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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Die Zunft und die freie Genossenschaft (Association).

"Die Zunft, die Corporation, ist conservativ, die Association revolu-
ivuär." Dies das Anathem, welches die Junkerpartei und die mißbräuch-
'es sogenannten Conservativen gegen die genossenschaftlichen Bestrebungen
"userer unbemittelten Gewerbtreibenden schleudern, und die Reorganisation
^ Zünfte der Köder, welcher ihnen weiland aus den Reihen der ehrsamen
Handwerksmeister manchen Bundesgenossen zuführte. Indessen, wie es mit
gleichen Stichworten geht, welche entweder die Bemäntelung der vollstän-
'ö?n Begriffslosigkeit, oder wol auch ein absichtliches Irreleiten bezwecken:
aß sie den wahren Bedürfnissen des Tages eben nicht Stich halten, so wis-
>w die Herren jetzt selbst jene Phrase den überall auf sie eindringenden Thät¬
lichen gegenüber nicht mehr aufrecht zu erhalten. Besonders ist ihre Zunft-
Organisation, zu welcher sie während ihres Regiments hinlänglich Zeit und
'acht besaßen, total verunglückt, und hat weder den Nothstand der Hand¬
erker gelindert, noch diese im mindesten befriedigt. Vielmehr lenken die-
, k>er> immer mehr in die neue genossenschaftliche Verkehrsform, welche schon
in den ersten Anfangsstadien der Entwicklung, ihren Mitgliedern einen
^ntlichen Halt gegen die Bedrängnisse ihrer Lage zu gewähren vermochte
die Keime zukunstreicher Gestaltung in ihrem Schoße trägt. Es lohnt
^es daher jedenfalls der Mühe, dem obigen angeblich conservativen Dogma
^umal uciher auf den Grund zu gehn, und den Unterschied zwischen Zunst
""d Genossenschaft, den wesentlichen Charakter beider festzustellen, wobei be-
^übers der historische Boden, auf welchem beide erwachsen sind, berücksichtigt
^rden muß. Denn mit den blos äußerlichen Gegensätzen der Gebundenheit
Freiheit ist es nicht abgemacht. Vielmehr kommt es darauf an, sich die
erschiedenheit der Aufgabe klar zu machen, welche jeder von ihnen, je nach
°u Zeitverhältnissen bei ihrer Entstehung, gestellt war, indem sich dadurch
ganzes Wesen innerlich bedingte und ausprägte, als dessen natürlichen
sstuß wir jene äußere Form aufzufassen haben.

Wie bei den Griechen und Römern durch Sklaven, sehen wir im frühen
'


Grenzten III. 18ö9. 21
Die Zunft und die freie Genossenschaft (Association).

»Die Zunft, die Corporation, ist conservativ, die Association revolu-
ivuär." Dies das Anathem, welches die Junkerpartei und die mißbräuch-
'es sogenannten Conservativen gegen die genossenschaftlichen Bestrebungen
"userer unbemittelten Gewerbtreibenden schleudern, und die Reorganisation
^ Zünfte der Köder, welcher ihnen weiland aus den Reihen der ehrsamen
Handwerksmeister manchen Bundesgenossen zuführte. Indessen, wie es mit
gleichen Stichworten geht, welche entweder die Bemäntelung der vollstän-
'ö?n Begriffslosigkeit, oder wol auch ein absichtliches Irreleiten bezwecken:
aß sie den wahren Bedürfnissen des Tages eben nicht Stich halten, so wis-
>w die Herren jetzt selbst jene Phrase den überall auf sie eindringenden Thät¬
lichen gegenüber nicht mehr aufrecht zu erhalten. Besonders ist ihre Zunft-
Organisation, zu welcher sie während ihres Regiments hinlänglich Zeit und
'acht besaßen, total verunglückt, und hat weder den Nothstand der Hand¬
erker gelindert, noch diese im mindesten befriedigt. Vielmehr lenken die-
, k>er> immer mehr in die neue genossenschaftliche Verkehrsform, welche schon
in den ersten Anfangsstadien der Entwicklung, ihren Mitgliedern einen
^ntlichen Halt gegen die Bedrängnisse ihrer Lage zu gewähren vermochte
die Keime zukunstreicher Gestaltung in ihrem Schoße trägt. Es lohnt
^es daher jedenfalls der Mühe, dem obigen angeblich conservativen Dogma
^umal uciher auf den Grund zu gehn, und den Unterschied zwischen Zunst
""d Genossenschaft, den wesentlichen Charakter beider festzustellen, wobei be-
^übers der historische Boden, auf welchem beide erwachsen sind, berücksichtigt
^rden muß. Denn mit den blos äußerlichen Gegensätzen der Gebundenheit
Freiheit ist es nicht abgemacht. Vielmehr kommt es darauf an, sich die
erschiedenheit der Aufgabe klar zu machen, welche jeder von ihnen, je nach
°u Zeitverhältnissen bei ihrer Entstehung, gestellt war, indem sich dadurch
ganzes Wesen innerlich bedingte und ausprägte, als dessen natürlichen
sstuß wir jene äußere Form aufzufassen haben.

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'


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[0175] Die Zunft und die freie Genossenschaft (Association). »Die Zunft, die Corporation, ist conservativ, die Association revolu- ivuär." Dies das Anathem, welches die Junkerpartei und die mißbräuch- 'es sogenannten Conservativen gegen die genossenschaftlichen Bestrebungen "userer unbemittelten Gewerbtreibenden schleudern, und die Reorganisation ^ Zünfte der Köder, welcher ihnen weiland aus den Reihen der ehrsamen Handwerksmeister manchen Bundesgenossen zuführte. Indessen, wie es mit gleichen Stichworten geht, welche entweder die Bemäntelung der vollstän- 'ö?n Begriffslosigkeit, oder wol auch ein absichtliches Irreleiten bezwecken: aß sie den wahren Bedürfnissen des Tages eben nicht Stich halten, so wis- >w die Herren jetzt selbst jene Phrase den überall auf sie eindringenden Thät¬ lichen gegenüber nicht mehr aufrecht zu erhalten. Besonders ist ihre Zunft- Organisation, zu welcher sie während ihres Regiments hinlänglich Zeit und 'acht besaßen, total verunglückt, und hat weder den Nothstand der Hand¬ erker gelindert, noch diese im mindesten befriedigt. Vielmehr lenken die- , k>er> immer mehr in die neue genossenschaftliche Verkehrsform, welche schon in den ersten Anfangsstadien der Entwicklung, ihren Mitgliedern einen ^ntlichen Halt gegen die Bedrängnisse ihrer Lage zu gewähren vermochte die Keime zukunstreicher Gestaltung in ihrem Schoße trägt. Es lohnt ^es daher jedenfalls der Mühe, dem obigen angeblich conservativen Dogma ^umal uciher auf den Grund zu gehn, und den Unterschied zwischen Zunst ""d Genossenschaft, den wesentlichen Charakter beider festzustellen, wobei be- ^übers der historische Boden, auf welchem beide erwachsen sind, berücksichtigt ^rden muß. Denn mit den blos äußerlichen Gegensätzen der Gebundenheit Freiheit ist es nicht abgemacht. Vielmehr kommt es darauf an, sich die erschiedenheit der Aufgabe klar zu machen, welche jeder von ihnen, je nach °u Zeitverhältnissen bei ihrer Entstehung, gestellt war, indem sich dadurch ganzes Wesen innerlich bedingte und ausprägte, als dessen natürlichen sstuß wir jene äußere Form aufzufassen haben. Wie bei den Griechen und Römern durch Sklaven, sehen wir im frühen ' Grenzten III. 18ö9. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/175>, abgerufen am 28.04.2024.