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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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rathen kann. Sie vergesse nicht, daß sie "eine zweite Natur, aber eine ge¬
füllte, eine gedachte, eine menschlich vollendete Natur" (Goethe) hervorzu¬
b ^. ringen hat.




Die ColicurrenzentMlirse zu den Wandmalereien im Leipziger
Museum.

Der Leipziger Kunstverein hatte im vergangenen Jahr eine Aufforderung
zu Concurrenzentwürfen für Ausmalung einer Loggia des städtischen Museums
erlassen, dessen schon einmal in d. Bl. als eines erfreulich aufblühenden Denk¬
males der Kunstpflege im Bürgerthum gedacht wurde. Der Erfolg des Auf-
schreibens, rst -- wie er in der Ausstellung der 18 eingegangenen Entwürfe vor¬
liegt. -- ein so interessanter, daß es gerechtfertigt erscheint, auch für weitere
Kreise darüber zu berichten.

Der erste Eindruck, den der unbefangene Beschauer aus der Betrachtung
der Entwürfe hinwegnimmt. ist Vertrauen in die Zukunft der deutschen Kunst,
aus deren Mitte zur Lösung einer immerhin nicht großartigen Aufgabe sich
Kräfte von ungeahntem Beruf und frischer Tüchtigkeit gefunden. -- Wohl
dürfte in der "ungeahnten" Entfaltung hervorragenden Kunstvermögens zugleich
eine Andeutung von der Gegenseite des freudigen Eindruckes gefunden
werden, daß nämlich unser Baterland'dem künstlerischen Streben seiner Söhne
nur selten einen ebenen Pfad bereitet; daß es Talente feiern läßt und zu
Concurrenzarbciten nöthigt, die in unfein westlichen Nachbarländern niemals
Mangel an ehrenvollen Aufträgen haben würden.

Drei Entwürfe, unter ihnen die zwei preisgekrönten, ziehen vorwiegend
die Aufmerksamkeit aller ernsten Freunde der Kunst auf sich. Vor Allem die
mit dem ersten Preis bezeichnete Arbeit The odor Große's aus Dresden, der
aus seinem gegenwärtigen römischen Aufenthalt ein Werk von großer Schön¬
heit eingesendet und aufs Neue die segensreiche Einwirkung jenes glücklichen
Kunsthimmels auf das deutsche Gemüth bekundet hat. Mit einem feinen Ge¬
fühl für die Bedingungen, welche die harmonische und in der Gesammtentwick-
lung übersichtliche Ausmalung der schmalen, aus drei Kuppelgewölben beste-
henden Loggia stellt, hat der Künstler die Wandflächen derselben frei gelassen und
in den Lünetten und Kuppeln geistvolle und formschöne Kompositionen ge-


rathen kann. Sie vergesse nicht, daß sie „eine zweite Natur, aber eine ge¬
füllte, eine gedachte, eine menschlich vollendete Natur" (Goethe) hervorzu¬
b ^. ringen hat.




Die ColicurrenzentMlirse zu den Wandmalereien im Leipziger
Museum.

Der Leipziger Kunstverein hatte im vergangenen Jahr eine Aufforderung
zu Concurrenzentwürfen für Ausmalung einer Loggia des städtischen Museums
erlassen, dessen schon einmal in d. Bl. als eines erfreulich aufblühenden Denk¬
males der Kunstpflege im Bürgerthum gedacht wurde. Der Erfolg des Auf-
schreibens, rst — wie er in der Ausstellung der 18 eingegangenen Entwürfe vor¬
liegt. — ein so interessanter, daß es gerechtfertigt erscheint, auch für weitere
Kreise darüber zu berichten.

Der erste Eindruck, den der unbefangene Beschauer aus der Betrachtung
der Entwürfe hinwegnimmt. ist Vertrauen in die Zukunft der deutschen Kunst,
aus deren Mitte zur Lösung einer immerhin nicht großartigen Aufgabe sich
Kräfte von ungeahntem Beruf und frischer Tüchtigkeit gefunden. — Wohl
dürfte in der „ungeahnten" Entfaltung hervorragenden Kunstvermögens zugleich
eine Andeutung von der Gegenseite des freudigen Eindruckes gefunden
werden, daß nämlich unser Baterland'dem künstlerischen Streben seiner Söhne
nur selten einen ebenen Pfad bereitet; daß es Talente feiern läßt und zu
Concurrenzarbciten nöthigt, die in unfein westlichen Nachbarländern niemals
Mangel an ehrenvollen Aufträgen haben würden.

Drei Entwürfe, unter ihnen die zwei preisgekrönten, ziehen vorwiegend
die Aufmerksamkeit aller ernsten Freunde der Kunst auf sich. Vor Allem die
mit dem ersten Preis bezeichnete Arbeit The odor Große's aus Dresden, der
aus seinem gegenwärtigen römischen Aufenthalt ein Werk von großer Schön¬
heit eingesendet und aufs Neue die segensreiche Einwirkung jenes glücklichen
Kunsthimmels auf das deutsche Gemüth bekundet hat. Mit einem feinen Ge¬
fühl für die Bedingungen, welche die harmonische und in der Gesammtentwick-
lung übersichtliche Ausmalung der schmalen, aus drei Kuppelgewölben beste-
henden Loggia stellt, hat der Künstler die Wandflächen derselben frei gelassen und
in den Lünetten und Kuppeln geistvolle und formschöne Kompositionen ge-


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[0232] rathen kann. Sie vergesse nicht, daß sie „eine zweite Natur, aber eine ge¬ füllte, eine gedachte, eine menschlich vollendete Natur" (Goethe) hervorzu¬ b ^. ringen hat. Die ColicurrenzentMlirse zu den Wandmalereien im Leipziger Museum. Der Leipziger Kunstverein hatte im vergangenen Jahr eine Aufforderung zu Concurrenzentwürfen für Ausmalung einer Loggia des städtischen Museums erlassen, dessen schon einmal in d. Bl. als eines erfreulich aufblühenden Denk¬ males der Kunstpflege im Bürgerthum gedacht wurde. Der Erfolg des Auf- schreibens, rst — wie er in der Ausstellung der 18 eingegangenen Entwürfe vor¬ liegt. — ein so interessanter, daß es gerechtfertigt erscheint, auch für weitere Kreise darüber zu berichten. Der erste Eindruck, den der unbefangene Beschauer aus der Betrachtung der Entwürfe hinwegnimmt. ist Vertrauen in die Zukunft der deutschen Kunst, aus deren Mitte zur Lösung einer immerhin nicht großartigen Aufgabe sich Kräfte von ungeahntem Beruf und frischer Tüchtigkeit gefunden. — Wohl dürfte in der „ungeahnten" Entfaltung hervorragenden Kunstvermögens zugleich eine Andeutung von der Gegenseite des freudigen Eindruckes gefunden werden, daß nämlich unser Baterland'dem künstlerischen Streben seiner Söhne nur selten einen ebenen Pfad bereitet; daß es Talente feiern läßt und zu Concurrenzarbciten nöthigt, die in unfein westlichen Nachbarländern niemals Mangel an ehrenvollen Aufträgen haben würden. Drei Entwürfe, unter ihnen die zwei preisgekrönten, ziehen vorwiegend die Aufmerksamkeit aller ernsten Freunde der Kunst auf sich. Vor Allem die mit dem ersten Preis bezeichnete Arbeit The odor Große's aus Dresden, der aus seinem gegenwärtigen römischen Aufenthalt ein Werk von großer Schön¬ heit eingesendet und aufs Neue die segensreiche Einwirkung jenes glücklichen Kunsthimmels auf das deutsche Gemüth bekundet hat. Mit einem feinen Ge¬ fühl für die Bedingungen, welche die harmonische und in der Gesammtentwick- lung übersichtliche Ausmalung der schmalen, aus drei Kuppelgewölben beste- henden Loggia stellt, hat der Künstler die Wandflächen derselben frei gelassen und in den Lünetten und Kuppeln geistvolle und formschöne Kompositionen ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/232>, abgerufen am 02.05.2024.