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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Die Universität Leipzig hat den edeln Gründer der Sammlung bei Ver¬
anlassung ihrer Eröffnung zum Doctor der Philosohie ernannt -- noch hö¬
here Freude als diese ehrenvolle Auszeichnung wird ihm das Bewußtsein des
warmen Dankes gewähren, den alle wahren Freunde der Kunst im Genusse
seiner schönen Schöpfung gegen ihn empfinden müssen.

Wünschen wir dem Endziele der Sammlung, Freude und Verständniß am
Schönen in immer weiterem Umfange zu verbreiten von Herzen eine segens¬
reiche Erfüllung, ein erfreuliches Fortgedeihen, aber dem ganzen Museum, daß
die warme Kunstliebe und der ruhmwürdige Bürgersinn, die es ins Leben ge¬
rufen, eine dauernde Zierde Leipzigs sein und bleiben mögen!




Von der preußischen Grenze.

Wenn auch von den Einzelheiten der Tcplitzer Zusammenkunft noch nichts be¬
kannt ,ist, so hat sich die Wirkung doch bereits gezeigt: Oestreich und Preußen ha¬
ben gemeinsam gegen die europäische Conferenz in der Savovcr Frage protestirt.
Was dieser Schritt von Seiten Preußens zu bedeuten hat, erhellt, wenn man den
von Oestreich bisher festgehaltenen Standpunkt ins Auge faßt. Oestreich hatte er¬
klärt, es mißbillige zwar die Einverleibung von Savoyen und Nizza, habe aber ge¬
gen dieselbe viel weniger einzuwenden als gegen die Einverleibung von Parma, Mo-
dena u. s. w., betrachte sie vielmehr als die natürliche Folge der letzteren. Auf diesen
Standpunkt ist ihm also Preußen gefolgt.

Dagegen zeigt sich auch nicht die geringste Spur, daß Oestreich sich be¬
mühte, Preußen >in der Auffassung der deutschen Frage entgegen zu kommen. Im
Gegentheil sehn wir die Mittclstaaten geschäftiger als je, sich über eine Form der
Bundcskriegsvcrfassung zu einigen, die den Preußischen Vorschlägen die Spitze ab¬
brechen soll. Und in Oestreich selbst steigt die Verwirrung; im Reichsrath selbst
gewinnt diejenige Partei, welche für Aufhebung der Centralisation arbeitet, immer
größer" Boden, und den Neuerungen der Regierung ist es nicht gelungen im Volk
irgend einen Anklang zu erwecken.

Kaiser Napoleon hat auf die Tcplitzer Zusammenkunft bereits geantwortet, es ist der
Brief an Persigny. Die humoristischen Seiten dieses Briefes sind von der Presse
bereits hervorgehoben, und sie springen in der That so klar in die Augen, daß keine
große Kunst dazu gehört, sie aufzufinden. Dazu rechnen wir vor allen die phan¬
tastische Auffassung der französischen Kriegsmacht. Allein der Brief hat auch seine


Die Universität Leipzig hat den edeln Gründer der Sammlung bei Ver¬
anlassung ihrer Eröffnung zum Doctor der Philosohie ernannt — noch hö¬
here Freude als diese ehrenvolle Auszeichnung wird ihm das Bewußtsein des
warmen Dankes gewähren, den alle wahren Freunde der Kunst im Genusse
seiner schönen Schöpfung gegen ihn empfinden müssen.

Wünschen wir dem Endziele der Sammlung, Freude und Verständniß am
Schönen in immer weiterem Umfange zu verbreiten von Herzen eine segens¬
reiche Erfüllung, ein erfreuliches Fortgedeihen, aber dem ganzen Museum, daß
die warme Kunstliebe und der ruhmwürdige Bürgersinn, die es ins Leben ge¬
rufen, eine dauernde Zierde Leipzigs sein und bleiben mögen!




Von der preußischen Grenze.

Wenn auch von den Einzelheiten der Tcplitzer Zusammenkunft noch nichts be¬
kannt ,ist, so hat sich die Wirkung doch bereits gezeigt: Oestreich und Preußen ha¬
ben gemeinsam gegen die europäische Conferenz in der Savovcr Frage protestirt.
Was dieser Schritt von Seiten Preußens zu bedeuten hat, erhellt, wenn man den
von Oestreich bisher festgehaltenen Standpunkt ins Auge faßt. Oestreich hatte er¬
klärt, es mißbillige zwar die Einverleibung von Savoyen und Nizza, habe aber ge¬
gen dieselbe viel weniger einzuwenden als gegen die Einverleibung von Parma, Mo-
dena u. s. w., betrachte sie vielmehr als die natürliche Folge der letzteren. Auf diesen
Standpunkt ist ihm also Preußen gefolgt.

Dagegen zeigt sich auch nicht die geringste Spur, daß Oestreich sich be¬
mühte, Preußen >in der Auffassung der deutschen Frage entgegen zu kommen. Im
Gegentheil sehn wir die Mittclstaaten geschäftiger als je, sich über eine Form der
Bundcskriegsvcrfassung zu einigen, die den Preußischen Vorschlägen die Spitze ab¬
brechen soll. Und in Oestreich selbst steigt die Verwirrung; im Reichsrath selbst
gewinnt diejenige Partei, welche für Aufhebung der Centralisation arbeitet, immer
größer« Boden, und den Neuerungen der Regierung ist es nicht gelungen im Volk
irgend einen Anklang zu erwecken.

Kaiser Napoleon hat auf die Tcplitzer Zusammenkunft bereits geantwortet, es ist der
Brief an Persigny. Die humoristischen Seiten dieses Briefes sind von der Presse
bereits hervorgehoben, und sie springen in der That so klar in die Augen, daß keine
große Kunst dazu gehört, sie aufzufinden. Dazu rechnen wir vor allen die phan¬
tastische Auffassung der französischen Kriegsmacht. Allein der Brief hat auch seine


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[0289] Die Universität Leipzig hat den edeln Gründer der Sammlung bei Ver¬ anlassung ihrer Eröffnung zum Doctor der Philosohie ernannt — noch hö¬ here Freude als diese ehrenvolle Auszeichnung wird ihm das Bewußtsein des warmen Dankes gewähren, den alle wahren Freunde der Kunst im Genusse seiner schönen Schöpfung gegen ihn empfinden müssen. Wünschen wir dem Endziele der Sammlung, Freude und Verständniß am Schönen in immer weiterem Umfange zu verbreiten von Herzen eine segens¬ reiche Erfüllung, ein erfreuliches Fortgedeihen, aber dem ganzen Museum, daß die warme Kunstliebe und der ruhmwürdige Bürgersinn, die es ins Leben ge¬ rufen, eine dauernde Zierde Leipzigs sein und bleiben mögen! Von der preußischen Grenze. Wenn auch von den Einzelheiten der Tcplitzer Zusammenkunft noch nichts be¬ kannt ,ist, so hat sich die Wirkung doch bereits gezeigt: Oestreich und Preußen ha¬ ben gemeinsam gegen die europäische Conferenz in der Savovcr Frage protestirt. Was dieser Schritt von Seiten Preußens zu bedeuten hat, erhellt, wenn man den von Oestreich bisher festgehaltenen Standpunkt ins Auge faßt. Oestreich hatte er¬ klärt, es mißbillige zwar die Einverleibung von Savoyen und Nizza, habe aber ge¬ gen dieselbe viel weniger einzuwenden als gegen die Einverleibung von Parma, Mo- dena u. s. w., betrachte sie vielmehr als die natürliche Folge der letzteren. Auf diesen Standpunkt ist ihm also Preußen gefolgt. Dagegen zeigt sich auch nicht die geringste Spur, daß Oestreich sich be¬ mühte, Preußen >in der Auffassung der deutschen Frage entgegen zu kommen. Im Gegentheil sehn wir die Mittclstaaten geschäftiger als je, sich über eine Form der Bundcskriegsvcrfassung zu einigen, die den Preußischen Vorschlägen die Spitze ab¬ brechen soll. Und in Oestreich selbst steigt die Verwirrung; im Reichsrath selbst gewinnt diejenige Partei, welche für Aufhebung der Centralisation arbeitet, immer größer« Boden, und den Neuerungen der Regierung ist es nicht gelungen im Volk irgend einen Anklang zu erwecken. Kaiser Napoleon hat auf die Tcplitzer Zusammenkunft bereits geantwortet, es ist der Brief an Persigny. Die humoristischen Seiten dieses Briefes sind von der Presse bereits hervorgehoben, und sie springen in der That so klar in die Augen, daß keine große Kunst dazu gehört, sie aufzufinden. Dazu rechnen wir vor allen die phan¬ tastische Auffassung der französischen Kriegsmacht. Allein der Brief hat auch seine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/289>, abgerufen am 01.05.2024.