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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Beamtenpersonal), ihm zu bleiben befiehlt, oder sie versucht vielleicht auch ein
ganz neues Ministerium außerhalb des Parlaments.

Das alles sind freilich nur Möglichkeiten, aber sie drängen sich doch zu
sehr dem besorgten Blick auf, als daß man sich nicht berechtigt fühlen sollte,
auch ohne für Lord Palmerston zu schwärmen, den Wunsch auszusprechen, daß
das Parlament von seiner Prärogative, Mißtrauensvoten zu geben, einen
mäßigem Gebrauch machte; daß es ein Ministerium nur dann stürzte, wenn
es im Princip mit ihm uneins ist, nicht aber wenn es ihm irgend einen
Formfehler oder eine Unart vorzuwerfen hat.




Pariser Snlous.
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Was ein Salon sei ist nicht so leicht zu sagen als es scheint. Zwar
die Frau eines Börsenfürsten, welche schön geputzt in prächtige" Zimmern eine
Schar elegant gekleideter Leute empfängt, wird nicht ermangeln mit Selbst¬
gefühl von ihrem Salon zu sprechen, aber die, welche die wahren Salons
kennen, werden nur ein mitleidiges Lächeln für sie haben. Ein Salon hat
nichts gemein mit jenen Festen, wo man eine Menge mehr oder weniger
glänzende Toiletten zusammenbringt, die sich nicht kennen und sich deshalb
auch nichts zu sagen haben, und wo im Gedränge eine Anzahl kleiner
Koketten und Fats schwache Versuche machen sich im Kreise zu drehen, bis
die Stunde des Soupers kommt und ein Sturm auf das Büffet beginnt, als
ob es sich darum handle gratis zu. speisen. Das Lob solcher Gesellschaften
ist gesungen, wenn es heißt: it ^ ^rv-rit. miormümczut <l0 moinlc; d. h. mehr
als die Gemächer fassen können, und wenn man sich dann seinen Paletot mit
Lebensgefahr erobern muß, so ist der Abend denkwürdig und wird während
der nächsten Woche besprochen werden. Das imperialistische Paris, die Herren
Mirös und Milhaud mögen sich mit ihren Freunden an solchen Festen, und
Diners von 100 Couverts ergötzen, aber sie mögen sich nicht schmeicheln
einen Salon zu haben. Ein Salon ist eine vertraute Bereinigung, wo man
sich kennt und sucht, wo man erfreut ist sich zu begegnen; die Frau vom
Hause bildet den Mittelpunkt und das Band unter den Gästen, und je aus¬
gezeichneter sie ist, desto mehr werden Leute von Geist wünschen ihr Halts zu
besuchen und durch sie mit andern bedeutenden Personen bekannt zu werden.
Bor allem aber fordert ein Salon ähnliche Gewohnheiten, verwandte Ideen,
gleichen Geschmack und jene Urbanität, die gleich entfernt von Hochmuth wie


Beamtenpersonal), ihm zu bleiben befiehlt, oder sie versucht vielleicht auch ein
ganz neues Ministerium außerhalb des Parlaments.

Das alles sind freilich nur Möglichkeiten, aber sie drängen sich doch zu
sehr dem besorgten Blick auf, als daß man sich nicht berechtigt fühlen sollte,
auch ohne für Lord Palmerston zu schwärmen, den Wunsch auszusprechen, daß
das Parlament von seiner Prärogative, Mißtrauensvoten zu geben, einen
mäßigem Gebrauch machte; daß es ein Ministerium nur dann stürzte, wenn
es im Princip mit ihm uneins ist, nicht aber wenn es ihm irgend einen
Formfehler oder eine Unart vorzuwerfen hat.




Pariser Snlous.
I.o-i 8s,l0N8 <lo I'-u-i». I. Va^or» vtointg par Milo. ^.neolat. I>tM8

Was ein Salon sei ist nicht so leicht zu sagen als es scheint. Zwar
die Frau eines Börsenfürsten, welche schön geputzt in prächtige» Zimmern eine
Schar elegant gekleideter Leute empfängt, wird nicht ermangeln mit Selbst¬
gefühl von ihrem Salon zu sprechen, aber die, welche die wahren Salons
kennen, werden nur ein mitleidiges Lächeln für sie haben. Ein Salon hat
nichts gemein mit jenen Festen, wo man eine Menge mehr oder weniger
glänzende Toiletten zusammenbringt, die sich nicht kennen und sich deshalb
auch nichts zu sagen haben, und wo im Gedränge eine Anzahl kleiner
Koketten und Fats schwache Versuche machen sich im Kreise zu drehen, bis
die Stunde des Soupers kommt und ein Sturm auf das Büffet beginnt, als
ob es sich darum handle gratis zu. speisen. Das Lob solcher Gesellschaften
ist gesungen, wenn es heißt: it ^ ^rv-rit. miormümczut <l0 moinlc; d. h. mehr
als die Gemächer fassen können, und wenn man sich dann seinen Paletot mit
Lebensgefahr erobern muß, so ist der Abend denkwürdig und wird während
der nächsten Woche besprochen werden. Das imperialistische Paris, die Herren
Mirös und Milhaud mögen sich mit ihren Freunden an solchen Festen, und
Diners von 100 Couverts ergötzen, aber sie mögen sich nicht schmeicheln
einen Salon zu haben. Ein Salon ist eine vertraute Bereinigung, wo man
sich kennt und sucht, wo man erfreut ist sich zu begegnen; die Frau vom
Hause bildet den Mittelpunkt und das Band unter den Gästen, und je aus¬
gezeichneter sie ist, desto mehr werden Leute von Geist wünschen ihr Halts zu
besuchen und durch sie mit andern bedeutenden Personen bekannt zu werden.
Bor allem aber fordert ein Salon ähnliche Gewohnheiten, verwandte Ideen,
gleichen Geschmack und jene Urbanität, die gleich entfernt von Hochmuth wie


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[0455] Beamtenpersonal), ihm zu bleiben befiehlt, oder sie versucht vielleicht auch ein ganz neues Ministerium außerhalb des Parlaments. Das alles sind freilich nur Möglichkeiten, aber sie drängen sich doch zu sehr dem besorgten Blick auf, als daß man sich nicht berechtigt fühlen sollte, auch ohne für Lord Palmerston zu schwärmen, den Wunsch auszusprechen, daß das Parlament von seiner Prärogative, Mißtrauensvoten zu geben, einen mäßigem Gebrauch machte; daß es ein Ministerium nur dann stürzte, wenn es im Princip mit ihm uneins ist, nicht aber wenn es ihm irgend einen Formfehler oder eine Unart vorzuwerfen hat. Pariser Snlous. I.o-i 8s,l0N8 <lo I'-u-i». I. Va^or» vtointg par Milo. ^.neolat. I>tM8 Was ein Salon sei ist nicht so leicht zu sagen als es scheint. Zwar die Frau eines Börsenfürsten, welche schön geputzt in prächtige» Zimmern eine Schar elegant gekleideter Leute empfängt, wird nicht ermangeln mit Selbst¬ gefühl von ihrem Salon zu sprechen, aber die, welche die wahren Salons kennen, werden nur ein mitleidiges Lächeln für sie haben. Ein Salon hat nichts gemein mit jenen Festen, wo man eine Menge mehr oder weniger glänzende Toiletten zusammenbringt, die sich nicht kennen und sich deshalb auch nichts zu sagen haben, und wo im Gedränge eine Anzahl kleiner Koketten und Fats schwache Versuche machen sich im Kreise zu drehen, bis die Stunde des Soupers kommt und ein Sturm auf das Büffet beginnt, als ob es sich darum handle gratis zu. speisen. Das Lob solcher Gesellschaften ist gesungen, wenn es heißt: it ^ ^rv-rit. miormümczut <l0 moinlc; d. h. mehr als die Gemächer fassen können, und wenn man sich dann seinen Paletot mit Lebensgefahr erobern muß, so ist der Abend denkwürdig und wird während der nächsten Woche besprochen werden. Das imperialistische Paris, die Herren Mirös und Milhaud mögen sich mit ihren Freunden an solchen Festen, und Diners von 100 Couverts ergötzen, aber sie mögen sich nicht schmeicheln einen Salon zu haben. Ein Salon ist eine vertraute Bereinigung, wo man sich kennt und sucht, wo man erfreut ist sich zu begegnen; die Frau vom Hause bildet den Mittelpunkt und das Band unter den Gästen, und je aus¬ gezeichneter sie ist, desto mehr werden Leute von Geist wünschen ihr Halts zu besuchen und durch sie mit andern bedeutenden Personen bekannt zu werden. Bor allem aber fordert ein Salon ähnliche Gewohnheiten, verwandte Ideen, gleichen Geschmack und jene Urbanität, die gleich entfernt von Hochmuth wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/455>, abgerufen am 29.04.2024.