Ihnen meine liebe Waise ans Herz und empfehle'mich Ihnen allen
Beethoven. wie immer -- Ihr Freund
et^cktM^I— Ich umarme Sie

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beschäftigen, damit er so zu sagen den Feiertag einhole.


Ludwig van Beethoven. von Herzen und bin der Ihrige
No. 3.

(wahrscheinlich 1816.)

Wegen Karl später nach Hause gekommen, muß ich mich bei Ihnen mein
werther Freund entschuldigen, wir mußten jemanden erwarten und so geschah
eS, daß dieser so spät gekommen, wodurch wir dann ebenfalls ausgehalten
wurden, doch werde ich diesen Fehler wider Ihre Ordnung nicht wieder begehen.
Wegen der Mutter Karls habe ich jetzt beschlösse,,, daß hierin Ihrem Wunsche,
sie gar nicht bei Ihnen zu sehen, ganz entsprochen werde. Es ist so weit
zweckmäßiger und sicherer für unsern lieben Karl, indem mich die Erfahrung
überzeugt, daß jeder Besuch der Mutter einen bittern Nachklang in dem Gemüth
K's zurückläßt, wobei er nur verlieren, aber nicht gewinnen kann. — Ich werde
schon sehen, die Veranstaltung bei mir zu treffen, ihn sehen zu können, auch
hat das gewiß die Folgen, daß alles, bälver mit ihr gänzlich abgebrochen wird.
— — Da wir ganz in unsern Ansichten über die Mutter K's einverstanden
sind, so brauchen wir im Einzelnen der Erziehung nur uns selbst. Ihr Sie
herzlich umarmender Freund


No. 4.

(wahrscheinlich 1816)


Werther Freund!

Für morgen bitte ich mir Karln aus, da's der Todestag seines Vaters
ist und wir sein Grab besuchen wollen. Vielleicht komme ich gegen 12 oder
1 Uhr ihn abholen. — Ich wünschte zu wissen, welche Wirkung mein Ver¬
fahren mit Karl nach ihren neulichen Klagen hervorgebracht hat. Unterdessen
hat es mich sehr gerührt ihn so empfindlich für Ehre zu finden, schon bei
Ihnen machte ich Anspielungen auf seinen geringen Fleiß, ernster als sonst
gingen wir miteinander, furchtbar drückte er mir die Hand, allein dies fand
keine Erwiederung. Bei Tische aß er beinahe gar nichts, und sagte, daß er
sehr traurig sei, die Ursache warum konnte ich noch nicht von ihm erfahren,
endlich beim Spaziergehen erklärte er, daß er so traurig sei, weil er
nicht so fleißig habe sein können als sonst; ich that nun das meinige
hierbei und zwar freundlicher als zuvor, Zartgefühl zeigt sich gewiß hieraus
und eben diese Züge lassen mich alles Gute hoffen. — Komme ich morgen
nicht selbst zu Ihnen, so bitte ich Sie nur schriftlich um einige Zeilen von
dem Erfolg meines Zusammenseins mit Karl — ich bitte Sie noch einmal
um die fällige Rechnung vom vergangenen Vierteljahr, ich dachte es wohl, daß
Sie meinen Brief mißverstanden und vielleicht blieb es dabei nicht einmal. —


Ich lege Ihnen meine liebe Waise ans Herz und empfehle'mich Ihnen allen
Beethoven. wie immer — Ihr Freund
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/60>, abgerufen am 03.05.2024.