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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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in Anspruch nahm, zur Excellenz geworden. Warum nicht? Wir möchten die
Vermuthung wagen, daß unsre gesammte Reaction trotz ihres Fcuerspeiens
über den "Raubzug" Garibaldis die Haltung des Generals im Stillen excellent
findet. Daß sie den Grund seiner Erfolge begreife, wollen wir ihr nicht zu-
muthen. Ist doch auch unsre Erklärung des raschen Siegs, daß eben wieder
einmal eine Idee starker war als sogenannte Thatsachen, nur eine halbe
Erklärung.

' Es ist nun die Rede davon, daß Garibaldi den Plan habe, ohne sich mit
Messina aufzuhalten, sobald als möglich zu einem Angriff auf die festländischen
Staaten des Königs Franz II. zu schreiten, und verschiedene Umstände scheinen
dies zu bestätigen. In Bezug hierauf theilen wir im Folgenden Einiges
über die Widcrstandsmittel mit, welche dem König zu Gebote stehen.

Diese Widcrstandsmittel sehen in unser" Quellen sehr imposant aus.
und es kommen mancherlei Dinge in Betracht, welche hier keinen so kurzen
Kampf voraussagen lassen, wie jenseits der Meerenge. In Sicilien gab
es keine, im Neapolitanischen gibt es eine starke königliche Partei. In
Sicilien kämpften die Neapolitaner fern von dem Centrum ihrer Stärke,
aus dem Festland haben sie alle ihre Hilfsquellen bei der Hand. Indeß scheint
es für die Bewegung, deren Vorfechter Garibaldi ist, wenigstens innerhalb
Italien, keine Unmöglichkeiten zu geben, und wenn wir anch wiederholen müssen,
daß wir eine Vereinigung Süditaliens mit dem vergrößerten Sardinien im
Interesse der Sache Italiens selbst für ein Unglück halten, so haben wir uns
doch gefaßt zu machen, über kurz oder lang, wenn nicht von außen ein Veto
kommt, von der Niederlage der Königlichen und der Aufpflanzung der Fahne
Victor Emanuels auch im Neapolitanischen zu hören.

Das neapolitanische Heer

galt bisher für sehr wasfcngeübt, und sollte
viele tüchtige Officiere besitzen. Dasselbe ergänzt sich in den festländischen Pro¬
vinzen in der Regel durch Conscription, und zwar treten die Mannschaften mit
dem 19. Lebensjahr in die Armee, dienen fünf Jahre und gehören dann wei¬
tere fünf Jahre der Reserve an. Es gibt indeß viele Befreiungen von der
Militärpflicht, z. B. für Söhne von Beamten, deren Vater nach unserm Gelde
mindestens 15 Thaler monatlichen Gehalt bezieht, sowie für Wohlhabende,
welche sich vom Staate für 240 Ducati, ir 1 Thaler 4'/- Sgr.. einen Stell¬
vertreter kaufen. Die Sicilinner duldete" bis ans die neueste Zeit keine Aus¬
hebung. Bar ihnen bestand immer blos Werbung, und nur der Auswurf der
Bevölkerung ließ sich durch das Handgeld zur Anlegung der Montur locken.
Mitte vorigen Jahres ward auch auf dem Festland Werbung versucht. Der
Stand der Armee war um diese Zeit folgender:


in Anspruch nahm, zur Excellenz geworden. Warum nicht? Wir möchten die
Vermuthung wagen, daß unsre gesammte Reaction trotz ihres Fcuerspeiens
über den „Raubzug" Garibaldis die Haltung des Generals im Stillen excellent
findet. Daß sie den Grund seiner Erfolge begreife, wollen wir ihr nicht zu-
muthen. Ist doch auch unsre Erklärung des raschen Siegs, daß eben wieder
einmal eine Idee starker war als sogenannte Thatsachen, nur eine halbe
Erklärung.

' Es ist nun die Rede davon, daß Garibaldi den Plan habe, ohne sich mit
Messina aufzuhalten, sobald als möglich zu einem Angriff auf die festländischen
Staaten des Königs Franz II. zu schreiten, und verschiedene Umstände scheinen
dies zu bestätigen. In Bezug hierauf theilen wir im Folgenden Einiges
über die Widcrstandsmittel mit, welche dem König zu Gebote stehen.

Diese Widcrstandsmittel sehen in unser» Quellen sehr imposant aus.
und es kommen mancherlei Dinge in Betracht, welche hier keinen so kurzen
Kampf voraussagen lassen, wie jenseits der Meerenge. In Sicilien gab
es keine, im Neapolitanischen gibt es eine starke königliche Partei. In
Sicilien kämpften die Neapolitaner fern von dem Centrum ihrer Stärke,
aus dem Festland haben sie alle ihre Hilfsquellen bei der Hand. Indeß scheint
es für die Bewegung, deren Vorfechter Garibaldi ist, wenigstens innerhalb
Italien, keine Unmöglichkeiten zu geben, und wenn wir anch wiederholen müssen,
daß wir eine Vereinigung Süditaliens mit dem vergrößerten Sardinien im
Interesse der Sache Italiens selbst für ein Unglück halten, so haben wir uns
doch gefaßt zu machen, über kurz oder lang, wenn nicht von außen ein Veto
kommt, von der Niederlage der Königlichen und der Aufpflanzung der Fahne
Victor Emanuels auch im Neapolitanischen zu hören.

Das neapolitanische Heer

galt bisher für sehr wasfcngeübt, und sollte
viele tüchtige Officiere besitzen. Dasselbe ergänzt sich in den festländischen Pro¬
vinzen in der Regel durch Conscription, und zwar treten die Mannschaften mit
dem 19. Lebensjahr in die Armee, dienen fünf Jahre und gehören dann wei¬
tere fünf Jahre der Reserve an. Es gibt indeß viele Befreiungen von der
Militärpflicht, z. B. für Söhne von Beamten, deren Vater nach unserm Gelde
mindestens 15 Thaler monatlichen Gehalt bezieht, sowie für Wohlhabende,
welche sich vom Staate für 240 Ducati, ir 1 Thaler 4'/- Sgr.. einen Stell¬
vertreter kaufen. Die Sicilinner duldete» bis ans die neueste Zeit keine Aus¬
hebung. Bar ihnen bestand immer blos Werbung, und nur der Auswurf der
Bevölkerung ließ sich durch das Handgeld zur Anlegung der Montur locken.
Mitte vorigen Jahres ward auch auf dem Festland Werbung versucht. Der
Stand der Armee war um diese Zeit folgender:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/40>, abgerufen am 01.05.2024.