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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Die auswärtige Politik Frankreichs während der Zuliuwnarchie.
Kul^ot Alemoirss pour Lörvir Ä> I'Kistoirs 6s mon temps. ?önö V.

Der Vertrag vom 15. Juli 1841 zwischen Oestreich. England, Preußen.
Rußland und der Pforte regulirt das unter Mitwirkung der Mächte gegen den
Pascha von Aegypten in Anwendung zu dringende Executionsverfahren für
den Fall, daß derselbe die in einem Separatacte gestellten Proposttionen nicht
innerhalb einer bestimmten Frist annehmen würde. Der Sultan bewilligte
ihm nämlich den erblichen Besitz Aegyptens unter türkischer Lehnshoheit, sowie
den lebenslänglichen Besitz des Paschalik von Acre. Die Bewilligung des Pa-
schalik von Acre wird zurückgezogen, wenn der Pascha binnen zehn Tagen das
vorgeschlagene Arrangement nicht annimmt; läßt der Pascha weitere zehn Tage
ohne zustimmende Erklärung vorübergehen, so wird sich der Sultan auch an
das Zugeständnis) Aegyptens nicht länger für gebunden betrachten. Nach den
Stipulationen des Tractates haben die östreichischen und großbritannischen Flot¬
ten, wenn Mehemed Ali sich weigert, auf die gestellten Bedingungen ein¬
zugehen, die Verbindung zwischen Aegypten und Syrien zu unterbrechen und
den syrischen Aufstand zu unterstützen. Für den Fall einer Unternehmung des
Pascha gegen Konstantinopel sollen die Repräsentanten der vier Mächte in
Konstantinopel auf die ausdrückliche Aufforderung des Sultans vermittelst einer
gemeinschaftlichen Kooperation für den Schutz des ottomanischen Thrones Sorge
tragen und die beiden Meerengen, sowie die Hauptstadt vor jedem Angriffe
sicher stellen. Die dazu erforderlichen Streitkräfte werden sich, wenn der Sul¬
tan ihre Gegenwart nicht mehr für nöthig hält, gleichzeitig in das schwarze
und das mittelländische Meer zurückziehen. Auch soll durch das Eintreten die¬
ses Ausnahmefalles die alte Bestimmung, daß das Marmormeer allen fremden
Kriegsschiffen verschlossen ist. in keiner Weise verändert werden.

Der Tractat nebst Separatact enthielt also, außer der Bestimmung, daß
der Sultan bei andauernder Widersetzlichkeit Mehemed Ali's berechtigt sein solle,
auch in Bezug auf Aegypten freie Hand zu behalten, nichts, worauf man in
Frankreich nicht hätte gefaßt sein müssen. Dessenungeachtet ist es begreiflich,
daß noch ehe man die einzelnen verabredeten Bestimmungen kannte, das bloße
Dasein eines Vertrages, von dem Frankreich. ausgeschlossen war, die schon ge¬
reizte Stimmung zum höchsten Grade der Erbitterung steigerte. Alle Hoffnun¬
gen, an denen man in Paris seit einem Jahre gezehrt, die man auch dann
noch mit Zähigkeit festgehalten hatte, als selbst die oberflächlichste Prüfung zu


Die auswärtige Politik Frankreichs während der Zuliuwnarchie.
Kul^ot Alemoirss pour Lörvir Ä> I'Kistoirs 6s mon temps. ?önö V.

Der Vertrag vom 15. Juli 1841 zwischen Oestreich. England, Preußen.
Rußland und der Pforte regulirt das unter Mitwirkung der Mächte gegen den
Pascha von Aegypten in Anwendung zu dringende Executionsverfahren für
den Fall, daß derselbe die in einem Separatacte gestellten Proposttionen nicht
innerhalb einer bestimmten Frist annehmen würde. Der Sultan bewilligte
ihm nämlich den erblichen Besitz Aegyptens unter türkischer Lehnshoheit, sowie
den lebenslänglichen Besitz des Paschalik von Acre. Die Bewilligung des Pa-
schalik von Acre wird zurückgezogen, wenn der Pascha binnen zehn Tagen das
vorgeschlagene Arrangement nicht annimmt; läßt der Pascha weitere zehn Tage
ohne zustimmende Erklärung vorübergehen, so wird sich der Sultan auch an
das Zugeständnis) Aegyptens nicht länger für gebunden betrachten. Nach den
Stipulationen des Tractates haben die östreichischen und großbritannischen Flot¬
ten, wenn Mehemed Ali sich weigert, auf die gestellten Bedingungen ein¬
zugehen, die Verbindung zwischen Aegypten und Syrien zu unterbrechen und
den syrischen Aufstand zu unterstützen. Für den Fall einer Unternehmung des
Pascha gegen Konstantinopel sollen die Repräsentanten der vier Mächte in
Konstantinopel auf die ausdrückliche Aufforderung des Sultans vermittelst einer
gemeinschaftlichen Kooperation für den Schutz des ottomanischen Thrones Sorge
tragen und die beiden Meerengen, sowie die Hauptstadt vor jedem Angriffe
sicher stellen. Die dazu erforderlichen Streitkräfte werden sich, wenn der Sul¬
tan ihre Gegenwart nicht mehr für nöthig hält, gleichzeitig in das schwarze
und das mittelländische Meer zurückziehen. Auch soll durch das Eintreten die¬
ses Ausnahmefalles die alte Bestimmung, daß das Marmormeer allen fremden
Kriegsschiffen verschlossen ist. in keiner Weise verändert werden.

Der Tractat nebst Separatact enthielt also, außer der Bestimmung, daß
der Sultan bei andauernder Widersetzlichkeit Mehemed Ali's berechtigt sein solle,
auch in Bezug auf Aegypten freie Hand zu behalten, nichts, worauf man in
Frankreich nicht hätte gefaßt sein müssen. Dessenungeachtet ist es begreiflich,
daß noch ehe man die einzelnen verabredeten Bestimmungen kannte, das bloße
Dasein eines Vertrages, von dem Frankreich. ausgeschlossen war, die schon ge¬
reizte Stimmung zum höchsten Grade der Erbitterung steigerte. Alle Hoffnun¬
gen, an denen man in Paris seit einem Jahre gezehrt, die man auch dann
noch mit Zähigkeit festgehalten hatte, als selbst die oberflächlichste Prüfung zu


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[0342] Die auswärtige Politik Frankreichs während der Zuliuwnarchie. Kul^ot Alemoirss pour Lörvir Ä> I'Kistoirs 6s mon temps. ?önö V. Der Vertrag vom 15. Juli 1841 zwischen Oestreich. England, Preußen. Rußland und der Pforte regulirt das unter Mitwirkung der Mächte gegen den Pascha von Aegypten in Anwendung zu dringende Executionsverfahren für den Fall, daß derselbe die in einem Separatacte gestellten Proposttionen nicht innerhalb einer bestimmten Frist annehmen würde. Der Sultan bewilligte ihm nämlich den erblichen Besitz Aegyptens unter türkischer Lehnshoheit, sowie den lebenslänglichen Besitz des Paschalik von Acre. Die Bewilligung des Pa- schalik von Acre wird zurückgezogen, wenn der Pascha binnen zehn Tagen das vorgeschlagene Arrangement nicht annimmt; läßt der Pascha weitere zehn Tage ohne zustimmende Erklärung vorübergehen, so wird sich der Sultan auch an das Zugeständnis) Aegyptens nicht länger für gebunden betrachten. Nach den Stipulationen des Tractates haben die östreichischen und großbritannischen Flot¬ ten, wenn Mehemed Ali sich weigert, auf die gestellten Bedingungen ein¬ zugehen, die Verbindung zwischen Aegypten und Syrien zu unterbrechen und den syrischen Aufstand zu unterstützen. Für den Fall einer Unternehmung des Pascha gegen Konstantinopel sollen die Repräsentanten der vier Mächte in Konstantinopel auf die ausdrückliche Aufforderung des Sultans vermittelst einer gemeinschaftlichen Kooperation für den Schutz des ottomanischen Thrones Sorge tragen und die beiden Meerengen, sowie die Hauptstadt vor jedem Angriffe sicher stellen. Die dazu erforderlichen Streitkräfte werden sich, wenn der Sul¬ tan ihre Gegenwart nicht mehr für nöthig hält, gleichzeitig in das schwarze und das mittelländische Meer zurückziehen. Auch soll durch das Eintreten die¬ ses Ausnahmefalles die alte Bestimmung, daß das Marmormeer allen fremden Kriegsschiffen verschlossen ist. in keiner Weise verändert werden. Der Tractat nebst Separatact enthielt also, außer der Bestimmung, daß der Sultan bei andauernder Widersetzlichkeit Mehemed Ali's berechtigt sein solle, auch in Bezug auf Aegypten freie Hand zu behalten, nichts, worauf man in Frankreich nicht hätte gefaßt sein müssen. Dessenungeachtet ist es begreiflich, daß noch ehe man die einzelnen verabredeten Bestimmungen kannte, das bloße Dasein eines Vertrages, von dem Frankreich. ausgeschlossen war, die schon ge¬ reizte Stimmung zum höchsten Grade der Erbitterung steigerte. Alle Hoffnun¬ gen, an denen man in Paris seit einem Jahre gezehrt, die man auch dann noch mit Zähigkeit festgehalten hatte, als selbst die oberflächlichste Prüfung zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/342>, abgerufen am 28.04.2024.