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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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insbesondere mit dem Finanzminister Hassib Pascl a und dem Münzdircctvr TüzOghlu
über die Lage der türkischen Finanzen in Berathung zu treten. Es ist hierin nur
ein ernstere und weitgreifende Beschlüsse vorbereitender Schritt zu erkennen. Was
zu erwarten steht, ist schwer schon setzt zu definiren, indeß werden muthmaßlich die
nächsten Wochen schon Licht in der Sache verschaffen. Nach Einigen handelt
es sich nur nichts Anderes, als um eine Wiederaufnahme der im Juli ab¬
gebrochenen Unterhandlungen . wegen einer, unter starker Mitwirkung des hiesigen
Haudclsstandcs zu errichtenden osmanischen Nationalbank.

In Hinsicht auf ti.c Eisenbahn zwischen hier und Trieft, von der ich Ihnen schrieb,
daß das sie betreffende Project die lebhafte Unterstützung der hiesigen französischen
Legation fände, habe ich noch zu bemerken, wie es mehr und mehr den Anschein
gewinnt, als könne dieselbe wirklich im Frühjahr, mindestens vorbereitend, in Angriff
genommen werden. Wenigstens soll der hier als Agent der betreffenden Compagnie
sich aufhaltende General Klapka bestimmt eine derartige Hoffnung geäußert haben..
Es wäre dies, neben der Ausführung des Suezkanals, der zunächst wichtigste Sieg,
welchen das französische Interesse hier davon zu tragen vermag. Für die auf das
Centrum der östreichischen Monarchie, über Adrianopel, Sofia und Belgrad zu rich¬
tende Bahn sind dagegen nur wenig Aussichten auf ein baldiges Beginnen der be¬
treffenden Arbeiten vorhanden, wenn anch diese Linie vor der ersteren den wichtigen
Vortheil voraus hat, daß sie bereits vermessen ist.

Die feine Welt von Pera trifft eben ihre Vorbereitungen zu einem ersten und
glänzenden Ball, den der russische Gesandte, Herr von Butcnicff, .morgen in dem
hiesigen Lcgationspalais geben wird, und mit dein er die diesjährige Saison eröffnet.
Nachdem gestern ein Sturm und starker Regenguß, noch spät in der Nacht, eine
lauge Reihe unvergleichlich schöner Tage unterbrochen, hat sich seitdem das Wetter
wieder aufgeheitert und die Sonne strahlt wieder hell aus die in diesem Winter mit
besonders frischem Grün bedeckten Berge und Hügel, von denen die Stadt eingefaßt
wird, hernieder. Die Promenaden sind mit Lustwandelnden bedeckt, und weit über
die Dächer des Frankenquartiers hin schallt das Läuten und Bimmeln der katho¬
lischen Kirchenglocken und Glöcklein zu Ehren des ersten Weihnachtstages. --




Einige Bemerkungen zu der "die Geldkrisis" betitelten Abhandlung in

No. 45, 1857, der Grenzboten.

In der genannten Abhandlung wird (S. 206) über die
im Frühjahr 185" im Buchhandel erschienene Schrift: "Tellkampf über die neuere
Entwicklung des Bankwesens in Deutschland" ein Urtheil gefällt, welches entweder
auf flüchtiger Durchsicht, oder auf einem Mißverständniß derselben zu beruhen
scheint. Es heißt daselbst:

"Der Verfasser gehört zu denen, welche dem Staate allein das Recht zur
Banknotenausgabe lassen wollen, und will er dies damit beweisen. daß Banknoten
als allgemeines Tauschmittel der Werthmcsscr des Landes seien, dessen Anordnung
wie beim Maß und Gewicht doch dem Staate zukomme. Wir meinen aber mit
einem bildlichen Vergleiche läßt sich überhaupt nichts beweisen, zumal das Geld


insbesondere mit dem Finanzminister Hassib Pascl a und dem Münzdircctvr TüzOghlu
über die Lage der türkischen Finanzen in Berathung zu treten. Es ist hierin nur
ein ernstere und weitgreifende Beschlüsse vorbereitender Schritt zu erkennen. Was
zu erwarten steht, ist schwer schon setzt zu definiren, indeß werden muthmaßlich die
nächsten Wochen schon Licht in der Sache verschaffen. Nach Einigen handelt
es sich nur nichts Anderes, als um eine Wiederaufnahme der im Juli ab¬
gebrochenen Unterhandlungen . wegen einer, unter starker Mitwirkung des hiesigen
Haudclsstandcs zu errichtenden osmanischen Nationalbank.

In Hinsicht auf ti.c Eisenbahn zwischen hier und Trieft, von der ich Ihnen schrieb,
daß das sie betreffende Project die lebhafte Unterstützung der hiesigen französischen
Legation fände, habe ich noch zu bemerken, wie es mehr und mehr den Anschein
gewinnt, als könne dieselbe wirklich im Frühjahr, mindestens vorbereitend, in Angriff
genommen werden. Wenigstens soll der hier als Agent der betreffenden Compagnie
sich aufhaltende General Klapka bestimmt eine derartige Hoffnung geäußert haben..
Es wäre dies, neben der Ausführung des Suezkanals, der zunächst wichtigste Sieg,
welchen das französische Interesse hier davon zu tragen vermag. Für die auf das
Centrum der östreichischen Monarchie, über Adrianopel, Sofia und Belgrad zu rich¬
tende Bahn sind dagegen nur wenig Aussichten auf ein baldiges Beginnen der be¬
treffenden Arbeiten vorhanden, wenn anch diese Linie vor der ersteren den wichtigen
Vortheil voraus hat, daß sie bereits vermessen ist.

Die feine Welt von Pera trifft eben ihre Vorbereitungen zu einem ersten und
glänzenden Ball, den der russische Gesandte, Herr von Butcnicff, .morgen in dem
hiesigen Lcgationspalais geben wird, und mit dein er die diesjährige Saison eröffnet.
Nachdem gestern ein Sturm und starker Regenguß, noch spät in der Nacht, eine
lauge Reihe unvergleichlich schöner Tage unterbrochen, hat sich seitdem das Wetter
wieder aufgeheitert und die Sonne strahlt wieder hell aus die in diesem Winter mit
besonders frischem Grün bedeckten Berge und Hügel, von denen die Stadt eingefaßt
wird, hernieder. Die Promenaden sind mit Lustwandelnden bedeckt, und weit über
die Dächer des Frankenquartiers hin schallt das Läuten und Bimmeln der katho¬
lischen Kirchenglocken und Glöcklein zu Ehren des ersten Weihnachtstages. —




Einige Bemerkungen zu der „die Geldkrisis" betitelten Abhandlung in

No. 45, 1857, der Grenzboten.

In der genannten Abhandlung wird (S. 206) über die
im Frühjahr 185« im Buchhandel erschienene Schrift: „Tellkampf über die neuere
Entwicklung des Bankwesens in Deutschland" ein Urtheil gefällt, welches entweder
auf flüchtiger Durchsicht, oder auf einem Mißverständniß derselben zu beruhen
scheint. Es heißt daselbst:

„Der Verfasser gehört zu denen, welche dem Staate allein das Recht zur
Banknotenausgabe lassen wollen, und will er dies damit beweisen. daß Banknoten
als allgemeines Tauschmittel der Werthmcsscr des Landes seien, dessen Anordnung
wie beim Maß und Gewicht doch dem Staate zukomme. Wir meinen aber mit
einem bildlichen Vergleiche läßt sich überhaupt nichts beweisen, zumal das Geld


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/85>, abgerufen am 29.04.2024.