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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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abziehen." Das Schiedsrichteramt wurde später Rußland übertragen, ohne
jedoch zu einem definitiven Ergebniß zu führen, da die Sache bald von wichti¬
geren absorbirt wurde. "''^




Die neuen Steuern in Amerika.

Mit dem 1^ August dieses Jahres tritt in den Vereinigten Staaten ein "Bc-
steuerungsgcsetz" in Kruft, wie die.Welt bisher noch keines gesehen hatte. Jedes
Erzeugnis,, welches die Natur liefert, die Menschenhand und die Maschine verarbeitet,
der Handel feilbietet, jeder Lohn für Arbeit. Dienstleistung, Ausübung eines künst¬
lerischen oder wissenschaftlichen Berufs, jede Urkunde, jede Zeitungsannonce, Rech¬
nung, Quittung, Wechsel, jeder Ueöcrgang von Vermögen aus einer Hand in die
andere, Erbschaften. Vermächtnisse, -- alles ist steuerpflichtig. Dabei eine hohe
Luxussteucr und eine progressive Einkommensteuer bis zu 7 Procent. Der Congreß
hol an diesem Gesetze mehre Monate gearbeitet. Kein Wunder. Das Verzeichnis!
der steuerbaren Gegenstände und Einkommenszweige umfaßt etwa 500 Rubriken,
die zum Theil sehr ins Einzelne gehen, zum Theil aber auch einen großen Umfang
haben. Vom rohen Erlös bei Versteigerungen t Procent, von allen Dividenden
der Banken u. drgl. 3 Procent, Versicherungsgesellschaften von der Noheinnahmc an
Prämien, einheimische I Procent, auswärtige 3 Procent, außerdem alle noch 3 Pro¬
cent der Dividende. -- Jeder Billardtiseh zahlt l0 Dollars. Alle Dinge, deren der
Mensch bedarf, mit Ausnahme von Luft und Wasser, sind mit möglichster Voll¬
ständigkeit aufgezählt, und der am häufigsten vorkommende Steuersatz beträgt
3 Procent des Werthes. Holz und KoKlen, Oel, Kerzen, Gas, Zucker. Kaffee,
Schnupf- und Rauchtabak. Pfeffer, Glas, Töpferwaare, Leder, Papier, Sonnen-
und Regenschirme. Eisen , Stahl, Blei, Zinn. Kupfer, Gold, Silber, Horn, Elfen¬
bein, Rohstoffe und Fabrikate von Baumwolle, Wolle, Flachs, Hanf, Seide,
u. f. w. u. s. w, -- nichts ist vergessen. -- Damit durch die unerhörte Belastung
die inländische Steuerkraft nicht der fremden Concurrenz erliege, wird ein neuer Zoll¬
tarif die europäische Einfuhr laluu legen. -- Jede lohnende Thätigkeit arbeitet, je¬
des erzeugte Product bewegt sich fortan unter der Aufsicht des Steucrcrhebers. Der
Verkehr mit dem Auslande wird ertödtet. Dies geschieht in einem Lande, welches
an vielfache und lästige Steuern nicht gewöhnt war, bei einem Volke, welches
dnrch williges Tragen ungewohnter Lasten sich bisher nicht ausgezeichnet hat.
Nach europäischen Begriffen kann dieses Steuergesctz nur Unheil bringen. In
Amerika werden vielleicht andere Erfahrungen gemacht. -- Mit dem Papiergeld
wiederholen sich übrigens bereits die in der alten Well sattsam bekannten Erschei¬
nungen -- es sinkt von Tag zu Tag tiefer im Werthe. -- Das Besteuerungsgesctz
dürfte sich vielleicht der Beachtung des Finanzministers in einem benachbarten gro¬
ßen Staate empfehlen.




Verantwortlicher Redacteur: Or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

abziehen." Das Schiedsrichteramt wurde später Rußland übertragen, ohne
jedoch zu einem definitiven Ergebniß zu führen, da die Sache bald von wichti¬
geren absorbirt wurde. "''^




Die neuen Steuern in Amerika.

Mit dem 1^ August dieses Jahres tritt in den Vereinigten Staaten ein „Bc-
steuerungsgcsetz" in Kruft, wie die.Welt bisher noch keines gesehen hatte. Jedes
Erzeugnis,, welches die Natur liefert, die Menschenhand und die Maschine verarbeitet,
der Handel feilbietet, jeder Lohn für Arbeit. Dienstleistung, Ausübung eines künst¬
lerischen oder wissenschaftlichen Berufs, jede Urkunde, jede Zeitungsannonce, Rech¬
nung, Quittung, Wechsel, jeder Ueöcrgang von Vermögen aus einer Hand in die
andere, Erbschaften. Vermächtnisse, — alles ist steuerpflichtig. Dabei eine hohe
Luxussteucr und eine progressive Einkommensteuer bis zu 7 Procent. Der Congreß
hol an diesem Gesetze mehre Monate gearbeitet. Kein Wunder. Das Verzeichnis!
der steuerbaren Gegenstände und Einkommenszweige umfaßt etwa 500 Rubriken,
die zum Theil sehr ins Einzelne gehen, zum Theil aber auch einen großen Umfang
haben. Vom rohen Erlös bei Versteigerungen t Procent, von allen Dividenden
der Banken u. drgl. 3 Procent, Versicherungsgesellschaften von der Noheinnahmc an
Prämien, einheimische I Procent, auswärtige 3 Procent, außerdem alle noch 3 Pro¬
cent der Dividende. — Jeder Billardtiseh zahlt l0 Dollars. Alle Dinge, deren der
Mensch bedarf, mit Ausnahme von Luft und Wasser, sind mit möglichster Voll¬
ständigkeit aufgezählt, und der am häufigsten vorkommende Steuersatz beträgt
3 Procent des Werthes. Holz und KoKlen, Oel, Kerzen, Gas, Zucker. Kaffee,
Schnupf- und Rauchtabak. Pfeffer, Glas, Töpferwaare, Leder, Papier, Sonnen-
und Regenschirme. Eisen , Stahl, Blei, Zinn. Kupfer, Gold, Silber, Horn, Elfen¬
bein, Rohstoffe und Fabrikate von Baumwolle, Wolle, Flachs, Hanf, Seide,
u. f. w. u. s. w, — nichts ist vergessen. — Damit durch die unerhörte Belastung
die inländische Steuerkraft nicht der fremden Concurrenz erliege, wird ein neuer Zoll¬
tarif die europäische Einfuhr laluu legen. — Jede lohnende Thätigkeit arbeitet, je¬
des erzeugte Product bewegt sich fortan unter der Aufsicht des Steucrcrhebers. Der
Verkehr mit dem Auslande wird ertödtet. Dies geschieht in einem Lande, welches
an vielfache und lästige Steuern nicht gewöhnt war, bei einem Volke, welches
dnrch williges Tragen ungewohnter Lasten sich bisher nicht ausgezeichnet hat.
Nach europäischen Begriffen kann dieses Steuergesctz nur Unheil bringen. In
Amerika werden vielleicht andere Erfahrungen gemacht. — Mit dem Papiergeld
wiederholen sich übrigens bereits die in der alten Well sattsam bekannten Erschei¬
nungen — es sinkt von Tag zu Tag tiefer im Werthe. — Das Besteuerungsgesctz
dürfte sich vielleicht der Beachtung des Finanzministers in einem benachbarten gro¬
ßen Staate empfehlen.




Verantwortlicher Redacteur: Or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/248>, abgerufen am 05.05.2024.