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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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auftreten könne/) Dieser Mann war der Erbe des größten Feldherrn dieses
Jahrhunderts.

Der Marquis macht keine Bemerkung über den Charakter Louis Napo¬
leons, aber er gibt seine Briefe und Reden des Jahres 1848, sie sind nicht
zahlreich, aber doch ein Stück Geschichte. Der Ekel vor den elenden bestehen¬
den Institutionen war der Hauptgrund, daß man sich der Hoffnung aus den
napoleonschen Namen ganz hingab; den letzten Schlag erhielten die republi¬
kanischen Institutionen durch die Verfassung Frankreichs, von der der Herzog
von Broglie sagte "olle a. r"<in16 1<!8 limitvs ac I". kwzMit.6 Iiumniitt;." Für
den jetzigen Kaiser werden die sparsamen Aeußerungen des Volksvertreters
Bonaparte, der erklärte, er wünsche als der einfachste Bürger einer großen
und weisen Republik nach Frankreich zurückzukehren, immer von Interesse
bleiben. Mit der Rede vom 10. Oct.. wo er sagt -- ^jo <16savouo evm-
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die Reihe der Versicherungen, daß er nichts für sich wolle, die bekanntlich mit
dem 2. Dec- 1852 endete.

Die Zeit der zweiten Republik scheint uns eine merkwürdige Aehnlichkeit
mit der der Fronde zu haben, es mußten Jahre der tiefsten und doch un¬
fruchtbarsten Erschütterungen vorhergehen, um das Regiment Ludwigs XIV.
sowol wie Napoleons III. möglich zu machen. Die Nation warf sich in
einer Art Verzweiflung dem in die Arme, der sie ihrer politischen Rechte be¬
raubte, um nicht in der gesellschaftlichen Zerrüttung unterzugehen. Es sind
traurige Epochen, aber nicht minder als die erfreulichen des eingehenden Stu¬
diums werth, und wir danken Lord Normanby für die neuen Einblicke, die er
V. uns in die Geschichte der neuen Fronde geöffnet hat.




Volksgesang in Italien.

Es sind über italienische Musik seit langer Zeit umfassende Studien an¬
gestellt worden und wer seine Kenntnisse auf diesem Gebiete erweitern will,
findet reiches Material und Lehrmeister in Menge. Anders steht es mit dem
Volksgesänge. Der Nichtitaliener hat selten hinlängliche Muße und ausreichende
Vorkenntnisse, um seine Beobachtungen in Italien auf dieses wüst liegende
Feld auszudehnen; der Italiener selbst ist noch nicht zu der Ueberzeugung ge-



') Es ist übrigens ein Irrthum des vorerwähnten Korrespondenten, wenn er sagt, der
Marquis habe am 18. Oct. Molo als den künftigen Mont Frankreichs betrachtet, der Name
Mont ist in dem Capitel nicht genannt.
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auftreten könne/) Dieser Mann war der Erbe des größten Feldherrn dieses
Jahrhunderts.

Der Marquis macht keine Bemerkung über den Charakter Louis Napo¬
leons, aber er gibt seine Briefe und Reden des Jahres 1848, sie sind nicht
zahlreich, aber doch ein Stück Geschichte. Der Ekel vor den elenden bestehen¬
den Institutionen war der Hauptgrund, daß man sich der Hoffnung aus den
napoleonschen Namen ganz hingab; den letzten Schlag erhielten die republi¬
kanischen Institutionen durch die Verfassung Frankreichs, von der der Herzog
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den jetzigen Kaiser werden die sparsamen Aeußerungen des Volksvertreters
Bonaparte, der erklärte, er wünsche als der einfachste Bürger einer großen
und weisen Republik nach Frankreich zurückzukehren, immer von Interesse
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die Reihe der Versicherungen, daß er nichts für sich wolle, die bekanntlich mit
dem 2. Dec- 1852 endete.

Die Zeit der zweiten Republik scheint uns eine merkwürdige Aehnlichkeit
mit der der Fronde zu haben, es mußten Jahre der tiefsten und doch un¬
fruchtbarsten Erschütterungen vorhergehen, um das Regiment Ludwigs XIV.
sowol wie Napoleons III. möglich zu machen. Die Nation warf sich in
einer Art Verzweiflung dem in die Arme, der sie ihrer politischen Rechte be¬
raubte, um nicht in der gesellschaftlichen Zerrüttung unterzugehen. Es sind
traurige Epochen, aber nicht minder als die erfreulichen des eingehenden Stu¬
diums werth, und wir danken Lord Normanby für die neuen Einblicke, die er
V. uns in die Geschichte der neuen Fronde geöffnet hat.




Volksgesang in Italien.

Es sind über italienische Musik seit langer Zeit umfassende Studien an¬
gestellt worden und wer seine Kenntnisse auf diesem Gebiete erweitern will,
findet reiches Material und Lehrmeister in Menge. Anders steht es mit dem
Volksgesänge. Der Nichtitaliener hat selten hinlängliche Muße und ausreichende
Vorkenntnisse, um seine Beobachtungen in Italien auf dieses wüst liegende
Feld auszudehnen; der Italiener selbst ist noch nicht zu der Ueberzeugung ge-



') Es ist übrigens ein Irrthum des vorerwähnten Korrespondenten, wenn er sagt, der
Marquis habe am 18. Oct. Molo als den künftigen Mont Frankreichs betrachtet, der Name
Mont ist in dem Capitel nicht genannt.
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[0226] auftreten könne/) Dieser Mann war der Erbe des größten Feldherrn dieses Jahrhunderts. Der Marquis macht keine Bemerkung über den Charakter Louis Napo¬ leons, aber er gibt seine Briefe und Reden des Jahres 1848, sie sind nicht zahlreich, aber doch ein Stück Geschichte. Der Ekel vor den elenden bestehen¬ den Institutionen war der Hauptgrund, daß man sich der Hoffnung aus den napoleonschen Namen ganz hingab; den letzten Schlag erhielten die republi¬ kanischen Institutionen durch die Verfassung Frankreichs, von der der Herzog von Broglie sagte „olle a. r«<in16 1<!8 limitvs ac I«. kwzMit.6 Iiumniitt;." Für den jetzigen Kaiser werden die sparsamen Aeußerungen des Volksvertreters Bonaparte, der erklärte, er wünsche als der einfachste Bürger einer großen und weisen Republik nach Frankreich zurückzukehren, immer von Interesse bleiben. Mit der Rede vom 10. Oct.. wo er sagt — ^jo <16savouo evm- Mtvmvnt co nom Ac prüwvüimt, pu'on mvMtv toHours ü>1a low— beginnt die Reihe der Versicherungen, daß er nichts für sich wolle, die bekanntlich mit dem 2. Dec- 1852 endete. Die Zeit der zweiten Republik scheint uns eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der der Fronde zu haben, es mußten Jahre der tiefsten und doch un¬ fruchtbarsten Erschütterungen vorhergehen, um das Regiment Ludwigs XIV. sowol wie Napoleons III. möglich zu machen. Die Nation warf sich in einer Art Verzweiflung dem in die Arme, der sie ihrer politischen Rechte be¬ raubte, um nicht in der gesellschaftlichen Zerrüttung unterzugehen. Es sind traurige Epochen, aber nicht minder als die erfreulichen des eingehenden Stu¬ diums werth, und wir danken Lord Normanby für die neuen Einblicke, die er V. uns in die Geschichte der neuen Fronde geöffnet hat. Volksgesang in Italien. Es sind über italienische Musik seit langer Zeit umfassende Studien an¬ gestellt worden und wer seine Kenntnisse auf diesem Gebiete erweitern will, findet reiches Material und Lehrmeister in Menge. Anders steht es mit dem Volksgesänge. Der Nichtitaliener hat selten hinlängliche Muße und ausreichende Vorkenntnisse, um seine Beobachtungen in Italien auf dieses wüst liegende Feld auszudehnen; der Italiener selbst ist noch nicht zu der Ueberzeugung ge- ') Es ist übrigens ein Irrthum des vorerwähnten Korrespondenten, wenn er sagt, der Marquis habe am 18. Oct. Molo als den künftigen Mont Frankreichs betrachtet, der Name Mont ist in dem Capitel nicht genannt. «-'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/226>, abgerufen am 29.04.2024.