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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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sind; und das; Herr Ouro Klopp, der in seiner Heimath genau denselben Rü
hat, einen Platz darauf gefunden hatte, war offenbar ein bloßer Mißgriff der
weniger geriebenen hannoverschen Junker, für den ihre süddeutschen Vettern
nicht verantwortlich zu machen sind.

Auch in der Versammlung und bei den verschiedenen Wahlen ließ sich
durchfühlen, wie sehr die Lenker sich vor der öffentlichen Erscheinung dieser
Bundesgenossen fürchteten. Sie hätten sicherlich viel darum gegeben, wenn sie
auch dem Pfarrer Michelis aus Münster, den man schon aus dem Kölner Kirchen¬
streit kennt, ein Schloß hätten auf den Mund legen können. Denn da doch
Preußen noch nicht aus Deutschland hinausgeworfen ist, welchen Eindruck soll
es machen, wenn ein Preuße die Frechheit hatte, seine Rede ganz vergnügt
mit dem Satze zu beginnen: "Ich bin ein Preuße ..... na, ziehen Sie nur keine
Gesichter!" oder wenn er den großdcutschen Verein, der jetzt endlich in die
sündige Welt kömmt, als "den guten Genius Preußens" bezeichnet? Da wären
die beiden- Reichensperger doch zehnmal willkommener gewesen, als so ein ultra¬
montaner Kaplan, aus dem das innere Feuer unaufhaltsam hervorbricht.

Die Bildung, einer deutschen Torypartei ist im Ganzen unleugbar
ein Fortschritt unseres politischen Lebens. Schon an sich ist sie eine Huldigung
für die Idee der nationalen Einheit; und indem sie mit einem noch so arm¬
seligen Reformbekenntniß auftritt, ist sie zugleich eine Anerkennung des so
lange geleugneten Bedürfnisses der Reform. Den Anhängern der wahren Reform
verschafft sie den Vortheil, daß ,ihre Feinde.nunmehr auf einem einzigen Punkte
alle zu treffen sind. Endlich aber dürfen wir auch wohl erwarten, daß die
Nothwendigkeit öffentlichen Auftretens und Handelns aus diese Virtuosen der
Politik der Höfe und der Beichtstühle ihren erziehenden Einfluß nicht ver¬
fehlen werde, wie sie sich ja auch schon in Frankfurt vielfach liberaler geriren
mußten, als ihnen ums Herz war.




General Wilhelm von Willisen.
Nach Auszügen aus den Tagebüchern desselben.
,4.',,!

Nachdem Willisen die Stellung bei Jdstedt eingenommen, beschäftigte er
sich zunächst damit, die Truppen zu üben (was bei deren eiligem Zusammen¬
treten sehr nöthig war) und die Position zu studiren und zu verstärken, so viel
dies die beschränkten Mittel und die kurz gemessene Zeit zuließ. Man nahm
einige Stauungen vor der Front vor und errichtete einige kleine Schanzen bei
Wedelspang, Jdstedt und Solbro; aber was die Stellung hier an Stärke


sind; und das; Herr Ouro Klopp, der in seiner Heimath genau denselben Rü
hat, einen Platz darauf gefunden hatte, war offenbar ein bloßer Mißgriff der
weniger geriebenen hannoverschen Junker, für den ihre süddeutschen Vettern
nicht verantwortlich zu machen sind.

Auch in der Versammlung und bei den verschiedenen Wahlen ließ sich
durchfühlen, wie sehr die Lenker sich vor der öffentlichen Erscheinung dieser
Bundesgenossen fürchteten. Sie hätten sicherlich viel darum gegeben, wenn sie
auch dem Pfarrer Michelis aus Münster, den man schon aus dem Kölner Kirchen¬
streit kennt, ein Schloß hätten auf den Mund legen können. Denn da doch
Preußen noch nicht aus Deutschland hinausgeworfen ist, welchen Eindruck soll
es machen, wenn ein Preuße die Frechheit hatte, seine Rede ganz vergnügt
mit dem Satze zu beginnen: „Ich bin ein Preuße ..... na, ziehen Sie nur keine
Gesichter!" oder wenn er den großdcutschen Verein, der jetzt endlich in die
sündige Welt kömmt, als „den guten Genius Preußens" bezeichnet? Da wären
die beiden- Reichensperger doch zehnmal willkommener gewesen, als so ein ultra¬
montaner Kaplan, aus dem das innere Feuer unaufhaltsam hervorbricht.

Die Bildung, einer deutschen Torypartei ist im Ganzen unleugbar
ein Fortschritt unseres politischen Lebens. Schon an sich ist sie eine Huldigung
für die Idee der nationalen Einheit; und indem sie mit einem noch so arm¬
seligen Reformbekenntniß auftritt, ist sie zugleich eine Anerkennung des so
lange geleugneten Bedürfnisses der Reform. Den Anhängern der wahren Reform
verschafft sie den Vortheil, daß ,ihre Feinde.nunmehr auf einem einzigen Punkte
alle zu treffen sind. Endlich aber dürfen wir auch wohl erwarten, daß die
Nothwendigkeit öffentlichen Auftretens und Handelns aus diese Virtuosen der
Politik der Höfe und der Beichtstühle ihren erziehenden Einfluß nicht ver¬
fehlen werde, wie sie sich ja auch schon in Frankfurt vielfach liberaler geriren
mußten, als ihnen ums Herz war.




General Wilhelm von Willisen.
Nach Auszügen aus den Tagebüchern desselben.
,4.',,!

Nachdem Willisen die Stellung bei Jdstedt eingenommen, beschäftigte er
sich zunächst damit, die Truppen zu üben (was bei deren eiligem Zusammen¬
treten sehr nöthig war) und die Position zu studiren und zu verstärken, so viel
dies die beschränkten Mittel und die kurz gemessene Zeit zuließ. Man nahm
einige Stauungen vor der Front vor und errichtete einige kleine Schanzen bei
Wedelspang, Jdstedt und Solbro; aber was die Stellung hier an Stärke


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[0256] sind; und das; Herr Ouro Klopp, der in seiner Heimath genau denselben Rü hat, einen Platz darauf gefunden hatte, war offenbar ein bloßer Mißgriff der weniger geriebenen hannoverschen Junker, für den ihre süddeutschen Vettern nicht verantwortlich zu machen sind. Auch in der Versammlung und bei den verschiedenen Wahlen ließ sich durchfühlen, wie sehr die Lenker sich vor der öffentlichen Erscheinung dieser Bundesgenossen fürchteten. Sie hätten sicherlich viel darum gegeben, wenn sie auch dem Pfarrer Michelis aus Münster, den man schon aus dem Kölner Kirchen¬ streit kennt, ein Schloß hätten auf den Mund legen können. Denn da doch Preußen noch nicht aus Deutschland hinausgeworfen ist, welchen Eindruck soll es machen, wenn ein Preuße die Frechheit hatte, seine Rede ganz vergnügt mit dem Satze zu beginnen: „Ich bin ein Preuße ..... na, ziehen Sie nur keine Gesichter!" oder wenn er den großdcutschen Verein, der jetzt endlich in die sündige Welt kömmt, als „den guten Genius Preußens" bezeichnet? Da wären die beiden- Reichensperger doch zehnmal willkommener gewesen, als so ein ultra¬ montaner Kaplan, aus dem das innere Feuer unaufhaltsam hervorbricht. Die Bildung, einer deutschen Torypartei ist im Ganzen unleugbar ein Fortschritt unseres politischen Lebens. Schon an sich ist sie eine Huldigung für die Idee der nationalen Einheit; und indem sie mit einem noch so arm¬ seligen Reformbekenntniß auftritt, ist sie zugleich eine Anerkennung des so lange geleugneten Bedürfnisses der Reform. Den Anhängern der wahren Reform verschafft sie den Vortheil, daß ,ihre Feinde.nunmehr auf einem einzigen Punkte alle zu treffen sind. Endlich aber dürfen wir auch wohl erwarten, daß die Nothwendigkeit öffentlichen Auftretens und Handelns aus diese Virtuosen der Politik der Höfe und der Beichtstühle ihren erziehenden Einfluß nicht ver¬ fehlen werde, wie sie sich ja auch schon in Frankfurt vielfach liberaler geriren mußten, als ihnen ums Herz war. General Wilhelm von Willisen. Nach Auszügen aus den Tagebüchern desselben. ,4.',,! Nachdem Willisen die Stellung bei Jdstedt eingenommen, beschäftigte er sich zunächst damit, die Truppen zu üben (was bei deren eiligem Zusammen¬ treten sehr nöthig war) und die Position zu studiren und zu verstärken, so viel dies die beschränkten Mittel und die kurz gemessene Zeit zuließ. Man nahm einige Stauungen vor der Front vor und errichtete einige kleine Schanzen bei Wedelspang, Jdstedt und Solbro; aber was die Stellung hier an Stärke

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/256>, abgerufen am 28.04.2024.