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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Mexico und die Monroe-Doctrin.
i.

Es war im Jahre 1823, als Präsident Monroe im Hinblick auf das Ge¬
lingen der Revolution in den spanischen Colonien in Amerika, auf die Vereitelung
der liberalen Bestrebungen in Spanien und auf die Möglichkeit, daß die heilige
Allianz, die hier die Keime der Freiheit erstickt, ihre Hand zur Herstellung
des alten Systems auch nach jenen Colonien auszustrecken geneigt sei. in
seiner siebenten Jahresbotschaft, datirt vom 2. December, folgende Sßtze
aussprach:

"An den Kriegen der europäischen Mächte haben wir. soweit sie Gegen¬
stände betrafen, die nur sie selbst angehen, niemals Theil genommen, auch
verträgt sichs nicht mit unserer Politik, dies zu thun. Nur wenn unsere
Rechte beeinträchtigt oder ernstlich bedroht sind, weisen wir unrechtmäßige
Handlungen zurück und bereiten uns zur Vertheidigung vor. Mit den Be¬
wegungen auf dieser Hemisphäre sind wir nothwendiger Weise unmittelbarer
verknüpft und zwar aus Gründen, die für jeden erleuchteten und unparteiischen
Beobachter auf der Hand liegen. Das politische System der verbündeten
Mächte (der heiligen Allianz) ist in dieser Hinsicht von dem Amerikas wesent¬
lich verschieden. Diese Verschiedenheit geht aus dem hervor, welches in ihren
respectiven Regierungen ausgeprägt ist. Und der Vertheidigung des unsrigen.
welches mit Verlust von so viel Blut und Vermögen gewonnen und durch
die Weisheit der.erleuchtetsten Bürger zur Reife gebracht worden ist, und unter
dem wir uns einer Wohlfahrt ohne Gleichen erfreut haben, weiht sich diese
ganze Nation. Wir schulden daher der Aufrichtigkeit und den freundschaft¬
lichen Beziehungen, die zwischen den Vereinigten Staaten und jenen Mächten
bestehen, die Erklärung, daß wir jeden Versuch von ihrer Seite, ihr System
auf irgend einen Theil dieser Hemisphäre auszudehnen, als für unsere Sicher¬
heit gefährlich betrachten würden. In die Angelegenheiten der jetzt vorhan¬
denen Colonien oder Provinzen europäischer Mächte haben wir uns nicht ge¬
mischt und werden uns nicht mischen. Aber in Betreff der Regierungen,
welche ihre Unabhängigkeit erklärt und behauptet haben, und deren Unav-
hängigkett von uns auf Grund hochwichtiger und gerechter Principien aner¬
kannt worden ist, könnten wir irgend welche Einwirkung einer europäischen
Macht zu dem Zwecke, sie zu unterdrücken oder in anderer denkbarer Weise
ihr Schicksal zu beeinflussen, in keinem andern Licht betrachten, als in dem
einer Kundgebung unfreundlicher Gesinnung gegen die Vereinigten Staaten.


Grenzboten I. 1862. 23
Mexico und die Monroe-Doctrin.
i.

Es war im Jahre 1823, als Präsident Monroe im Hinblick auf das Ge¬
lingen der Revolution in den spanischen Colonien in Amerika, auf die Vereitelung
der liberalen Bestrebungen in Spanien und auf die Möglichkeit, daß die heilige
Allianz, die hier die Keime der Freiheit erstickt, ihre Hand zur Herstellung
des alten Systems auch nach jenen Colonien auszustrecken geneigt sei. in
seiner siebenten Jahresbotschaft, datirt vom 2. December, folgende Sßtze
aussprach:

„An den Kriegen der europäischen Mächte haben wir. soweit sie Gegen¬
stände betrafen, die nur sie selbst angehen, niemals Theil genommen, auch
verträgt sichs nicht mit unserer Politik, dies zu thun. Nur wenn unsere
Rechte beeinträchtigt oder ernstlich bedroht sind, weisen wir unrechtmäßige
Handlungen zurück und bereiten uns zur Vertheidigung vor. Mit den Be¬
wegungen auf dieser Hemisphäre sind wir nothwendiger Weise unmittelbarer
verknüpft und zwar aus Gründen, die für jeden erleuchteten und unparteiischen
Beobachter auf der Hand liegen. Das politische System der verbündeten
Mächte (der heiligen Allianz) ist in dieser Hinsicht von dem Amerikas wesent¬
lich verschieden. Diese Verschiedenheit geht aus dem hervor, welches in ihren
respectiven Regierungen ausgeprägt ist. Und der Vertheidigung des unsrigen.
welches mit Verlust von so viel Blut und Vermögen gewonnen und durch
die Weisheit der.erleuchtetsten Bürger zur Reife gebracht worden ist, und unter
dem wir uns einer Wohlfahrt ohne Gleichen erfreut haben, weiht sich diese
ganze Nation. Wir schulden daher der Aufrichtigkeit und den freundschaft¬
lichen Beziehungen, die zwischen den Vereinigten Staaten und jenen Mächten
bestehen, die Erklärung, daß wir jeden Versuch von ihrer Seite, ihr System
auf irgend einen Theil dieser Hemisphäre auszudehnen, als für unsere Sicher¬
heit gefährlich betrachten würden. In die Angelegenheiten der jetzt vorhan¬
denen Colonien oder Provinzen europäischer Mächte haben wir uns nicht ge¬
mischt und werden uns nicht mischen. Aber in Betreff der Regierungen,
welche ihre Unabhängigkeit erklärt und behauptet haben, und deren Unav-
hängigkett von uns auf Grund hochwichtiger und gerechter Principien aner¬
kannt worden ist, könnten wir irgend welche Einwirkung einer europäischen
Macht zu dem Zwecke, sie zu unterdrücken oder in anderer denkbarer Weise
ihr Schicksal zu beeinflussen, in keinem andern Licht betrachten, als in dem
einer Kundgebung unfreundlicher Gesinnung gegen die Vereinigten Staaten.


Grenzboten I. 1862. 23
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[0185] Mexico und die Monroe-Doctrin. i. Es war im Jahre 1823, als Präsident Monroe im Hinblick auf das Ge¬ lingen der Revolution in den spanischen Colonien in Amerika, auf die Vereitelung der liberalen Bestrebungen in Spanien und auf die Möglichkeit, daß die heilige Allianz, die hier die Keime der Freiheit erstickt, ihre Hand zur Herstellung des alten Systems auch nach jenen Colonien auszustrecken geneigt sei. in seiner siebenten Jahresbotschaft, datirt vom 2. December, folgende Sßtze aussprach: „An den Kriegen der europäischen Mächte haben wir. soweit sie Gegen¬ stände betrafen, die nur sie selbst angehen, niemals Theil genommen, auch verträgt sichs nicht mit unserer Politik, dies zu thun. Nur wenn unsere Rechte beeinträchtigt oder ernstlich bedroht sind, weisen wir unrechtmäßige Handlungen zurück und bereiten uns zur Vertheidigung vor. Mit den Be¬ wegungen auf dieser Hemisphäre sind wir nothwendiger Weise unmittelbarer verknüpft und zwar aus Gründen, die für jeden erleuchteten und unparteiischen Beobachter auf der Hand liegen. Das politische System der verbündeten Mächte (der heiligen Allianz) ist in dieser Hinsicht von dem Amerikas wesent¬ lich verschieden. Diese Verschiedenheit geht aus dem hervor, welches in ihren respectiven Regierungen ausgeprägt ist. Und der Vertheidigung des unsrigen. welches mit Verlust von so viel Blut und Vermögen gewonnen und durch die Weisheit der.erleuchtetsten Bürger zur Reife gebracht worden ist, und unter dem wir uns einer Wohlfahrt ohne Gleichen erfreut haben, weiht sich diese ganze Nation. Wir schulden daher der Aufrichtigkeit und den freundschaft¬ lichen Beziehungen, die zwischen den Vereinigten Staaten und jenen Mächten bestehen, die Erklärung, daß wir jeden Versuch von ihrer Seite, ihr System auf irgend einen Theil dieser Hemisphäre auszudehnen, als für unsere Sicher¬ heit gefährlich betrachten würden. In die Angelegenheiten der jetzt vorhan¬ denen Colonien oder Provinzen europäischer Mächte haben wir uns nicht ge¬ mischt und werden uns nicht mischen. Aber in Betreff der Regierungen, welche ihre Unabhängigkeit erklärt und behauptet haben, und deren Unav- hängigkett von uns auf Grund hochwichtiger und gerechter Principien aner¬ kannt worden ist, könnten wir irgend welche Einwirkung einer europäischen Macht zu dem Zwecke, sie zu unterdrücken oder in anderer denkbarer Weise ihr Schicksal zu beeinflussen, in keinem andern Licht betrachten, als in dem einer Kundgebung unfreundlicher Gesinnung gegen die Vereinigten Staaten. Grenzboten I. 1862. 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/185>, abgerufen am 28.04.2024.