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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Eine Wallfahrt nach Zernsalem.
5.
Protestanten. -- Die fränkische Gesellschaft in der heiligen
Stadt. -- Consuln. -- Handwerksburschen.

^ Eine protestantische Gemeinde besteht in Jerusalem erst seit etwa zwanzig
wahren, doch waren schon ein Jahrzehnt früher einzelne Evangelische hier an-
^ssig. Die ersten Ansiedler waren Agenten der englischen Intermission, die
^ Jahr 1820 hier ihre Arbeit begannen. 1834 erschienen Amerikaner, welche
die Griechen zu bekehren versuchten, damit aber keine Erfolge erzielten und
bald wieder abzogen. Das Jahr darauf setzten sich die englischen Missionäre
^'ster und man dachte an Erbauung einer Kirche. 1838 wurde der Bauplatz
°am erworben, 1842 der Grundstein gelegt, 1348 war sie vollendet. Sie
^l>t auf dem Zion und zwar an der Stelle, die einst der Palast des Herodes
Zunahm, und nimmt sich recht gut aus. Der Stil ist der gothische. Ein
^)Arm fehlt, und so hat man die Glocke am Eingang aufgehangen. Das
innere erinnert durch die über dem Altar angebrachte schwarze Marmortafel,
^ der man in hebräischen Goldbuchstaben das Vaterunser und die zehn Ge-
,°le liest, an die ursprüngliche Gestalt der Gemeinde, die zu drei Vierteln
'hrer Glieder aus getauften Juden bestand. Auch ihr erster Bischof -- er
Alexander Wolff und traf 1841 hier ein -- war von Geburt Jsraelit.

3>n Jahre 1846 kam zu diesem Grundstamm der Protestanten ein anderes
^Maul. Deutsche Handwerker erzählten einem Herrn Spittler in Basel von
^ Elend und dem Bettel der jerusalcmer Bevölkerung, und derselbe fand sich da-
urch bewogen, hier ein "Brüderhaus" zu gründen. Er schickte einige Händ¬
ler hierher, um das Volk nützliche Dinge zu lehren und nebenbei als Laien-
"ussionäre zu wirken. Die Anstalt wollte indeß nicht gedeihen, da sie nicht
genaue Kenntniß der Verhältnisse basirt und die "Brüder" zum Theil übel
uewählt waren. Die intelligenter" fanden die ihnen auferlegte Verpflichtung.
zu bleiben, zu hart und traten zu den Engländern über, die ihnen be¬
willig die Heirath gestatteten. Jetzt ist das Brüderhaus in der Haupt-
'


^Mjboten III. 1859. 46
Eine Wallfahrt nach Zernsalem.
5.
Protestanten. — Die fränkische Gesellschaft in der heiligen
Stadt. — Consuln. — Handwerksburschen.

^ Eine protestantische Gemeinde besteht in Jerusalem erst seit etwa zwanzig
wahren, doch waren schon ein Jahrzehnt früher einzelne Evangelische hier an-
^ssig. Die ersten Ansiedler waren Agenten der englischen Intermission, die
^ Jahr 1820 hier ihre Arbeit begannen. 1834 erschienen Amerikaner, welche
die Griechen zu bekehren versuchten, damit aber keine Erfolge erzielten und
bald wieder abzogen. Das Jahr darauf setzten sich die englischen Missionäre
^'ster und man dachte an Erbauung einer Kirche. 1838 wurde der Bauplatz
°am erworben, 1842 der Grundstein gelegt, 1348 war sie vollendet. Sie
^l>t auf dem Zion und zwar an der Stelle, die einst der Palast des Herodes
Zunahm, und nimmt sich recht gut aus. Der Stil ist der gothische. Ein
^)Arm fehlt, und so hat man die Glocke am Eingang aufgehangen. Das
innere erinnert durch die über dem Altar angebrachte schwarze Marmortafel,
^ der man in hebräischen Goldbuchstaben das Vaterunser und die zehn Ge-
,°le liest, an die ursprüngliche Gestalt der Gemeinde, die zu drei Vierteln
'hrer Glieder aus getauften Juden bestand. Auch ihr erster Bischof — er
Alexander Wolff und traf 1841 hier ein — war von Geburt Jsraelit.

3>n Jahre 1846 kam zu diesem Grundstamm der Protestanten ein anderes
^Maul. Deutsche Handwerker erzählten einem Herrn Spittler in Basel von
^ Elend und dem Bettel der jerusalcmer Bevölkerung, und derselbe fand sich da-
urch bewogen, hier ein „Brüderhaus" zu gründen. Er schickte einige Händ¬
ler hierher, um das Volk nützliche Dinge zu lehren und nebenbei als Laien-
"ussionäre zu wirken. Die Anstalt wollte indeß nicht gedeihen, da sie nicht
genaue Kenntniß der Verhältnisse basirt und die „Brüder" zum Theil übel
uewählt waren. Die intelligenter» fanden die ihnen auferlegte Verpflichtung.
zu bleiben, zu hart und traten zu den Engländern über, die ihnen be¬
willig die Heirath gestatteten. Jetzt ist das Brüderhaus in der Haupt-
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[0375] Eine Wallfahrt nach Zernsalem. 5. Protestanten. — Die fränkische Gesellschaft in der heiligen Stadt. — Consuln. — Handwerksburschen. ^ Eine protestantische Gemeinde besteht in Jerusalem erst seit etwa zwanzig wahren, doch waren schon ein Jahrzehnt früher einzelne Evangelische hier an- ^ssig. Die ersten Ansiedler waren Agenten der englischen Intermission, die ^ Jahr 1820 hier ihre Arbeit begannen. 1834 erschienen Amerikaner, welche die Griechen zu bekehren versuchten, damit aber keine Erfolge erzielten und bald wieder abzogen. Das Jahr darauf setzten sich die englischen Missionäre ^'ster und man dachte an Erbauung einer Kirche. 1838 wurde der Bauplatz °am erworben, 1842 der Grundstein gelegt, 1348 war sie vollendet. Sie ^l>t auf dem Zion und zwar an der Stelle, die einst der Palast des Herodes Zunahm, und nimmt sich recht gut aus. Der Stil ist der gothische. Ein ^)Arm fehlt, und so hat man die Glocke am Eingang aufgehangen. Das innere erinnert durch die über dem Altar angebrachte schwarze Marmortafel, ^ der man in hebräischen Goldbuchstaben das Vaterunser und die zehn Ge- ,°le liest, an die ursprüngliche Gestalt der Gemeinde, die zu drei Vierteln 'hrer Glieder aus getauften Juden bestand. Auch ihr erster Bischof — er Alexander Wolff und traf 1841 hier ein — war von Geburt Jsraelit. 3>n Jahre 1846 kam zu diesem Grundstamm der Protestanten ein anderes ^Maul. Deutsche Handwerker erzählten einem Herrn Spittler in Basel von ^ Elend und dem Bettel der jerusalcmer Bevölkerung, und derselbe fand sich da- urch bewogen, hier ein „Brüderhaus" zu gründen. Er schickte einige Händ¬ ler hierher, um das Volk nützliche Dinge zu lehren und nebenbei als Laien- "ussionäre zu wirken. Die Anstalt wollte indeß nicht gedeihen, da sie nicht genaue Kenntniß der Verhältnisse basirt und die „Brüder" zum Theil übel uewählt waren. Die intelligenter» fanden die ihnen auferlegte Verpflichtung. zu bleiben, zu hart und traten zu den Engländern über, die ihnen be¬ willig die Heirath gestatteten. Jetzt ist das Brüderhaus in der Haupt- ' ^Mjboten III. 1859. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/375>, abgerufen am 28.04.2024.