Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

winde sich Larasch selbst von einer tüchtigeren Truppe als die Marokkaner
sind, nicht lange halten lassen. Der Platz leidet an Wassermangel. Die
Brunnen sind schlecht, und man muß sich sein Trinkwasser ans einer Quelle
holen, die außerhalb der Stadt, über tausend Schritt von der Ringmauer
liegt, und überdies; von den Geschützen der letzten, nicht Gestrichen werden
kann. Die Portugiesen hatten eine riesige Cisterne angelegt, aber die Träg¬
heit und Sorglosigkeit der Mauren hat sie zerfallen lassen. Noch mag er¬
wähnt werden, daß Larasch im Herbst einsehr ungesunder Ort ist, weil dann
die benachbarten großen Sümpfe eine giftige, den Europäern oft tödtliche
Fiebcrlust aushauchen.




Weihnachten in London.

Wir entnehmen die folgende Schilderung des Weihnachtsfestes in London
auszugsweise aus dem im vorigen Heft d. Bl. angezeigten kleinen Buch: All¬
tagsleben in London von Julius Rodenberg(Berlin. Verlag vonI. Springer.
1860). Es heißt dort: -- Wer London nicht im Weihnachtskleid gesehen hat,
der kennt die Glorie von London nicht. Der weiß nicht, wie unaussprechlich
schlich, wie ausgelassen lustig London sein kann. -- Es gibt in London keine
Christbäume mit den kleinen, lieben Kerzen auf den schwankenden Zweigen.
W't den Spielsachen und Goldschaumüpfelchen zwischen dem Grün und Lichter-
Slanz. und der fröhlichen Kinderschaar ringsherum -- aber ganz London ist
°'n riesiger Christbaum, jede Straße ist ein grüner Zweig, jedes Haus eine
funkelnde Kerze daran ... Die deutsche Weihnacht ist ein Fest für die Kinder
und für die Großen, die mit den Kleinen wieder Kinder werden. Weihnachten
England ist ein Fest für die Erwachsenen, ja fast das einzige Fest, das sie
haben. Der steife Hochkirchcnzwang des Sonntags engt sie an diesem Feier-
t"ge nicht ein; sie dürfen jubeln, sie dürfen lachen, sie dürfen singen, sie dur-
!°n trinken .... die ganze unbändige Lust dieses starken Volkes darf sich
einem gewaltigen Freudenschrei Luft machen.

Weihnachten in England hat nur einen Tag. aber die Weihnachtsfreude
^g'und früher und dauert länger als bei uns. Schon in den ersten Tagen
des December schmücken sich die Schaufenster von London mit den grünen


winde sich Larasch selbst von einer tüchtigeren Truppe als die Marokkaner
sind, nicht lange halten lassen. Der Platz leidet an Wassermangel. Die
Brunnen sind schlecht, und man muß sich sein Trinkwasser ans einer Quelle
holen, die außerhalb der Stadt, über tausend Schritt von der Ringmauer
liegt, und überdies; von den Geschützen der letzten, nicht Gestrichen werden
kann. Die Portugiesen hatten eine riesige Cisterne angelegt, aber die Träg¬
heit und Sorglosigkeit der Mauren hat sie zerfallen lassen. Noch mag er¬
wähnt werden, daß Larasch im Herbst einsehr ungesunder Ort ist, weil dann
die benachbarten großen Sümpfe eine giftige, den Europäern oft tödtliche
Fiebcrlust aushauchen.




Weihnachten in London.

Wir entnehmen die folgende Schilderung des Weihnachtsfestes in London
auszugsweise aus dem im vorigen Heft d. Bl. angezeigten kleinen Buch: All¬
tagsleben in London von Julius Rodenberg(Berlin. Verlag vonI. Springer.
1860). Es heißt dort: — Wer London nicht im Weihnachtskleid gesehen hat,
der kennt die Glorie von London nicht. Der weiß nicht, wie unaussprechlich
schlich, wie ausgelassen lustig London sein kann. — Es gibt in London keine
Christbäume mit den kleinen, lieben Kerzen auf den schwankenden Zweigen.
W't den Spielsachen und Goldschaumüpfelchen zwischen dem Grün und Lichter-
Slanz. und der fröhlichen Kinderschaar ringsherum — aber ganz London ist
°'n riesiger Christbaum, jede Straße ist ein grüner Zweig, jedes Haus eine
funkelnde Kerze daran ... Die deutsche Weihnacht ist ein Fest für die Kinder
und für die Großen, die mit den Kleinen wieder Kinder werden. Weihnachten
England ist ein Fest für die Erwachsenen, ja fast das einzige Fest, das sie
haben. Der steife Hochkirchcnzwang des Sonntags engt sie an diesem Feier-
t"ge nicht ein; sie dürfen jubeln, sie dürfen lachen, sie dürfen singen, sie dur-
!°n trinken .... die ganze unbändige Lust dieses starken Volkes darf sich
einem gewaltigen Freudenschrei Luft machen.

Weihnachten in England hat nur einen Tag. aber die Weihnachtsfreude
^g'und früher und dauert länger als bei uns. Schon in den ersten Tagen
des December schmücken sich die Schaufenster von London mit den grünen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0481" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108611"/>
            <p xml:id="ID_1483" prev="#ID_1482"> winde sich Larasch selbst von einer tüchtigeren Truppe als die Marokkaner<lb/>
sind, nicht lange halten lassen. Der Platz leidet an Wassermangel. Die<lb/>
Brunnen sind schlecht, und man muß sich sein Trinkwasser ans einer Quelle<lb/>
holen, die außerhalb der Stadt, über tausend Schritt von der Ringmauer<lb/>
liegt, und überdies; von den Geschützen der letzten, nicht Gestrichen werden<lb/>
kann. Die Portugiesen hatten eine riesige Cisterne angelegt, aber die Träg¬<lb/>
heit und Sorglosigkeit der Mauren hat sie zerfallen lassen. Noch mag er¬<lb/>
wähnt werden, daß Larasch im Herbst einsehr ungesunder Ort ist, weil dann<lb/>
die benachbarten großen Sümpfe eine giftige, den Europäern oft tödtliche<lb/>
Fiebcrlust aushauchen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Weihnachten in London.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1484"> Wir entnehmen die folgende Schilderung des Weihnachtsfestes in London<lb/>
auszugsweise aus dem im vorigen Heft d. Bl. angezeigten kleinen Buch: All¬<lb/>
tagsleben in London von Julius Rodenberg(Berlin. Verlag vonI. Springer.<lb/>
1860). Es heißt dort: &#x2014; Wer London nicht im Weihnachtskleid gesehen hat,<lb/>
der kennt die Glorie von London nicht. Der weiß nicht, wie unaussprechlich<lb/>
schlich, wie ausgelassen lustig London sein kann. &#x2014; Es gibt in London keine<lb/>
Christbäume mit den kleinen, lieben Kerzen auf den schwankenden Zweigen.<lb/>
W't den Spielsachen und Goldschaumüpfelchen zwischen dem Grün und Lichter-<lb/>
Slanz. und der fröhlichen Kinderschaar ringsherum &#x2014; aber ganz London ist<lb/>
°'n riesiger Christbaum, jede Straße ist ein grüner Zweig, jedes Haus eine<lb/>
funkelnde Kerze daran ... Die deutsche Weihnacht ist ein Fest für die Kinder<lb/>
und für die Großen, die mit den Kleinen wieder Kinder werden. Weihnachten<lb/>
England ist ein Fest für die Erwachsenen, ja fast das einzige Fest, das sie<lb/>
haben. Der steife Hochkirchcnzwang des Sonntags engt sie an diesem Feier-<lb/>
t"ge nicht ein; sie dürfen jubeln, sie dürfen lachen, sie dürfen singen, sie dur-<lb/>
!°n trinken .... die ganze unbändige Lust dieses starken Volkes darf sich<lb/>
einem gewaltigen Freudenschrei Luft machen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1485" next="#ID_1486"> Weihnachten in England hat nur einen Tag. aber die Weihnachtsfreude<lb/>
^g'und früher und dauert länger als bei uns.  Schon in den ersten Tagen<lb/>
des December schmücken sich die Schaufenster von London mit den grünen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0481] winde sich Larasch selbst von einer tüchtigeren Truppe als die Marokkaner sind, nicht lange halten lassen. Der Platz leidet an Wassermangel. Die Brunnen sind schlecht, und man muß sich sein Trinkwasser ans einer Quelle holen, die außerhalb der Stadt, über tausend Schritt von der Ringmauer liegt, und überdies; von den Geschützen der letzten, nicht Gestrichen werden kann. Die Portugiesen hatten eine riesige Cisterne angelegt, aber die Träg¬ heit und Sorglosigkeit der Mauren hat sie zerfallen lassen. Noch mag er¬ wähnt werden, daß Larasch im Herbst einsehr ungesunder Ort ist, weil dann die benachbarten großen Sümpfe eine giftige, den Europäern oft tödtliche Fiebcrlust aushauchen. Weihnachten in London. Wir entnehmen die folgende Schilderung des Weihnachtsfestes in London auszugsweise aus dem im vorigen Heft d. Bl. angezeigten kleinen Buch: All¬ tagsleben in London von Julius Rodenberg(Berlin. Verlag vonI. Springer. 1860). Es heißt dort: — Wer London nicht im Weihnachtskleid gesehen hat, der kennt die Glorie von London nicht. Der weiß nicht, wie unaussprechlich schlich, wie ausgelassen lustig London sein kann. — Es gibt in London keine Christbäume mit den kleinen, lieben Kerzen auf den schwankenden Zweigen. W't den Spielsachen und Goldschaumüpfelchen zwischen dem Grün und Lichter- Slanz. und der fröhlichen Kinderschaar ringsherum — aber ganz London ist °'n riesiger Christbaum, jede Straße ist ein grüner Zweig, jedes Haus eine funkelnde Kerze daran ... Die deutsche Weihnacht ist ein Fest für die Kinder und für die Großen, die mit den Kleinen wieder Kinder werden. Weihnachten England ist ein Fest für die Erwachsenen, ja fast das einzige Fest, das sie haben. Der steife Hochkirchcnzwang des Sonntags engt sie an diesem Feier- t"ge nicht ein; sie dürfen jubeln, sie dürfen lachen, sie dürfen singen, sie dur- !°n trinken .... die ganze unbändige Lust dieses starken Volkes darf sich einem gewaltigen Freudenschrei Luft machen. Weihnachten in England hat nur einen Tag. aber die Weihnachtsfreude ^g'und früher und dauert länger als bei uns. Schon in den ersten Tagen des December schmücken sich die Schaufenster von London mit den grünen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/481
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/481>, abgerufen am 04.05.2024.