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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Abonnementsanzeige zum neuen Jahr. Mit dem Anfange des neuen Jahres- beginnen die Grenzboten
den X^II. Jahrgang. Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt
sich zur Pränumeration auf denselben einzuladen, und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen. Leipzig, im Januar 1863. Fr. Ludw. Herbig.

Kurhessische Briefe.
3.

Wir müssen noch einmal auf die früher ermahnte angebliche Unzuständig¬
keit der jetzigen Ständeversammlung zur Vornahme landständischer Geschäfte
zurückkommen. Der am Schlüsse unseres ersten Briefes abgedruckte Artikel aus
der Kasseler Zeitung erklärt diese Unzuständigkeit "im Princip" für begründet
und räumt nur ein, daß "Modificationen" eintreten müßten, namentlich in Be¬
ziehung auf die Budgetvorlage. Diese Aeußerung stellte sich ursprünglich als
eine Art Programm des Ministeriums dar, um dessen Ansicht von der Noth¬
wendigkeit der Budgetvorlage, dem Widerspruch des Kurfürsten gegenüber, zu
rechtfertigen. Aber jenes Programm hat auch eine Kehrseite den Ständen gegen¬
über, und diese Kehrseite tritt jetzt, nachdem die Minister ihr Amt fortführen,
in den Vordergrund. Die Stände, welche diesen Ministern in den nächsten
Tagen gegenüberstehen werden, können sich nicht gefallen lassen, daß ihre
Thätigkeit eine derartige Beschränkung erleide; und zwar um so weniger, als
das aufgestellte "Princip" gar keinen inneren Halt hat. Wie es scheint, liegt
hier eine Begriffsverwechselung vor, zwischen verfassungsmäßig im Sinne des
Landesrechts und bundesmäßig im Sinne des Bundesrechts. Die Minister
behaupten: "Nur darum kann es sich handeln, ob der gegenwärtige Landtag
ausschließlich oder vorzugsweise die Aufgabe habe, ein neues Wahlgesetz zu ver¬
einbaren." Darum handelt es sich aber ganz und gar nicht. Das Wahlgesetz
von 1849 ist genau in den durch die Verfassung des Landes vorgeschriebenen,
Formen zu Stande gekommen. Dasselbe ist unbestreitbar landesverfassungs¬
mäßig. Folglich ist auch die nach diesem Gesetz gewählte Ständeversammlung
eine landesverfassungsmäßig- , also eine solche, welche zur Vornahme aller
durch die Landesverfassung' den Ständen zugewiesenen Functionen berechtigt
und verpflichtet ist. Die durch den Bundesbeschluß vom 24. Mai gegebene


GrenzboKn IV.',1862. 56

Abonnementsanzeige zum neuen Jahr. Mit dem Anfange des neuen Jahres- beginnen die Grenzboten
den X^II. Jahrgang. Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt
sich zur Pränumeration auf denselben einzuladen, und bemerkt, daß alle
Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen. Leipzig, im Januar 1863. Fr. Ludw. Herbig.

Kurhessische Briefe.
3.

Wir müssen noch einmal auf die früher ermahnte angebliche Unzuständig¬
keit der jetzigen Ständeversammlung zur Vornahme landständischer Geschäfte
zurückkommen. Der am Schlüsse unseres ersten Briefes abgedruckte Artikel aus
der Kasseler Zeitung erklärt diese Unzuständigkeit „im Princip" für begründet
und räumt nur ein, daß „Modificationen" eintreten müßten, namentlich in Be¬
ziehung auf die Budgetvorlage. Diese Aeußerung stellte sich ursprünglich als
eine Art Programm des Ministeriums dar, um dessen Ansicht von der Noth¬
wendigkeit der Budgetvorlage, dem Widerspruch des Kurfürsten gegenüber, zu
rechtfertigen. Aber jenes Programm hat auch eine Kehrseite den Ständen gegen¬
über, und diese Kehrseite tritt jetzt, nachdem die Minister ihr Amt fortführen,
in den Vordergrund. Die Stände, welche diesen Ministern in den nächsten
Tagen gegenüberstehen werden, können sich nicht gefallen lassen, daß ihre
Thätigkeit eine derartige Beschränkung erleide; und zwar um so weniger, als
das aufgestellte „Princip" gar keinen inneren Halt hat. Wie es scheint, liegt
hier eine Begriffsverwechselung vor, zwischen verfassungsmäßig im Sinne des
Landesrechts und bundesmäßig im Sinne des Bundesrechts. Die Minister
behaupten: „Nur darum kann es sich handeln, ob der gegenwärtige Landtag
ausschließlich oder vorzugsweise die Aufgabe habe, ein neues Wahlgesetz zu ver¬
einbaren." Darum handelt es sich aber ganz und gar nicht. Das Wahlgesetz
von 1849 ist genau in den durch die Verfassung des Landes vorgeschriebenen,
Formen zu Stande gekommen. Dasselbe ist unbestreitbar landesverfassungs¬
mäßig. Folglich ist auch die nach diesem Gesetz gewählte Ständeversammlung
eine landesverfassungsmäßig- , also eine solche, welche zur Vornahme aller
durch die Landesverfassung' den Ständen zugewiesenen Functionen berechtigt
und verpflichtet ist. Die durch den Bundesbeschluß vom 24. Mai gegebene


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/453>, abgerufen am 28.04.2024.