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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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als sich die Spieler ankleiden geht der Teufel, der vortrefflich costümirt ist
<er ist ganz schwarz, hat einen Schwanz von Pelzwer-k und Hörner), mit dem
Kuhorn*) im Dorfe herum, in jedes Haus furchtbar liineintutcnd und jeder¬
mann mit allerlei Spähen zum Spiele ladend, Borübcrfahrende Wagen hält
er an, springt hinauf und erschreckt Klein und Groß. -- Es sammeln sich >-
nun rasch die Zuschauer auf den Banken, die im Hufeisen drei Wände des
Saales einnehmen (die vierte Wand deckt der Borhang), Die Bühne ist
der mittlere Raum innerhalb des Hufeisens."




Künstlercarneval in Dresden.

Die dresdner Künstlerschaft hat am 13. Februar "ihr alljährliches Fastnachtsfest
veranstaltet. Da es größere Verhältnisse angenommen hat, als dies bisher der Fall
zu sein Pflegte, so mag auch hier davon die Rede sein.

Die letzten Fastnachtspiele, or. Eisenbart, Reinecke Fuchs :c., von Otto Roquctte
für den einen Abend geschrieben, waren nur auf eine beschränkte' Oeffentlichkeit be¬
rechnet und entzogen sich deshalb von selbst einer Besprechung für weitere Kreise.
Diesmal hatte Moritz Heidrich, der Dichter der Posse "Prinz Lieschen", sich der schwie¬
rigen Aufgabe unterzogen, die vorhandenen Kräfte zu einem dramatischen Zwecke zu
verwerthen. Der Concertsaal im linckeschen Bade war mit vortrefflichem Geschmack
in wenigen Tagen und Nächten neu decorirt worden. Dem Eingang gegenüber er¬
hob sich eine Bühne, dem Orchester gegenüber eine erhöhte Reihe von Sitzen für.
das königliche Hans; denn wenige Tage vor der Aufführung hatte sich der Hof für
eine Betheiligung an dem Feste entschieden. Die Folge war natürlich allgemeiner
Zudrang zu den Subscriptionslisten, und so mag die Menge der ausgegebenen
Billete das achte Hundert erreicht, wenn nicht gar überstiegen haben. Während der
ersten Feststunden war daher, Ueberfüllung des immer nur mäßig großen Saals der
fühlbarste Posscnstreich, dessen sich Prinz Carneval gegen die Neugierigen schuldig
machte, und da von Hören und Sehen für die Hälfte der Eingelassenen nicht die
Rede sein konnte, so las sich auf vielen Gesichtern Enttäuschung übertriebener Er¬
wartungen. In dieser Beziehung sündigen übrigens alle derartigen. Feste, und die
Erfahrung witzigt weder die Veranstalter derselben, noch die Neugierigen, so daß
man niemanden dafür verantwortlich machen kann.

Der Fastnachtsschwank selbst erwies sich für die vom Schicksal begünstigter"
Zuschauer etwa folgenden Inhalts. Nach einer burlesken Parterrcuntcrhaltung
zwischen Unzufriedenen, Zufriednen, Schinderhannes :c., im Geschmack des gestiefel¬
ten Kater, entwirft Prinz Carneval ein Bild des bedenklichen Zustandes, in welchen
Prinz Publicum verfallen ist. Der arme Prinz ist in die Hände des Dr. Schuhu
gerathen, der ihm die Weishcitsbrillc aufgenöthigt hat und ihm mit der Dcnkma"
Schire jeden Anflug von Humor und frischer Gcisteslust vertreibt. Gefangen in der



") "Mit der Pülln".

als sich die Spieler ankleiden geht der Teufel, der vortrefflich costümirt ist
<er ist ganz schwarz, hat einen Schwanz von Pelzwer-k und Hörner), mit dem
Kuhorn*) im Dorfe herum, in jedes Haus furchtbar liineintutcnd und jeder¬
mann mit allerlei Spähen zum Spiele ladend, Borübcrfahrende Wagen hält
er an, springt hinauf und erschreckt Klein und Groß. — Es sammeln sich >-
nun rasch die Zuschauer auf den Banken, die im Hufeisen drei Wände des
Saales einnehmen (die vierte Wand deckt der Borhang), Die Bühne ist
der mittlere Raum innerhalb des Hufeisens."




Künstlercarneval in Dresden.

Die dresdner Künstlerschaft hat am 13. Februar "ihr alljährliches Fastnachtsfest
veranstaltet. Da es größere Verhältnisse angenommen hat, als dies bisher der Fall
zu sein Pflegte, so mag auch hier davon die Rede sein.

Die letzten Fastnachtspiele, or. Eisenbart, Reinecke Fuchs :c., von Otto Roquctte
für den einen Abend geschrieben, waren nur auf eine beschränkte' Oeffentlichkeit be¬
rechnet und entzogen sich deshalb von selbst einer Besprechung für weitere Kreise.
Diesmal hatte Moritz Heidrich, der Dichter der Posse „Prinz Lieschen", sich der schwie¬
rigen Aufgabe unterzogen, die vorhandenen Kräfte zu einem dramatischen Zwecke zu
verwerthen. Der Concertsaal im linckeschen Bade war mit vortrefflichem Geschmack
in wenigen Tagen und Nächten neu decorirt worden. Dem Eingang gegenüber er¬
hob sich eine Bühne, dem Orchester gegenüber eine erhöhte Reihe von Sitzen für.
das königliche Hans; denn wenige Tage vor der Aufführung hatte sich der Hof für
eine Betheiligung an dem Feste entschieden. Die Folge war natürlich allgemeiner
Zudrang zu den Subscriptionslisten, und so mag die Menge der ausgegebenen
Billete das achte Hundert erreicht, wenn nicht gar überstiegen haben. Während der
ersten Feststunden war daher, Ueberfüllung des immer nur mäßig großen Saals der
fühlbarste Posscnstreich, dessen sich Prinz Carneval gegen die Neugierigen schuldig
machte, und da von Hören und Sehen für die Hälfte der Eingelassenen nicht die
Rede sein konnte, so las sich auf vielen Gesichtern Enttäuschung übertriebener Er¬
wartungen. In dieser Beziehung sündigen übrigens alle derartigen. Feste, und die
Erfahrung witzigt weder die Veranstalter derselben, noch die Neugierigen, so daß
man niemanden dafür verantwortlich machen kann.

Der Fastnachtsschwank selbst erwies sich für die vom Schicksal begünstigter»
Zuschauer etwa folgenden Inhalts. Nach einer burlesken Parterrcuntcrhaltung
zwischen Unzufriedenen, Zufriednen, Schinderhannes :c., im Geschmack des gestiefel¬
ten Kater, entwirft Prinz Carneval ein Bild des bedenklichen Zustandes, in welchen
Prinz Publicum verfallen ist. Der arme Prinz ist in die Hände des Dr. Schuhu
gerathen, der ihm die Weishcitsbrillc aufgenöthigt hat und ihm mit der Dcnkma«
Schire jeden Anflug von Humor und frischer Gcisteslust vertreibt. Gefangen in der



") „Mit der Pülln".
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[0366] als sich die Spieler ankleiden geht der Teufel, der vortrefflich costümirt ist <er ist ganz schwarz, hat einen Schwanz von Pelzwer-k und Hörner), mit dem Kuhorn*) im Dorfe herum, in jedes Haus furchtbar liineintutcnd und jeder¬ mann mit allerlei Spähen zum Spiele ladend, Borübcrfahrende Wagen hält er an, springt hinauf und erschreckt Klein und Groß. — Es sammeln sich >- nun rasch die Zuschauer auf den Banken, die im Hufeisen drei Wände des Saales einnehmen (die vierte Wand deckt der Borhang), Die Bühne ist der mittlere Raum innerhalb des Hufeisens." Künstlercarneval in Dresden. Die dresdner Künstlerschaft hat am 13. Februar "ihr alljährliches Fastnachtsfest veranstaltet. Da es größere Verhältnisse angenommen hat, als dies bisher der Fall zu sein Pflegte, so mag auch hier davon die Rede sein. Die letzten Fastnachtspiele, or. Eisenbart, Reinecke Fuchs :c., von Otto Roquctte für den einen Abend geschrieben, waren nur auf eine beschränkte' Oeffentlichkeit be¬ rechnet und entzogen sich deshalb von selbst einer Besprechung für weitere Kreise. Diesmal hatte Moritz Heidrich, der Dichter der Posse „Prinz Lieschen", sich der schwie¬ rigen Aufgabe unterzogen, die vorhandenen Kräfte zu einem dramatischen Zwecke zu verwerthen. Der Concertsaal im linckeschen Bade war mit vortrefflichem Geschmack in wenigen Tagen und Nächten neu decorirt worden. Dem Eingang gegenüber er¬ hob sich eine Bühne, dem Orchester gegenüber eine erhöhte Reihe von Sitzen für. das königliche Hans; denn wenige Tage vor der Aufführung hatte sich der Hof für eine Betheiligung an dem Feste entschieden. Die Folge war natürlich allgemeiner Zudrang zu den Subscriptionslisten, und so mag die Menge der ausgegebenen Billete das achte Hundert erreicht, wenn nicht gar überstiegen haben. Während der ersten Feststunden war daher, Ueberfüllung des immer nur mäßig großen Saals der fühlbarste Posscnstreich, dessen sich Prinz Carneval gegen die Neugierigen schuldig machte, und da von Hören und Sehen für die Hälfte der Eingelassenen nicht die Rede sein konnte, so las sich auf vielen Gesichtern Enttäuschung übertriebener Er¬ wartungen. In dieser Beziehung sündigen übrigens alle derartigen. Feste, und die Erfahrung witzigt weder die Veranstalter derselben, noch die Neugierigen, so daß man niemanden dafür verantwortlich machen kann. Der Fastnachtsschwank selbst erwies sich für die vom Schicksal begünstigter» Zuschauer etwa folgenden Inhalts. Nach einer burlesken Parterrcuntcrhaltung zwischen Unzufriedenen, Zufriednen, Schinderhannes :c., im Geschmack des gestiefel¬ ten Kater, entwirft Prinz Carneval ein Bild des bedenklichen Zustandes, in welchen Prinz Publicum verfallen ist. Der arme Prinz ist in die Hände des Dr. Schuhu gerathen, der ihm die Weishcitsbrillc aufgenöthigt hat und ihm mit der Dcnkma« Schire jeden Anflug von Humor und frischer Gcisteslust vertreibt. Gefangen in der ") „Mit der Pülln".

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/366>, abgerufen am 29.04.2024.