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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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weniger Licht da sei, weil es nicht in einem Brennpunkt gesammelt ist. Zeit¬
schriften wie die deutsche Vierteljahrsschrift. die Preußischen Jahrbücher, die
Westermannscheir Monatsblätter und andere bemühen sich mit Erfolg in diesem
Genre.

Den beiden ersten Artikeln, welche uns die eigentlichen Tendenzen der
Revue zeigen, folgen nun andere, aus denen wir sehen, wie sie verfahren
wird: eine Analyse der römischen Geschichte von Mommsen, ein Stück aus
der indischen Reise des Prinzen Waldemar von Preußen, ein Fragment über
die Vulkane aus dem Kosmos, die Uebersetzung des Fechters von Ravenna
und einer Erzählung von M. Hartmann, eine Reihe kurzer Recensionen und
Korrespondenzen aus Berlin, Wien, Heidelberg.

Wir haben uns erlaubt, die Punkte offen darzulegen, welche uns in dem
Programm der Revue bedenklich schienen, aber wir brauchen kaum zu wieder¬
holen, daß wir dem Unternehme^ das beste Gedeihen wünschen, möge es, wie
die Herausgeber beabsichtigen, eine Brücke für die Vermittlung der Kenntniß
V. deutscher Zustande in Frankreich werden.




Bankiers, Banken und Geldkrisen im Alterthum.

Der Sturm, welcher vor Kurzem alle merkantilen Verhältnisse erschütterte,
hat ausgetobt und nur an der Menge der Übeln Nachwehen merkt man noch
seine verheerende Kraft. Neben einer Anzahl fauler Stämme liegt auch viel
gesundes, grünes Holz'geknickt am Boden und es fehlt nicht an Stimmen,
welche, die wohlthätige Reinigung der Atmosphäre von luftspiegelnden Ele¬
menten verkennend, die ganze Schuld der Kalamität von den Personen auf
die Einrichtungen schieben, und besonders das Haupttriebwerk des Geld¬
verkehrs, das Bank- und Wechselwesen angreifen. Diese Erleichterungsmittel
des Tausches sind jedoch unausbleibliche Begleiter der steigenden Civilisation,
und da sie ohne festgcordnete Staatsverfassung und unbedingtes gegenseitiges
Vertrauen sich nicht halten können, so dienen sie sogar mit als Gradmesser
jeder Staatswirthschaft und jedes Volkswohlstandes. Die Geschichte zeigt,
daß den großen und sichern Geld' und Handelsströmungen überall erst die
engen, trüben Kanäle des Wuchers vorangingen. So entwickelte sich im
Mittelalter das Bankwesen gleichzeitig mit dem steigenden Geldverkehr aus
dem Wucherwesen der Juden und Lombarden. Aehnlich gestalteten sich die
Verhältnisse bei den beiden Hauptvölkcrn des classischen Alterthums.

Die griechische Nation, durch die vortreffliche topographische Beschaffenheit
ihres Landes begünstigt und auf Seefahrt und Handel hingewiesen, fühlte


weniger Licht da sei, weil es nicht in einem Brennpunkt gesammelt ist. Zeit¬
schriften wie die deutsche Vierteljahrsschrift. die Preußischen Jahrbücher, die
Westermannscheir Monatsblätter und andere bemühen sich mit Erfolg in diesem
Genre.

Den beiden ersten Artikeln, welche uns die eigentlichen Tendenzen der
Revue zeigen, folgen nun andere, aus denen wir sehen, wie sie verfahren
wird: eine Analyse der römischen Geschichte von Mommsen, ein Stück aus
der indischen Reise des Prinzen Waldemar von Preußen, ein Fragment über
die Vulkane aus dem Kosmos, die Uebersetzung des Fechters von Ravenna
und einer Erzählung von M. Hartmann, eine Reihe kurzer Recensionen und
Korrespondenzen aus Berlin, Wien, Heidelberg.

Wir haben uns erlaubt, die Punkte offen darzulegen, welche uns in dem
Programm der Revue bedenklich schienen, aber wir brauchen kaum zu wieder¬
holen, daß wir dem Unternehme^ das beste Gedeihen wünschen, möge es, wie
die Herausgeber beabsichtigen, eine Brücke für die Vermittlung der Kenntniß
V. deutscher Zustande in Frankreich werden.




Bankiers, Banken und Geldkrisen im Alterthum.

Der Sturm, welcher vor Kurzem alle merkantilen Verhältnisse erschütterte,
hat ausgetobt und nur an der Menge der Übeln Nachwehen merkt man noch
seine verheerende Kraft. Neben einer Anzahl fauler Stämme liegt auch viel
gesundes, grünes Holz'geknickt am Boden und es fehlt nicht an Stimmen,
welche, die wohlthätige Reinigung der Atmosphäre von luftspiegelnden Ele¬
menten verkennend, die ganze Schuld der Kalamität von den Personen auf
die Einrichtungen schieben, und besonders das Haupttriebwerk des Geld¬
verkehrs, das Bank- und Wechselwesen angreifen. Diese Erleichterungsmittel
des Tausches sind jedoch unausbleibliche Begleiter der steigenden Civilisation,
und da sie ohne festgcordnete Staatsverfassung und unbedingtes gegenseitiges
Vertrauen sich nicht halten können, so dienen sie sogar mit als Gradmesser
jeder Staatswirthschaft und jedes Volkswohlstandes. Die Geschichte zeigt,
daß den großen und sichern Geld' und Handelsströmungen überall erst die
engen, trüben Kanäle des Wuchers vorangingen. So entwickelte sich im
Mittelalter das Bankwesen gleichzeitig mit dem steigenden Geldverkehr aus
dem Wucherwesen der Juden und Lombarden. Aehnlich gestalteten sich die
Verhältnisse bei den beiden Hauptvölkcrn des classischen Alterthums.

Die griechische Nation, durch die vortreffliche topographische Beschaffenheit
ihres Landes begünstigt und auf Seefahrt und Handel hingewiesen, fühlte


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[0519] weniger Licht da sei, weil es nicht in einem Brennpunkt gesammelt ist. Zeit¬ schriften wie die deutsche Vierteljahrsschrift. die Preußischen Jahrbücher, die Westermannscheir Monatsblätter und andere bemühen sich mit Erfolg in diesem Genre. Den beiden ersten Artikeln, welche uns die eigentlichen Tendenzen der Revue zeigen, folgen nun andere, aus denen wir sehen, wie sie verfahren wird: eine Analyse der römischen Geschichte von Mommsen, ein Stück aus der indischen Reise des Prinzen Waldemar von Preußen, ein Fragment über die Vulkane aus dem Kosmos, die Uebersetzung des Fechters von Ravenna und einer Erzählung von M. Hartmann, eine Reihe kurzer Recensionen und Korrespondenzen aus Berlin, Wien, Heidelberg. Wir haben uns erlaubt, die Punkte offen darzulegen, welche uns in dem Programm der Revue bedenklich schienen, aber wir brauchen kaum zu wieder¬ holen, daß wir dem Unternehme^ das beste Gedeihen wünschen, möge es, wie die Herausgeber beabsichtigen, eine Brücke für die Vermittlung der Kenntniß V. deutscher Zustande in Frankreich werden. Bankiers, Banken und Geldkrisen im Alterthum. Der Sturm, welcher vor Kurzem alle merkantilen Verhältnisse erschütterte, hat ausgetobt und nur an der Menge der Übeln Nachwehen merkt man noch seine verheerende Kraft. Neben einer Anzahl fauler Stämme liegt auch viel gesundes, grünes Holz'geknickt am Boden und es fehlt nicht an Stimmen, welche, die wohlthätige Reinigung der Atmosphäre von luftspiegelnden Ele¬ menten verkennend, die ganze Schuld der Kalamität von den Personen auf die Einrichtungen schieben, und besonders das Haupttriebwerk des Geld¬ verkehrs, das Bank- und Wechselwesen angreifen. Diese Erleichterungsmittel des Tausches sind jedoch unausbleibliche Begleiter der steigenden Civilisation, und da sie ohne festgcordnete Staatsverfassung und unbedingtes gegenseitiges Vertrauen sich nicht halten können, so dienen sie sogar mit als Gradmesser jeder Staatswirthschaft und jedes Volkswohlstandes. Die Geschichte zeigt, daß den großen und sichern Geld' und Handelsströmungen überall erst die engen, trüben Kanäle des Wuchers vorangingen. So entwickelte sich im Mittelalter das Bankwesen gleichzeitig mit dem steigenden Geldverkehr aus dem Wucherwesen der Juden und Lombarden. Aehnlich gestalteten sich die Verhältnisse bei den beiden Hauptvölkcrn des classischen Alterthums. Die griechische Nation, durch die vortreffliche topographische Beschaffenheit ihres Landes begünstigt und auf Seefahrt und Handel hingewiesen, fühlte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/519>, abgerufen am 29.04.2024.