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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Katastrophe gekommen, wo es sich wirklich um eine Revision der wiener Verträge,
jener verhängnißvollen Verträge handelt, ja um eine Revision der Karte von Europa.
So schwer die Schuld eines solches Krieges auf den ersten Urheber drücken würde-
sür die Fortdauer der italienischen Regierungen werden wir unser Gut und Blut
1' 1' nicht daran setzen. Heute nicht und in alle Ewigkeit nicht.




Vermischte Literatur.

Reisen des Johannes Schiltpcrger. Zum ersten Male nach der gleich¬
zeitigen Heidelberger Handschrift herausgegeben und erläutert von K. Fr. Neumann.
Mit Zusätzen von Fallmerayer und Hammer-Purgstall. -- München, 1856. -- Johannes
Schiltpcrger war ein baierischer Edelmann, der, in der Schlacht bei Nikopolis von
den Türken gefangen, als Sklave unter wechselnden Schicksalen einen großen Theil
Asiens durchwanderte. Seine Reisen fallen in die Jahre 1394 bis 1427, er lebte
eine Zeit lang am Hofe Bajasids in Kleinasien, sah den Sturz dieses Fürsten, folgte
dem schrecklichen Mongolenchan Timur auf seinen Zügen, war bald in Kleinasien,
bald in Persien und Mesopotamien und wurde selbst nach Sibirien verschlagen.
Zuletzt nach Armenien gelangt, glückte es ihn: endlich zu entfliehen, und so kam er
über Konstantinopel, die Donauländer und Galizien in die Heimath zurück, wo Her¬
zog Albrecht der Dritte den Viclgcwnndertcn in seine Nähe zog und zu seinem Kümmer¬
ling machte. Was er gesehen und erlebt, beschreibt er, naiv wie sein Zeitalter, in
treuherziger, allenthalben den Stempel der Wahrhaftigkeit tragender Sprache. Der
Herausgeber hat dem kleinen Buch eine ausführliche, lesenswerthe Einleitung voraus¬
geschickt und dasselbe mit Erläuterungen begleitet, welche bei den mannigfachen
Dunkelheiten des Textes allerdings nothwendig waren. Wir bemerken hierzu, daß
Prof. Neumann zu gleicher Zeit eine, wie uns scheint, bcherzigenswerthe Denkschrift
"Ueber die Ereignisse in Ostasien und die Nothwendigkeit deutscher
Handelsverträge mit Sieur, China und Japan" veröffentlicht hat. Aus
der Zahl der fremden Schiffe, welche im Herbst 1858 in den chinesischen Häfen
lagen (es waren 1440, worunter 696 englische, 236 nordamerikanische, 180 deutsche,
117 holländische, 90 Siamesische, die übrigen 121 vertheilen sich unter Spanien,
Frankreich, Dänemark, Schweden, Chile, Neugranada und Peru) erhellt, daß Deutsch¬
land bei dem auswärtigen Verkehr des Mitlclrciches, soweit er durch fremde Schiffe
vermittelt wird, den dritten Rang einnimmt und seine Betheiligung 12V- Procent
beträgt. Der Versasser meint, hätten wir erst eine vertragsmäßige Stellung zu
den ostasiatischen Reichen gewonnen, so würde dieser Verkehr im großartigsten Ma߬
stab zunehmen, und überdies würde die in solcher Weise erstarkte und vermehrte


Katastrophe gekommen, wo es sich wirklich um eine Revision der wiener Verträge,
jener verhängnißvollen Verträge handelt, ja um eine Revision der Karte von Europa.
So schwer die Schuld eines solches Krieges auf den ersten Urheber drücken würde-
sür die Fortdauer der italienischen Regierungen werden wir unser Gut und Blut
1' 1' nicht daran setzen. Heute nicht und in alle Ewigkeit nicht.




Vermischte Literatur.

Reisen des Johannes Schiltpcrger. Zum ersten Male nach der gleich¬
zeitigen Heidelberger Handschrift herausgegeben und erläutert von K. Fr. Neumann.
Mit Zusätzen von Fallmerayer und Hammer-Purgstall. — München, 1856. — Johannes
Schiltpcrger war ein baierischer Edelmann, der, in der Schlacht bei Nikopolis von
den Türken gefangen, als Sklave unter wechselnden Schicksalen einen großen Theil
Asiens durchwanderte. Seine Reisen fallen in die Jahre 1394 bis 1427, er lebte
eine Zeit lang am Hofe Bajasids in Kleinasien, sah den Sturz dieses Fürsten, folgte
dem schrecklichen Mongolenchan Timur auf seinen Zügen, war bald in Kleinasien,
bald in Persien und Mesopotamien und wurde selbst nach Sibirien verschlagen.
Zuletzt nach Armenien gelangt, glückte es ihn: endlich zu entfliehen, und so kam er
über Konstantinopel, die Donauländer und Galizien in die Heimath zurück, wo Her¬
zog Albrecht der Dritte den Viclgcwnndertcn in seine Nähe zog und zu seinem Kümmer¬
ling machte. Was er gesehen und erlebt, beschreibt er, naiv wie sein Zeitalter, in
treuherziger, allenthalben den Stempel der Wahrhaftigkeit tragender Sprache. Der
Herausgeber hat dem kleinen Buch eine ausführliche, lesenswerthe Einleitung voraus¬
geschickt und dasselbe mit Erläuterungen begleitet, welche bei den mannigfachen
Dunkelheiten des Textes allerdings nothwendig waren. Wir bemerken hierzu, daß
Prof. Neumann zu gleicher Zeit eine, wie uns scheint, bcherzigenswerthe Denkschrift
„Ueber die Ereignisse in Ostasien und die Nothwendigkeit deutscher
Handelsverträge mit Sieur, China und Japan" veröffentlicht hat. Aus
der Zahl der fremden Schiffe, welche im Herbst 1858 in den chinesischen Häfen
lagen (es waren 1440, worunter 696 englische, 236 nordamerikanische, 180 deutsche,
117 holländische, 90 Siamesische, die übrigen 121 vertheilen sich unter Spanien,
Frankreich, Dänemark, Schweden, Chile, Neugranada und Peru) erhellt, daß Deutsch¬
land bei dem auswärtigen Verkehr des Mitlclrciches, soweit er durch fremde Schiffe
vermittelt wird, den dritten Rang einnimmt und seine Betheiligung 12V- Procent
beträgt. Der Versasser meint, hätten wir erst eine vertragsmäßige Stellung zu
den ostasiatischen Reichen gewonnen, so würde dieser Verkehr im großartigsten Ma߬
stab zunehmen, und überdies würde die in solcher Weise erstarkte und vermehrte


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[0409] Katastrophe gekommen, wo es sich wirklich um eine Revision der wiener Verträge, jener verhängnißvollen Verträge handelt, ja um eine Revision der Karte von Europa. So schwer die Schuld eines solches Krieges auf den ersten Urheber drücken würde- sür die Fortdauer der italienischen Regierungen werden wir unser Gut und Blut 1' 1' nicht daran setzen. Heute nicht und in alle Ewigkeit nicht. Vermischte Literatur. Reisen des Johannes Schiltpcrger. Zum ersten Male nach der gleich¬ zeitigen Heidelberger Handschrift herausgegeben und erläutert von K. Fr. Neumann. Mit Zusätzen von Fallmerayer und Hammer-Purgstall. — München, 1856. — Johannes Schiltpcrger war ein baierischer Edelmann, der, in der Schlacht bei Nikopolis von den Türken gefangen, als Sklave unter wechselnden Schicksalen einen großen Theil Asiens durchwanderte. Seine Reisen fallen in die Jahre 1394 bis 1427, er lebte eine Zeit lang am Hofe Bajasids in Kleinasien, sah den Sturz dieses Fürsten, folgte dem schrecklichen Mongolenchan Timur auf seinen Zügen, war bald in Kleinasien, bald in Persien und Mesopotamien und wurde selbst nach Sibirien verschlagen. Zuletzt nach Armenien gelangt, glückte es ihn: endlich zu entfliehen, und so kam er über Konstantinopel, die Donauländer und Galizien in die Heimath zurück, wo Her¬ zog Albrecht der Dritte den Viclgcwnndertcn in seine Nähe zog und zu seinem Kümmer¬ ling machte. Was er gesehen und erlebt, beschreibt er, naiv wie sein Zeitalter, in treuherziger, allenthalben den Stempel der Wahrhaftigkeit tragender Sprache. Der Herausgeber hat dem kleinen Buch eine ausführliche, lesenswerthe Einleitung voraus¬ geschickt und dasselbe mit Erläuterungen begleitet, welche bei den mannigfachen Dunkelheiten des Textes allerdings nothwendig waren. Wir bemerken hierzu, daß Prof. Neumann zu gleicher Zeit eine, wie uns scheint, bcherzigenswerthe Denkschrift „Ueber die Ereignisse in Ostasien und die Nothwendigkeit deutscher Handelsverträge mit Sieur, China und Japan" veröffentlicht hat. Aus der Zahl der fremden Schiffe, welche im Herbst 1858 in den chinesischen Häfen lagen (es waren 1440, worunter 696 englische, 236 nordamerikanische, 180 deutsche, 117 holländische, 90 Siamesische, die übrigen 121 vertheilen sich unter Spanien, Frankreich, Dänemark, Schweden, Chile, Neugranada und Peru) erhellt, daß Deutsch¬ land bei dem auswärtigen Verkehr des Mitlclrciches, soweit er durch fremde Schiffe vermittelt wird, den dritten Rang einnimmt und seine Betheiligung 12V- Procent beträgt. Der Versasser meint, hätten wir erst eine vertragsmäßige Stellung zu den ostasiatischen Reichen gewonnen, so würde dieser Verkehr im großartigsten Ma߬ stab zunehmen, und überdies würde die in solcher Weise erstarkte und vermehrte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/409>, abgerufen am 04.05.2024.