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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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wenn man in Betracht zieht, daß das Ergebniß der Ausdehnung der Handels
bezichungcn zu andern Häfen, nach welchen directe Dampfschiffahrten von Hamburg
ins Leben gerufen worden sind, nur ein ungenügender Maßstab sein kann, da jene
Häfen, wenn auch nicht mit Hamburg, doch schon mit andern nordcuropciischen
Plätzen in Dampfverbinduug standen, während eine solche zwischen Cuba und Nord-
europa noch nicht besteht, und somit durch diese Linie ein neuer Zeitabschnitt für
den Handel mit jener reichen Insel beginnt. -- Die neuesten Uebersichten der
hamburgischen Seeschiffahrt zeigen sür 1836: 5201 angekommne Schiffe, zusammen
von 390,908 Commcrzlastcn 5 6000 Pfd. gegen 4593 von 309,002 C. Last in 1835
und abgegangen Ki75 Schiffe von 387,308 C. Lasten. Hamburgs eigne Nhedcrct
war von 448 Schiffen in 1855 auf 468 in 1856 gestiegen.




Literatur.

Jägerbrevier. Jagdalterthümer, Waidspruche und Jägerschreie. Jagd¬
kalender, Jägerkünste und Jägeraberglauben. Dresden, G. Schönefelds Buchhand-
luug. 1857. -- Das Waidwerk, welches sich vorzugsweise das edle nennt, ist in
vielen Theilen Deutschlands schon lange nur noch ein Schatten von dem, was es
einst war. Aber immerhin zählt dasselbe noch so viele Verehrer, daß sich dieser
fleißig gearbeiteten Sammlung von Jagdalterthümcrn ein guter Erfolg voraussagen
läßt. Sehr interessant ist die erste Abtheilung, in welcher die alten Waidspruche
in weit größerer Vollständigkeit als bei Grimm in den altdeutschen Wäldern mit¬
getheilt werden. Dann folgt ein Jagdkalendcr, aus (ebenfalls alten) lustigen Rei¬
men bestehend. Daran schließt sich ein Capitel über Jägerkünste und Jagdaber-
glaubcu, welches ungemein reichhaltig ist. In den Handbüchern der deutschen
Mythologie ist auf diesen Gegenstand fast gar nicht Rücksicht genommen, und so
muß man dem Sammler dieser wunderlichen Schießrecepte, von denen wir im Fol¬
genden einige Proben mittheilen, für die Mühe, die er sich gegeben, in der That
Dank wissen. Den Schluß des Buches bilden Sagen von Freikugeln und Beispiele
der Art, wie man sich hieb- und schußsest machen kann. Eine nicht uninteressante
Beilage sind die angehängten in und vor dem 16. Jahrhundert in Deutschland
gebräuchlichen Fanfaren und Jagdsignale, die Manchem um so willkommner sein
werden, als sie seit lauger Zeit ganz in Vergessenheit gerathen waren. Von den
Jägerstücklcin sind folgende die interessantesten:

Eine Büchse zubereite", dadurch man alles Federwild durch den
Hals trifft. Nimm bei einem Scharfrichter einen Nagel, sonderlich das Theil
vorne mit der Spitze, damit eines armen Sünders Kopf aus dem Rande ist ange¬
nagelt worden, laß bei dem Büchscnschmied ein Gesicht, und vorne ein Korn davon
wachen, im Zeichen, wann der Schütze regiert, dazu in der Martisstunde, es darf
aber in das Feuer nicht kommen, so hast du ein Rohr, alles Federwild gewiß durch
den Hals zu schießen. So man es aber anders brauchen wollte nach der Scheibe,
oder nach einem Hasen und dergleichen, so ist das Rohr verderbet. Denn wenn


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wenn man in Betracht zieht, daß das Ergebniß der Ausdehnung der Handels
bezichungcn zu andern Häfen, nach welchen directe Dampfschiffahrten von Hamburg
ins Leben gerufen worden sind, nur ein ungenügender Maßstab sein kann, da jene
Häfen, wenn auch nicht mit Hamburg, doch schon mit andern nordcuropciischen
Plätzen in Dampfverbinduug standen, während eine solche zwischen Cuba und Nord-
europa noch nicht besteht, und somit durch diese Linie ein neuer Zeitabschnitt für
den Handel mit jener reichen Insel beginnt. — Die neuesten Uebersichten der
hamburgischen Seeschiffahrt zeigen sür 1836: 5201 angekommne Schiffe, zusammen
von 390,908 Commcrzlastcn 5 6000 Pfd. gegen 4593 von 309,002 C. Last in 1835
und abgegangen Ki75 Schiffe von 387,308 C. Lasten. Hamburgs eigne Nhedcrct
war von 448 Schiffen in 1855 auf 468 in 1856 gestiegen.




Literatur.

Jägerbrevier. Jagdalterthümer, Waidspruche und Jägerschreie. Jagd¬
kalender, Jägerkünste und Jägeraberglauben. Dresden, G. Schönefelds Buchhand-
luug. 1857. — Das Waidwerk, welches sich vorzugsweise das edle nennt, ist in
vielen Theilen Deutschlands schon lange nur noch ein Schatten von dem, was es
einst war. Aber immerhin zählt dasselbe noch so viele Verehrer, daß sich dieser
fleißig gearbeiteten Sammlung von Jagdalterthümcrn ein guter Erfolg voraussagen
läßt. Sehr interessant ist die erste Abtheilung, in welcher die alten Waidspruche
in weit größerer Vollständigkeit als bei Grimm in den altdeutschen Wäldern mit¬
getheilt werden. Dann folgt ein Jagdkalendcr, aus (ebenfalls alten) lustigen Rei¬
men bestehend. Daran schließt sich ein Capitel über Jägerkünste und Jagdaber-
glaubcu, welches ungemein reichhaltig ist. In den Handbüchern der deutschen
Mythologie ist auf diesen Gegenstand fast gar nicht Rücksicht genommen, und so
muß man dem Sammler dieser wunderlichen Schießrecepte, von denen wir im Fol¬
genden einige Proben mittheilen, für die Mühe, die er sich gegeben, in der That
Dank wissen. Den Schluß des Buches bilden Sagen von Freikugeln und Beispiele
der Art, wie man sich hieb- und schußsest machen kann. Eine nicht uninteressante
Beilage sind die angehängten in und vor dem 16. Jahrhundert in Deutschland
gebräuchlichen Fanfaren und Jagdsignale, die Manchem um so willkommner sein
werden, als sie seit lauger Zeit ganz in Vergessenheit gerathen waren. Von den
Jägerstücklcin sind folgende die interessantesten:

Eine Büchse zubereite», dadurch man alles Federwild durch den
Hals trifft. Nimm bei einem Scharfrichter einen Nagel, sonderlich das Theil
vorne mit der Spitze, damit eines armen Sünders Kopf aus dem Rande ist ange¬
nagelt worden, laß bei dem Büchscnschmied ein Gesicht, und vorne ein Korn davon
wachen, im Zeichen, wann der Schütze regiert, dazu in der Martisstunde, es darf
aber in das Feuer nicht kommen, so hast du ein Rohr, alles Federwild gewiß durch
den Hals zu schießen. So man es aber anders brauchen wollte nach der Scheibe,
oder nach einem Hasen und dergleichen, so ist das Rohr verderbet. Denn wenn


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/203>, abgerufen am 30.04.2024.