Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
.ii
Ungedrnckte Briefe.
s'l ,?^vita ^ Z7,Ä"js< Zi^i"in si>z . it'it<MM ni
/i iss^c! . n^^l/^tsi n/?r/ 7im Mol es/^ .'j/im
Des Herrn von Kleist Hochwohlgeboren*)

.
Ew. Hochwohlgeboren

bin ich sehr dankbar für das übersendete Stück des Phoebus. Die pro¬
saischen Aufsätze, wovon mir einige bekannt waren, haben mir viel Vergnügen
gemacht. Mit der Penthesilea kann ich mich noch nicht befreunden. Sie ist aus
einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß
ich mir Zeit nehmen muß mich in beyde zu finden. Auch erlauben Sie mir
zu sagen (denn wenn man nicht aufrichtig seyn sollte, so wäre es besser man
schwiege gar) daß es mich immer betrübt und bekümmert, wenn ich junge
Männer von Geist und Talent sehe, die auf ein Theater warten, welches da
kommen soll. Ein Jude der auf den Messias, ein Christ der aufs neue
Jerusalem, und ein Portugiese der auf den Don Sebastian wartet, machen
mir kein größeres Mißbehagen. Vor jedem Bretergerüst möchte ich dem wahr¬
haft theatralischen Genie sagen: die Moäus nie salta! Auf jedem Jahrmarkt
getraue ich mir, auf Bohlen über Fässer geschichtet, mit Calderons Stücken, undatis
wutÄnäis, der gebildeten und ungebildeten Masse das höchste Vergnügen zu
machen. Verzeihen Sie mir mein Geradezu: es zeigt von meinem aufrichtigen
Wohlwollen. Dergleichen. Dinge lassen sich freylich mit aufrichtigeren Tour-
nüren und gefälliger sagen. Ich bin jetzt schon zufrieden, wenn ich nur etwas
vom Herzen habe. Nächstens mehr.

Weimar den 1. Februar 1808.


Goethe.
:>2v^j

Salzburg den 19. April SS.


Verehrungswerther Freund,

In dem Begriff (übermorgen) von hier aus, meinem Bruder nach ?aris



") Von den Werken Heinrich von Kleists erscheint in nächster Zeit bei Georg
Reimer in Berlin eine neue Ausgabe, revidirt und mit einer biographisch-kritischen Einleitung.
Grenzboten I. 18S9. ^ 6
.ii
Ungedrnckte Briefe.
s'l ,?^vita ^ Z7,Ä«js< Zi^i»in si>z . it'it<MM ni
/i iss^c! . n^^l/^tsi n/?r/ 7im Mol es/^ .'j/im
Des Herrn von Kleist Hochwohlgeboren*)

.
Ew. Hochwohlgeboren

bin ich sehr dankbar für das übersendete Stück des Phoebus. Die pro¬
saischen Aufsätze, wovon mir einige bekannt waren, haben mir viel Vergnügen
gemacht. Mit der Penthesilea kann ich mich noch nicht befreunden. Sie ist aus
einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß
ich mir Zeit nehmen muß mich in beyde zu finden. Auch erlauben Sie mir
zu sagen (denn wenn man nicht aufrichtig seyn sollte, so wäre es besser man
schwiege gar) daß es mich immer betrübt und bekümmert, wenn ich junge
Männer von Geist und Talent sehe, die auf ein Theater warten, welches da
kommen soll. Ein Jude der auf den Messias, ein Christ der aufs neue
Jerusalem, und ein Portugiese der auf den Don Sebastian wartet, machen
mir kein größeres Mißbehagen. Vor jedem Bretergerüst möchte ich dem wahr¬
haft theatralischen Genie sagen: die Moäus nie salta! Auf jedem Jahrmarkt
getraue ich mir, auf Bohlen über Fässer geschichtet, mit Calderons Stücken, undatis
wutÄnäis, der gebildeten und ungebildeten Masse das höchste Vergnügen zu
machen. Verzeihen Sie mir mein Geradezu: es zeigt von meinem aufrichtigen
Wohlwollen. Dergleichen. Dinge lassen sich freylich mit aufrichtigeren Tour-
nüren und gefälliger sagen. Ich bin jetzt schon zufrieden, wenn ich nur etwas
vom Herzen habe. Nächstens mehr.

Weimar den 1. Februar 1808.


Goethe.
:>2v^j

Salzburg den 19. April SS.


Verehrungswerther Freund,

In dem Begriff (übermorgen) von hier aus, meinem Bruder nach ?aris



") Von den Werken Heinrich von Kleists erscheint in nächster Zeit bei Georg
Reimer in Berlin eine neue Ausgabe, revidirt und mit einer biographisch-kritischen Einleitung.
Grenzboten I. 18S9. ^ 6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0051" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107098"/>
        <div n="1">
          <head> .ii<lb/>
Ungedrnckte Briefe.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> s'l ,?^vita ^ Z7,Ä«js&lt; Zi^i»in si&gt;z . it'it&lt;MM ni<lb/>
/i iss^c! . n^^l/^tsi n/?r/ 7im Mol es/^  .'j/im<lb/>
Des Herrn von Kleist Hochwohlgeboren*)</head><lb/>
            <note type="salute"> .<lb/>
Ew. Hochwohlgeboren</note><lb/>
            <p xml:id="ID_123"> bin ich sehr dankbar für das übersendete Stück des Phoebus. Die pro¬<lb/>
saischen Aufsätze, wovon mir einige bekannt waren, haben mir viel Vergnügen<lb/>
gemacht. Mit der Penthesilea kann ich mich noch nicht befreunden. Sie ist aus<lb/>
einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß<lb/>
ich mir Zeit nehmen muß mich in beyde zu finden. Auch erlauben Sie mir<lb/>
zu sagen (denn wenn man nicht aufrichtig seyn sollte, so wäre es besser man<lb/>
schwiege gar) daß es mich immer betrübt und bekümmert, wenn ich junge<lb/>
Männer von Geist und Talent sehe, die auf ein Theater warten, welches da<lb/>
kommen soll. Ein Jude der auf den Messias, ein Christ der aufs neue<lb/>
Jerusalem, und ein Portugiese der auf den Don Sebastian wartet, machen<lb/>
mir kein größeres Mißbehagen. Vor jedem Bretergerüst möchte ich dem wahr¬<lb/>
haft theatralischen Genie sagen: die Moäus nie salta! Auf jedem Jahrmarkt<lb/>
getraue ich mir, auf Bohlen über Fässer geschichtet, mit Calderons Stücken, undatis<lb/>
wutÄnäis, der gebildeten und ungebildeten Masse das höchste Vergnügen zu<lb/>
machen. Verzeihen Sie mir mein Geradezu: es zeigt von meinem aufrichtigen<lb/>
Wohlwollen. Dergleichen. Dinge lassen sich freylich mit aufrichtigeren Tour-<lb/>
nüren und gefälliger sagen. Ich bin jetzt schon zufrieden, wenn ich nur etwas<lb/>
vom Herzen habe. Nächstens mehr.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_124"> Weimar den 1. Februar 1808.</p><lb/>
            <note type="bibl"> Goethe.</note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> :&gt;2v^j</head><lb/>
            <p xml:id="ID_125"> Salzburg den 19. April SS.</p><lb/>
            <note type="salute"> Verehrungswerther Freund,</note><lb/>
            <p xml:id="ID_126" next="#ID_127"> In dem Begriff (übermorgen) von hier aus, meinem Bruder nach ?aris</p><lb/>
            <note xml:id="FID_4" place="foot"> ") Von den Werken Heinrich von Kleists erscheint in nächster Zeit bei Georg<lb/>
Reimer in Berlin eine neue Ausgabe, revidirt und mit einer biographisch-kritischen Einleitung.</note><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 18S9. ^ 6</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0051] .ii Ungedrnckte Briefe. s'l ,?^vita ^ Z7,Ä«js< Zi^i»in si>z . it'it<MM ni /i iss^c! . n^^l/^tsi n/?r/ 7im Mol es/^ .'j/im Des Herrn von Kleist Hochwohlgeboren*) . Ew. Hochwohlgeboren bin ich sehr dankbar für das übersendete Stück des Phoebus. Die pro¬ saischen Aufsätze, wovon mir einige bekannt waren, haben mir viel Vergnügen gemacht. Mit der Penthesilea kann ich mich noch nicht befreunden. Sie ist aus einem so wunderbaren Geschlecht und bewegt sich in einer so fremden Region, daß ich mir Zeit nehmen muß mich in beyde zu finden. Auch erlauben Sie mir zu sagen (denn wenn man nicht aufrichtig seyn sollte, so wäre es besser man schwiege gar) daß es mich immer betrübt und bekümmert, wenn ich junge Männer von Geist und Talent sehe, die auf ein Theater warten, welches da kommen soll. Ein Jude der auf den Messias, ein Christ der aufs neue Jerusalem, und ein Portugiese der auf den Don Sebastian wartet, machen mir kein größeres Mißbehagen. Vor jedem Bretergerüst möchte ich dem wahr¬ haft theatralischen Genie sagen: die Moäus nie salta! Auf jedem Jahrmarkt getraue ich mir, auf Bohlen über Fässer geschichtet, mit Calderons Stücken, undatis wutÄnäis, der gebildeten und ungebildeten Masse das höchste Vergnügen zu machen. Verzeihen Sie mir mein Geradezu: es zeigt von meinem aufrichtigen Wohlwollen. Dergleichen. Dinge lassen sich freylich mit aufrichtigeren Tour- nüren und gefälliger sagen. Ich bin jetzt schon zufrieden, wenn ich nur etwas vom Herzen habe. Nächstens mehr. Weimar den 1. Februar 1808. Goethe. :>2v^j Salzburg den 19. April SS. Verehrungswerther Freund, In dem Begriff (übermorgen) von hier aus, meinem Bruder nach ?aris ") Von den Werken Heinrich von Kleists erscheint in nächster Zeit bei Georg Reimer in Berlin eine neue Ausgabe, revidirt und mit einer biographisch-kritischen Einleitung. Grenzboten I. 18S9. ^ 6

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/51
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/51>, abgerufen am 02.05.2024.